Im Schatten des Ringes
Nacht folgt.
„Dort ist ein Regenbogen“, flüsterte Teon, „sehr schwach, kaum zu erkennen.“
„Ein was?“
„Eine Erscheinung, die wir sehen können, wenn sich zwischen Sklave und Lichtquelle Feuchtigkeit befindet“, erklärte er. „Das Wort läßt sich nicht in die menschliche Sprache übersetzen; verschiedene Farbstärken träfe die Erscheinung nicht ganz.“
„Man kann es deshalb nicht übersetzen, weil es ein mystisches Wort ist, das keinen Sinn, keinen Inhalt hat“, widersprach ich automatisch. Dabei verdüsterte sich mein Gesicht, und ich starrte in die graue Ferne. „Ich sehe nichts außer dem Ätherglühen“, gestand ich.
„Die Wolken hinter den Bergen sind wie Blut“, rief er aufgeregt.
„Ich kann hinter den Bergen keine Wolken erkennen“, meinte ich. „Ich kann auch die Berge nur undeutlich ausmachen.“
Er blickte mich mitfühlend an. „Arme Kreatur“, seufzte er, und dann lächelte er und schüttelte den Kopf, so daß ich mich nicht verletzt fühlte. Ich betrat das Lager.
„Ein gutes Zeichen, Heao“, rief Chel mir durch das Lager zu. „Der Regen hat aufgehört.“ Er lachte, dann wies er mit dem Schwanz zum Himmel, um mich darauf aufmerksam zu machen, daß die Welt immer noch dieselbe war.
Ich zuckte die Achseln, wandte mich von ihm ab und spürte Baltsars mitfühlende Hand auf meiner Schulter. Teon kümmerte sich um die Zubereitung unseres Frühstücks, wobei er immer wieder in Richtung der Berge schaute. Und auch die anderen Sklaven wagten verstohlene Blicke in die Ferne. Tarana, die ihre Akoluthinnen und die Sklaven beaufsichtigte, die damit beschäftigt waren, die Lasten zusammenzustellen, bemerkte davon nichts. Dafür war Chel jedoch wachsam genug, so daß ihm das Verhalten der Sklaven auffiel. Er starrte ebenfalls auf die Berge, studierte für einen Moment das Ätherglühen und fauchte schließlich einen in der Nähe stehenden Sklaven an. Kopfschüttelnd setzte Chel dann sein Frühstück fort. Ich nahm von Teon die kalte Mahlzeit entgegen, die er mir reichte, und begann ebenfalls zu essen.
Plötzlich schrie Tarana laut auf, wie sie es daheim im Tempel immer zu tun pflegte, wenn sie die Gläubigen ansprach. „Gottesfeuer!“ Ein Arm schoß aus ihrer Robe hervor und wies zum Himmel.
Chel sprang auf, warf dabei seinen Teller um, und ich machte es ihm nach, eilte zu ihm, Baltsar und Teon gleich hinter mir.
Zwischen den Wolken war eine grell leuchtende Feuerlanze erschienen, die nun über dem Tal in der Luft schwebte, Felsen überstrich und sie erstrahlen ließ wie flüssiges Eisen. Es war reines Feuer, ohne Frage, denn dort, wo die Feuerlanze entlanggeglitten war, dampfte die Luft. Tarana und ihre Akoluthinnen drängten sich zusammen, und kaum standen sie dicht beieinander, erweiterte sich die Feuerlanze, breitete sich das Feuer aus. „Lauft!“ schrie sie. „Lauft! Flammenhüter schleudert Feuer auf uns!“ Doch niemand rührte sich.
Die Berge zitterten, flackerten in der Hitze des Gottesfeuers, und es schien, als würden sie davon verschlungen. Der Feuerstrom erfüllte das Tal, kroch auf uns zu und breitete sich nach rechts und links aus. Chel schaute mich an, das Gesicht voller Angst und die Pupillen nur mehr schmale Schütze. „Vielleicht sollten wir uns doch lieber zurückziehen“, machte ich den zaghaften Vorschlag, wußte ich doch, daß der Kriegerprinz Hemmungen hatte, diesen Gedanken selbst laut auszusprechen.
Teon meldete sich zu Wort. „Es ist Licht, Pfadfinderin, kein Feuer. Riecht doch die Luft. Der Wind kommt aus den Bergen, doch er führt keinen Rauch mit sich.“ Teons Augen glitzerten, und seine runden Pupillen waren kleiner als sonst.
Chel knurrte wütend. Seine Hand lag auf dem Griff seines Messers, und für einen Moment hatte ich Angst, daß er, da er das Feuer nicht angreifen konnte, Teon verletzen würde. Ich gab dem Sklaven ein Zeichen, sich schnell zu entfernen.
„Es könnte doch wirklich nur Licht sein“, warf Baltsar ein, und ich ließ mir das eingehend durch den Kopf gehen; das glich in keiner Weise dem warmen Schein, den eine Feuerstelle verströmte. Diese Helligkeit war stärker als alles, was ich bisher gesehen hatte, von der weißen Hitze eines Schmelzofens einmal abgesehen. Dieses Feuer war so heiß, daß noch nicht einmal das nasse Laubwerk auf dem Grund des Tals seine Ausbreitung verhinderte. Und trotzdem, obwohl ein rauchähnlicher Dunst aufstieg, verschlang dieses Feuer nichts.
Tarana zitterte. „Wir können nicht
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