Im Schatten des Verraeters
weggegangen«,
sagte sie. »Vor ein paar Sekunden habe ich ihn über den
Platz gehen sehen.«
»Es hat Zeit bis später.
Sagen Sie, gibt es noch immer eine Taverne am Hafen unten, die
›Kleines Schiff‹ heißt? Früher gehörte
sie einem Mann namens Alexias Pavlo.«
»Es ist noch immer so. Jeder
kennt Alexias. Dieses Jahr ist er Bürgermeister von Kyros.«
Sie runzelte verwirrt die Stirn. »Aber wie können Sie
Alexias und das ›Kleine Schiff‹ kennen?«
»Erinnern Sie mich daran,
daß ich es Ihnen gelegentlich erzähle«, sagte er und
trat in den hellen Sonnenschein hinaus.
Als er den Platz in Richtung der
Straße überquerte, die zum Hafen hinabführte, tauchte
dort Yanni auf und rannte auf ihn zu, der Hund folgte ihm auf den
Fersen. Der Junge trug jetzt ein scharlachrotes Hemd, Khakishorts und
weiße Tennisschuhe. Ein paar Schritte weit von Lomax entfernt
blieb er stehen, streckte die Arme aus und machte eine Pirouette.
»Sehe ich nicht schön aus?«
»Und was soll das?« fragte Lomax.
Yanni spreizte die Hände.
»Wenn ich für einen so reichen und wichtigen Mann arbeite,
muß ich anständig aussehen. Das hier sind meine besten
Kleider.«
»Das leuchtet mir ein«, sagte Lomax. »Wo hast du sie gestohlen?«
»Ich habe sie nicht
gestohlen!« rief Yanni entrüstet. »Sie sind ein
Geschenk von einem sehr guten Freund - dem besten, den ich habe.«
»Na gut«, sagte Lomax. »Wie du meinst.«
Er wandte sich der
kopfsteingepflasterten Straße zu, die zum Hafen führte.
Yanni trottete neben ihm her. »Wohin wollen Sie zuerst
gehen?«
»In ein Lokal namens ›Kleines Schiff‹.«
Die Augen des Jungen weiteten sich. »Aber da
sollten Sie nicht hingehen. Das ist ein schlechter Ort. Nichts für
Touristen. Nur für Fischer.«
»Was würdest du dann vorschlagen?« fragte Lomax.
»Es gibt eine ganze Menge
anderer Sachen. Da ist ein römischer Tempel auf der anderen Seite
der Insel, aber dazu muß man ein Boot mieten. Zum Gehen ist es zu
weit.«
»Sonst noch was?«
»Na klar - das Grab des Achilles zum Beispiel.«
»Er ist hier begraben worden, nicht wahr?«
Yanni nickte. »Das weiß jeder.«
»Es muß ein langer Transport von Troja her gewesen sein.«
Der Junge ignotierte die Bemerkung.
»Dann könnten wir immer noch das Kloster von St. Antonius
besuchen oder das, was davon übrig ist. Während des Krieges
ist es zerstört worden.«
»Das habe ich gehört«, sagte Lomax, und sein Gesicht verdüsterte sich.
»Es würde natürlich
bedeuten, daß man auf den Berg klettern muß. Wahrscheinlich
wäre es Ihnen zu heiß.«
»Das stimmt. Darum meine ich,
daß wir einstweilen erst mal das ›Kleine Schiff‹
aufsuchen.«
»Wie Sie wollen.« Yanni zuckte verzagt die Schultern und ging ihm voran in Richtung des Hafens.
Das ›Kleine Schiff‹ lag
an der Ecke einer schmalen Nebengasse, und als sie angekommen waren,
blieb der Junge zögernd am Eingang stehen und drehte sich um.
»Ich würde Sie lieber woanders hinbringen, Mister.«
Seine Stimme klang flehend.
Lomax zauste mit einer Hand den Schöpf des
Kleinen. »Sieh nicht so bekümmert drein.« Er grinste.
»Soll ich dir ein kleines Geheimnis anvertrauen? Ich war
früher schon mal hier. Vor langer Zeit. Bevor deine Eltern an dich
auch nur denken konnten.«
Er wandte sich vor dem erstaunten
Blick des Jungen ab und stieg die Steinstufen hinunter in die
kühle Dunkelheit des ›Kleinen Schiffs‹.
Gleich neben dem Eingang saß
ein junger Mann mit ausgestreckten Beinen auf einem Stuhl und sang mit
leiser Stimme vor sich hin, seine Finger strichen sachte über die
Saiten einer Bouzouki.
Er trug ein rot und grün
kariertes Hemd, dessen Ärmel sorgfältig aufgerollt waren, um
seine gewölbten Bizeps vorteilhaft zur Geltung zu bringen. Sein
Haar lockte sich kräftig über dem Kragen hinten.
Er traf keine Anstalten, Platz zu
machen. Lomax starrte einen Augenblick lang durch seine dunkle Brille
auf ihn hinab, dann trat er vorsichtig über die ausgestreckten
Beine weg und ging weiter in den Raum hinein.
Der erste Gast, den er sah, war
Kapitän Papademos, der allein in einer Ecke saß und Rotwein
trank. Lomax hob grüßend die Hand, aber Papademos wandte
absichtlich den Blick ab.
Danach wurde er sich einer merkwürdigen Tatsache bewußt.
Es saßen sechs Leute im Raum,
einschließlich Papademos, vier von ihnen hockten beisammen, aber
keiner sprach ein Wort.
Der Mann
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