Im Schatten des Palazzo Farnese
können, wenn man es sich etwas kosten läßt.«
»Selbst wenn die elf Stücke der Vaticana zurückgegeben werden, ist Tiberius noch lange nicht von seiner Schuld frei«, wandte Claudius ein. »Er kommt trotzdem vor Gericht und wird verurteilt.«
»Aber es gibt ja noch Édouard Valhubert«, sagte Laura. »Er wird den Fall niederschlagen.«
»Du denkst an Erpressung oder so etwas?« fragte Claudius.
»Natürlich, mein Liebling.«
»Das ist eine verdammt gute Idee«, bemerkte Claudius.
Valence durchquerte den Raum. Er wollte Tiberius besuchen.
»Umarme ihn für mich«, sagte Laura.
Leise verließ er die Wohnung, ohne die Tür zuzuschlagen.
35
Es war Nacht und noch immer sehr heiß. Valence ging langsam, der Boden unter seinen Füßen verschwamm ein wenig. Nero hatte ihm viel zu trinken gegeben. Unaufhörlich hatte er ihm nachgeschenkt. Diese wabernde Stadt um ihn herum, die sich leicht drehte, nicht zuviel, nur gerade wie nötig, war angenehm. Valence sah sich in den dunklen Schaufensterscheiben und fand sich groß und vor allem schön. Wenn der Bischof Laura gestern abend getötet hätte, hätte er, Richard Valence, weiter ein massiger Typ mit hellen Augen sein müssen. Wozu waren helle Augen gut, wenn niemand sie ansah?
»Zu nichts«, antwortete er laut. »Sie sind zu nichts gut.«
Dann dachte er, daß er aufpassen müsse, wenn er seinen Weg finden wollte.
Er rechnete damit, Ruggieri noch bei der Arbeit anzutreffen, auch wenn es schon fast Mitternacht war. Ruggieri war ein fleißiger Arbeiter. Er hatte vermutlich schon begonnen, alles zu überprüfen, alle technischen Verbindungen des Falles zu analysieren.
Der Inspektor saß mit nacktem Oberkörper in seinem Büro und zog rasch ein Hemd an, um Valence zu begrüßen.
»Ich habe begonnen, alles zu überprüfen«, sagte er. »Es war tatsächlich so, wie wir gesagt haben. Der Schierling wächst in Hülle und Fülle im Garten des Bischofspalais’. Vitelli sagt, er habe die Pflanze für Valhubert ausgesucht, weil er wußte, daß sie einen sanften Tod verursacht. BeiMaria Verdi dagegen war es etwas anderes. Sie hat ihn schon so viele Jahre lang erbittert, daß das Messer zwangsläufig eine Erleichterung für ihn war.«
»Was hatte er für Laura Valhubert vorgesehen?«
»Die Kugel. Und dann noch … das hier.«
Ruggieri ging um seinen Schreibtisch herum und zog einen kleinen Umschlag aus einer Schublade.
»Eigentlich dürfte ich das nicht«, fügte er hinzu.
Er zögerte, drehte den Umschlag in den Händen und steckte ihn schließlich Valence in die Tasche.
»Von Monsignore Vitelli für Laura Valhubert. Sie geben es ihr. Und kein Wort darüber, bitte.«
»Ich würde gern Tiberius sehen.«
»Ah. Ist es so dringend?«
»Das ist es.«
Ruggieri seufzte und begleitete Valence zu den Zellen. Tiberius saß im Dunkeln.
»Ich habe dich erwartet, Konsul«, sagte er.
»Es ist zu Ende, Tiberius. Monsignore hat seine Hände hingestreckt, und man hat sie ihm gefesselt.«
»Lorenzo hat schöne Hände, vor allem mit dem Ring am Finger. So viele Leute haben ihn geküßt. Kannst du dir das vorstellen? Wie schön all dieser Dreck ist.«
»Bald kommst du hier raus. Laura wird die Dinge auf ihre Weise regeln. In ein paar Monaten bist du draußen. Du wirst deine Schuhe wieder anziehen können.«
Valence stand auf, um den Lichtschalter zu suchen.
»Mach kein Licht«, sagte Tiberius. »Ich möchte die Augen im Dunkeln haben.«
»Gut«, bemerkte Valence und setzte sich wieder.
»Glaubst du, Lorenzo hätte mich im Gefängnis vermodern lassen?«
»Ja.«
»Du hast recht«, sagte Tiberius seufzend. »Ich muß ihnbesuchen, wenn er dann hier ist. Dann machen wir gemeinsam Lateinübersetzungen.«
»Ich weiß nicht, ob das eine sehr gute Idee ist.«
»Doch. Willst du wissen, warum ich all die Dinger in der Vaticana gestohlen habe?«
»Wenn du magst.«
»Weil ich wollte, daß das Heilige-Gewissen irgend etwas Lustiges in seinem Leben macht. Und ich schwöre dir, Valence, ich schwöre dir, sie hat sich gut dabei amüsiert. Du hättest ihr erschrecktes Gesicht sehen sollen, wenn sie die kleinen Päckchen unter den Tischen ablegte. Sie liebte all diese geheimen Nachrichten. O.k., sie ist tot, aber sie hat sich wirklich amüsiert. Jetzt sollte ich die Schuhe wieder anziehen.«
Tiberius stand auf, machte Licht und beugte sich unter seine Pritsche, um sie hervorzuholen.
»So«, sagte er. »Vielleicht siehst du nie wieder meine Füße, Konsul.«
Valence lächelte und
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