Im Schatten des Ringes
Verhalten unterscheidet sich von unserem.“
„Und wie?“
„Warum paart ihr euch nicht … zivilisiert, ordentlich?“
„Wie bitte?“
„Unter den Sklaven gibt es sehr viel Promiskuität, und die Art und Weise, in der ihr sie auslebt …“ Teon fixierte mich. Wir beide waren gespannt, wie ich meinen Satz beenden würde. „Ihr schenkt dem Mund ungewöhnlich viel Beachtung. Man fühlt sich fast an Böcke erinnert, die an den hinteren Regionen von weiblichen Tieren herumschnüffeln, die in Hitze sind.“
„Meine Nase ist weitaus weniger empfindlich als Eure, Pfadfinderin. Sklavenfrauen kennen keine Hitze.“
„Aber …“
„Das Aufeinanderpressen der Lippen ist eine Form der Liebkosung“, erklärte Teon ernst.
„Pah!“ wehrte ich ab. „Es ist unangenehm, und ich will nicht, daß so etwas in meiner Küche gemacht wird.“
„Wem schadet es, wenn Sklaven sich liebkosen, während sie darauf warten, daß das Essen im Topf zu kochen anfängt?“ fragte er ruhig. „Ihr habt uns nicht aufmerksam genug beobachtet. Es ist weder schmutzig noch widerlich. Es ist sehr erotisch. Wir tun es ebensogern, wie Sema sich die Wirbelsäule streicheln läßt.“
„Da hast du recht. Es ist eine seltsame Form von Erotik. In den Mündern befinden sich doch sicher noch Speisereste, die ganz schrecklich riechen, und dann der Speichel, pfui!“
Teon schüttelte wieder den Kopf, aber er erwiderte nichts.
„Jetzt ärgere dich nicht“, versuchte ich ihn zu besänftigen und berührte seine Schulter. „Ich wollte mich über eure Paarungstechniken nicht lustig machen. Ich versuche nur, die allgemeinen Reaktionen zu erklären … unsere Verwirrung.“
„Ich bin Euch nicht böse“, sagte er. „Ich überlegte nur, ob ein drastischer Vergleich Euch in Zorn geraten läßt.“
„Natürlich nicht.“
Er studierte mein Gesicht. Dann, als er erkannte, daß ich es ernst meinte, sagte er: „Wenn Ihr und Baltsar Euch paar, dann berührt Ihr gegenseitig Eure Körper – die Rücken und andere Stellen, die Ihr bevorzugt, nicht wahr?“
Ich nickte und fragte mich dann, wie oft Teon wohl Baltsars oder meine Annäherungsversuche beobachtet hatte. Bei bestimmten Gelegenheiten vergaß sogar ich die Anwesenheit von Sklaven.
„Und einige Berührungsstellen reagieren so stark, daß Ihr, auch wenn es sich um einen ungeeigneten Augenblick handelt, überhaupt nicht aufhören wollt.“
„Ja, aber mit dem Mund …“ protestierte ich und ignorierte sein überlegenes Lächeln. Er hatte uns beobachtet!
„Lippen sind sehr sensibel.“ Teon strich sich mit den Fingern über die Lippen, dann bedeutete er mir, daß ich das gleiche bei meinen machen sollte.
Meine Lippen waren im Vergleich mit seinen winzig, jedoch waren auch sie sehr sensibel, was besonders nützlich ist, um sich das Essen in den Mund zu schieben. „Sie zu drücken, läßt sie taub werden“, stellte ich fest, nachdem ich sie getestet hatte. „Und dann habe ich noch gesehen, wie Nasen gedrückt wurden, und die sind nicht weniger empfindlich. Wenn man ein sinnliches Erlebnis genießen will, dann darf dabei kein Schmerz entstehen.“
„Unsere Nasen sind nicht so empfindlich. Sie zu drücken, hat keine unangenehmen Folgen, und außerdem berühren sie sich kaum. Die Lippen und Nasen aufeinanderzupressen, ist nicht alles.“
„Was denn noch? Was geschieht mit dem Speichel?“ Ich berührte seinen Arm. „Ich will es wissen.“ Ich kam mir ein bißchen so vor wie damals, als ich noch ein kleines Kind war, auf Rellars Knien saß und ihn bat, mir die Kopulation zu erklären.
„Nun, wir …“ Er hatte Hemmungen, und ich nehme an, das war ganz natürlich. Ich hätte auch nicht gerne Baltsars und meine Paarungsgewohnheiten vor anderen dargelegt, denn im Gegensatz zu Rellar hielt ich solche Erfahrungen für ebenso privat und persönlich wie meinen Traum. Dennoch war es wichtig, daß ich die Gewohnheiten der Sklaven kennenlernte und verstand. Wenn es einsichtige Erklärungen für ihr Verhalten gab, dann mußte ich sie kennen. Tempelhüterinnen reagierten nicht immer töricht, wenn man sie mit Tatsachen konfrontierte.
„Zeig es mir“, drängte ich ihn. „Du sagtest, Speichel mache keine Probleme. Ich möchte wissen, warum nicht.“
Teons Stirn legte sich in Falten, und seine Augen zuckten in ihren Höhlen. „Pfadfinderin, empfindet Ihr eine Demonstration nicht wie ein Bockschnüffeln …“
„Nein“, erwiderte ich fest.
Er betrachte mich lange. Seine Augen beruhigten
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