Im Schatten des Ringes
meines Schwanzes verriet Baltsar, für was für einen Narren ich ihn hielt, während ich unter dem Straßendach hervortrat und in einen feinen Nieselregen hineinging. Um der Expedition willen hatte ich sehr lange Zeit damit verbracht, mir einzureden, daß ich sogar über einen langen Zeitraum hinweg mit Chel und Tarana zurechtkommen könnte, indem ich mich in jeweils anliegende Arbeit stürzte.
Ich würde sie während der Expedition ebenso kaltschnäuzig und gründlich ausnutzen, wie sie es mit mir getan hatten, und ich würde aus meiner Abneigung keinen Hehl machen, während ich ans Werk ging. Wenn Baltsar sich zu ihnen in die Sandgruben ihrer Schuld hocken wollte, dann war das allein seine Sache und nicht die meine.
23
Der Damm des Erobererkönigs teilte ein riesiges Gletschertal, das einst, als ich noch ein Kind war, mit Massen aus Eis und Schnee gefüllt war. Nun war es mit Feldern bedeckt, auf denen Moos gedieh. Wir wanderten durch den ständigen Nieselregen, der von platten grauen Steinen herunterrann und zwischen zertrümmerten Steinbrocken versickerte, die eine sichere und angenehme Passage durch die schlammigeren Gefilde der Stadt gestatteten. Wir gingen an Pilzgewölben vorbei, an Schlafställen und an einem Aufseher mit einer Gruppe Sklaven, die Säcke voller Steine auf dem Rücken trugen und die soeben auf dem Damm die Stelle überwanden, wo der Gletscherbach ihn angenagt und ausgespült hatte.
Hoch oben im Tal lag der Gletscher und wartete auf uns, während er sich von diesem Tal aus bis hinauf zu den unsichtbaren schwarzen Spitzen des Immernachtgebirges hochreckte. Mein Plan lief darauf hinaus, daß wir den mächtigen Strom benutzten. Dieser bestand nicht aus eilig fließendem, sprudelnden Wasser, sondern aus Eis. Wenn das Ätherbrennen der Zwienacht nachließ und sich weigerte, die Luft erneut mit seinem Strahlen zu erfüllen, wären wir in der phantastischen Finsternis des Immernachtgebirges unterwegs.
Vorerst jedoch blieben wir auf dem Damm, selbst als er einen scharfen Knick beschrieb, sich zwischen Endmoränen dahinschlängelte und uns zu einem Gewirr schmaler Zickzackwege führte, die in die Seitenwände des Tals gegraben worden waren und einen Weg zur oberen Kante der Felskette eröffneten. Ich wollte, daß Teon mir einen Blick nach unten und durch das Tal über den Gletscher hinweg lieferte. Mit seiner Hilfe würde ich die Markierungspunkte einzeichnen können, mit deren Hilfe wir die Eisabbrüche und Spalten am steilen, unteren Ende des Gletschers würden umgehen können.
Am Ende der Zickzackwege trennten die Zwillinge sich von uns. Sie nahmen sich kaum die Zeit, sich von Baltsar und mir richtig zu verabschieden, ehe sie mit lautem Freudengeschrei die steilen Hänge hinuntersprangen. Das Echo ihres Gelächters und ihrer lauten Rufe begleitete uns noch für einige Zeit. Danach hörten wir nur noch das Pfeifen des Windes an unseren Ohren. Nun war die Expedition allein und ohne direkte Verbindung zur zivilisierten, bekannten Welt.
Wir folgten dem messerscharfen Felskamm bis zum Anbruch der Nacht; dann schlugen wir ein Lager auf. Als ich mich zurückzog, fand ich Baltsar in meinem Schlafabteil vor. Ich fauchte und machte Anstalten, mich zurückzuziehen, aber er griff nach meinem Arm.
„Du hast doch bestimmt nichts dagegen, daß man einen Sklaven vor der zusätzlichen Last eines weiteren Schlafabteils hat bewahren können, nicht wahr?“ meinte er.
Ich runzelte die Stirn und schüttelte seine Hand ab. „Laß es mich wissen, wenn du dein Schläfchen beendet hast“, forderte ich ihn auf. „Ich sitze am Kochfeuer und warte.“
„Heao …“
Ich jedoch schleuderte ihm mit meinem Schwanz die Einlaßklappe ins Gesicht und stampfte zum Feuer. Eher hätte ich mit Tarana ein Abteil geteilt. Zumindest lebte sie im Zölibat und würde den Geruch meiner Hitze ignorieren. Ich muß zugeben, daß ich mir doch etwas komisch vorkam, als ich allein am Lagerfeuer hockte. Mir hat diese gewisse Atmosphäre, die eine Frau in Hitze zu gesellschaftlichen Anlässen beisteuert, stets besonders gut gefallen. Das traf sogar auf Ansammlungen wie diese in der Wildnis oder auf Bauplätzen zu, die mir ebenfalls nicht fremd waren. Aber ich hatte Chel vernachlässigt, als er während der Mahlzeit darüber einige witzige Bemerkungen fallenließ; zudem waren seine Krieger zu abgekämpft, um sich an dem Gespräch zu beteiligen und etwas dazu beizusteuern, daher nahm die weitere Mahlzeit einen ziemlich
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