Im Schatten des Ringes
überlegte, ob ich Adrianas Einstellung mir gegenüber wohl ändern könnte. Vielleicht sollte ich meine Fremdheit damit überspielen, daß ich mit ihr zu einer gemeinsamen Basis fand.
Teon folgte Adriana, legte eine Hand auf ihre Schulter und flüsterte in ihr Ohr. Ich glaubte sehen zu können, wie die Muskeln ihrer Schultern sich für einen Moment entspannten. Dann, ihr aufgrund einer lustigen Bemerkung zuzwinkernd, ließ er sie stehen. Sie schaute ihm lächelnd nach und wandte dann ihre Aufmerksamkeit wieder den beiden Männern auf dem Turm zu.
Ich bewegte mich mit kleinen, gemessenen Schritten auf sie zu, die Ohren dicht an meinem Kopf und mit einem Aufruhr in meinen beiden Gehirnen. Wir waren beide weiblich, doch war dies, da war ich sicher, etwas, das sie niemals als Ähnlichkeit zwischen uns anerkannt hätte. Jedoch vertraute Teon mir, glänz gleich zu welcher Spezies ich gehörte, und Adriana vertraute Teon. Daher …
Mein Fuß trat einen kleinen Stein los, und Adriana wirbelte herum.
„Warum schleichst du hinter mir her?“ Ihre Hand befand sich bereits in der kleinen Werkzeugtasche an ihrem Gürtel und umklammerte – es war nur eine Vermutung – wahrscheinlich eine Laserklinge.
Ich verharrte und schob mit leeren Händen meine Kapuze zurück. „Meine Schritte sind immer sehr leise – die weichen Lederstiefel sorgen dafür, nehme ich an. Hast du denn nicht bemerkt, daß auch Teon so leise geht?“
„Er schleicht sich aber nicht von hinten an mich heran.“
„Oh, das hat er doch getan, und du hast ihn an seiner Berührung sofort erkannt. Ich weiß, wie das ist. Er ist ein fürsorglicher Freund, sehr sensibel für die Bedürfnisse der Leute in seiner Umgebung“, sagte ich. Adrianas Augen blickten mißtrauisch, ihre Muskeln verkrampften sich unter dem glatten Anzug. Eine Hand hing wie ein Ballast an der Seite, dennoch war ihre Haltung nicht grundsätzlich auf Verteidigung gerichtet. Vorwiegend verriet der Angstgeruch, daß ihre Ruhe nur äußerlich war. Ohne sie wäre ihr Haß auf mich wahrscheinlich ebenso hitzig zum Ausbruch gekommen wie gegenüber Joan. Da Adriana auf meine Bemerkungen nichts erwiderte, beschloß ich fortzufahren. „In all den Jahren lebte Teon in der Behausung meines Helfers. Er war loyal und treu. Er hat einen schnellen und wachen Geist, und er hat mir von allen anderen am besten gefallen.“
Für einen Moment weiteten sich ihre Augen, als wäre sie geschockt. Dann sammelte sie sich. „Rühren daher die Klauennarben? Oder benutzt ihr eure Klauen, um euch ihrer Loyalität zu versichern?“ Sie wandte sich ab und ging eilig davon, wobei sie mich im Auge behielt, jedoch soviel Abstand zwischen uns legte, wie die felsige Bergspitze erlaubte.
Vom Fuß des Turms, wo er wartete und die beiden Männer beim Abstieg beobachtete, bemerkte Teon Adrianas hastigen Aufbruch. Sie winkte ihn zu sich, und er trottete nach einem ratlosen Blick zu mir hinter ihr her. Ich sah ihn hinter der Kante der Bergspitze verschwinden und war enttäuscht, daß es mir nicht gelungen war, Adriana zu einer anderen Einstellung mir gegenüber zu bewegen, und wenn auch nur für einen kurzen Moment. Vielleicht war es Stolz, der mich auf die Idee gebracht hatte, daß ich, eine Fremde, dort Erfolg haben würde, wo Joan und Sergi versagt hatten. Ganz bestimmt war es keine Bescheidenheit, die mich mein Scheitern schnell verdrängen ließ, indem ich mir sagte, daß Adriana bei jeder anderen Spezies genauso reagiert hätte.
Als Sergi und Joan sich näherten, hörten wir das Heulen des Luftroders von jenseits des Gipfels, und einen Augenblick später sahen wir die silberne Rakete zum fernen Lager zurückfliegen.
„Sie hat noch nicht einmal gewartet, um mir den Rest zu geben“, meinte Joan und sah zu, wie der Staub sich wieder legte.
Ich lachte nur.
Gleichmütig wanderten wir über die Felsstraße hinunter zur Wiese, wo der Flieger wartete.
Später, als wir eine Wolkenbank hinter uns ließen und über einem bewaldeten Plateau schwebten, zeigte Joan in die Ferne. „Dort liegt die Heimat.“
Ich hob das Fernglas an die Augen und entdeckte die Lichtung auf Anhieb. Joan war kaum einen Grad vom Kurs abgewichen.
„Woher kennst du deine Flugrichtung?“ wollte ich wissen. „Du kannst in diesem Gefährt den Wind nicht spüren, und du kannst auch seine Herkunft nicht mit Hilfe seines Geruchs bestimmen.“
„An einigen Stellen kann man einen Kompaß benutzen“, erklärte Sergi und wies auf eine sich drehende
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