Im Schattenreich des Dr. Mubase
bei
Wasser und Brot, viel Gymnastik und guten Ratschlägen. Aber das ist nur die
eine Seite. Außerdem gilt Dr. Mubase, der Chef, als Spezialist für
Entziehungskuren und nachfolgende Behandlung, Therapie genannt.“
„Entziehung wovon?“ fragte Klößchen.
„Von Drogen.“
„Interessant“, meinte Tim. „Also können
Süchtige dort unter ärztlicher Leitung ihre Sucht ablegen.“
„Nicht irgendein Süchtiger, sondern nur
die Reichsten der Reichen. Das Drogenproblem ist ja nicht auf Armut und Elend
beschränkt. Nein, der Rauschgiftkonsum hat alle sozialen (gesellschaftlichen) Schichten erobert, alle Berufe, alle Stände, Männer wie Frauen und Jugendliche.
Miese Typen gibt es überall. Bei Dr. Mubase lassen sich Süchtige aus der
Schickeria behandeln, aus der sogenannten feinen Gesellschaft. Personen aus dem
öffentlichen Leben sind darunter, Schauspieler, Popstars, Künstler,
berufsmäßige Söhne und Töchter. Natürlich soll das niemand erfahren. Deshalb das
heimliche Getue, die Verschwiegenheit, die Diskretion.“
„Aha!“ nickte Tim. „Ich begreife. Man
verschanzt sich dort wie in einer Burg. Nur von der Seeseite ist sie
zugänglich. Sonst hohe Mauern ringsum, und das schwere Eisentor ist immer
geschlossen. Stehen Kanonen am Strand? Vielleicht nähert sich mal ein Boot mit
Neugierigen. Die muß man doch irgendwie ab wehren.“
„Ich weiß nur“, sagte Gaby lachend, „daß
die Mauern bis zum Wasser reichen. Daran an schließt sich ein Stacheldrahtzaun.
Der zieht sich etliche Meter in den See hinein. Wißt ihr, daß der
Rohrpfeifer-See eine Insel hat. Sie ist klein, aber Insel bleibt Insel.
Seefleck heißt sie — und liegt ziemlich dicht vor dem Mubase-Ufer. Deshalb hat
der Klinikchef sie gekauft. Hat sie einfach zu seinem Gelände dazu erworben.“
„Manche Inseln sind billig“, meinte
Klößchen. „Weil das Leben dort einsam, feucht und unbequem ist. Jedenfalls auf
den winzigen Inseln. Außerdem läßt die Verkehrsanbindung zu wünschen übrig.
Keine S-Bahn. Kein Bus. Nicht mal ‘ne Straße zum Ufer. Und es ist nicht
jedermanns Sache, morgens mit dem Kahn zur Arbeit zu rudern. Seefleck ist doch
höchstens acht Meter lang und sechs breit. Ein dicker Steinbuckel im Wasser.
Überzogen mit Erdboden. Schilf wächst dort — nur Schilf. Voriges Jahr bin ich
mit Rechtsanwalt Knasterlob — ist ein Freund von meinem Vater — dort
vorbeigesegelt. Knasterlob hat eine kleine Jacht. Ich wollte auf die Insel.
Aber er sagte, das dürfte ich nicht. Weil sie der Klinik gehört. Damals stand
eine Hütte auf dem Eiland. Sah aus wie eine große Hundehütte.“
„Wir kommen vom Thema ab“, sagte Tim. „Es
geht nicht um die Mubase-Klinik, die sich gegen Neugierige schützt, sondern um
Eugen, den wir besuchen wollen. Es muß doch möglich sein, zu ihm vorzudringen.
Vorausgesetzt, er ist wieder soweit gekräftigt, daß er mit unsereins reden
darf. Und er ist überhaupt noch dort. Fragen wir doch einfach mal!“
Gelb und neu leuchtete eine
Telefonzelle an der Straßenecke. Tim rief die Auskunft an und erfuhr die
Rufnummer der Mubase-Klinik.
Dort meldete sich der Portier. Der
wußte rein gar nichts und stellte durch zu einem Dr. Gallstein.
Tim erkannte ihn an der Stimme.
Es war jener, der bei Eugen gleich
gemerkt hatte, daß Amphetamin-Doping im Spiel war.
„Tag, Herr Doktor“, sagte Tim. „Ich bin
Peter Carsten, der Radrenner, der bei Eugen Flunzl Herzmassage und Atemspende
gemacht hat.“
„Alles klar, Peter. Dein Verhalten war
genau richtig. Eugen verdankt dir, daß er keine bleibenden Schäden hat. Bei
Herzstillstand ist die gesamte Sauerstoff-Versorgung des Körpers unterbunden.
Besonders im Gehirn wirkt sich das zerstörend aus — wenn der Zustand länger
anhält. Man kennt da schon zahlreiche Patienten, die dann gerade noch
reanimiert ( wiederbelebt ) wurden. Aber der Schaden am Gehirn war nicht
mehr zu beheben. Deshalb kommt es in dieser Situation auf jede Sekunde an.“
„Und Eugen ist völlig o. k.?“
„Völlig. Nicht anders als bei einer
Ohnmacht. Du willst jetzt sicherlich wissen, ob er tatsächlich Amphetamin
genommen hat.“
„Das weiß ich bereits. Kenne sogar den
inzwischen flüchtigen Dealer. Meine Freunde und ich sind einem Drogenskandal
auf der Spur. Nein, Herr Doktor, ich wollte nur fragen, ob wir Eugen besuchen
können.“
„Sicherlich. Aber er ist nicht mehr bei
uns. Vor einer Stunde wurde er mit der Ambulanz ins Cornelia-Krankenhaus
gebracht. Wir sind hier eine
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