Im Schlauchboot durch die Unterwelt
meine Annette war, waren wir oft dort draußen.
Picknick — war unsere Leidenschaft. Mit dem Hintern im Gras, über uns Sonne und
blauer Himmel. Und die Zweige vom Runen-Baum. Mensch, Leute! Wie oft habe ich
mit dem Rücken an seinem Stamm gelehnt. Und dann kam der Kellner und brachte
mir ein großes Bier und einen Teller mit Schweinswürsten. Und für Annette
Kaffee und Marzipantorte.«
»Wieso Kellner?«, fuhr Peschke
ihn an. »Ich denke, ihr wart zum Picknick.«
»Ist doch egal!«, schnauzte
Meier. »Wichtig ist jetzt...«
»Nein, ich will’s genau
wissen!«, beharrte Peschke. »Wenn bei Waldi alles durcheinander geht, dann ist
er nicht glaubwürdig hinsichtlich...«
»Nenn mich nicht Waldi!«,
schrie Könken.
»Okay, okay, Filzlaus. Ich
meine nur, wenn...«
»Hört endlich auf, in meinem
Haus rumzubrüllen!«, schrie Otto und kippte sich das sechste Glas Schampus
hinter die Mandeln. »Hier geht es friedlich zu! Verstanden?!«
Stille. In die sagte Könken:
»Es war Picknick, nämlich im Freien und auf der Wiese. Aber wir haben uns nicht
selber verpflegt. Sondern haben Getränke und Fressalien anliefern lassen aus
dem Gasthaus Moorweide. Das war sozusagen in Sichtweite. Der Kellner musste
zwar ein Stück laufen. Aber erstens kannte ich ihn gut und zweitens war ich mit
Trinkgeld immer großzügig.«
»Uff!«, stöhnte Otto. »Jetzt
haben wir’s also. Der Runen-Baum steht beim Gasthaus Moorweide. Falls ihr’s
vergessen habt: Das ist ein Landgasthaus, im Sommer eine beliebte
Ausflugsstätte. Total im Grünen, aber gar nicht so weit von hier. Jetzt ist es
geschlossen. Denn der Boxweltmeister Charly Flatnose hat dort sein
Trainingslager. Aber dass da ein Runen-Baum steht, hab ich noch nie gehört.«
»Annette hat ihn so genannt«,
erklärte Könken. »Weil der Stamm ringsum und bis in drei Meter Höhe vollgekerbt
war mit Schriftzeichen. Die meisten waren schon so verwachsen, dass sie
aussahen wie Runen. Wie germanische Schriftzeichen«, fügte er lehrerhaft hinzu.
»Ansonsten glaube ich, es war eine Buche.«
»Unterm Runen-Baum«, sagte
Meier. Es klang, als bete er.
»Steht der Baum noch?«, fragte
Helmers.
Von den Knastis konnte es
keiner wissen. Auch Otto zuckte die Schultern.
»Ich bin Box-Fan«, sagte
Peschke grinsend. »Wir alle sind Box-Fans. Jedenfalls tun wir so. Fünf alte
Kerle, die bei... wie heißt er? — Charly Freshhose rumlungern und...«
»Flatnose«, fiel ihm Otto ins
Wort. »Weißt du’s tatsächlich nicht oder ist dein Versprecher ne Schau?«
»Häh?« Peschke hob die Brauen.
»Was meinst du? Ich interessiere mich nicht für Boxen. Kein bisschen.
Sumo-Ringen ist toll. Wenn zweimal fünf Zentner Fett aufeinander prallen,
gibt’s was zum Lachen.«
»Ist zwar ein anderes Thema«,
sagte Otto. »Aber da wir gerade dabei sind, kann ich’s jetzt schon rauslassen.
Ich meine das Kidnapping. Die Entführung der kleinen Susi Weichler. Das ist
haargenau so abgelaufen wie damals bei euch. Wie die Entführung von
Noah-Lincoln-Mankind Volley. Bislang ist das offenbar noch niemandem
aufgefallen — außer mir. Ich dachte: Gibt’s denn das? Sind die Freunde von
damals wieder draußen und drehen gleich noch so’n Ding. Vielleicht auf eigene
Rechnung? Oder steckt ihr mit diesem Flatnose unter einer Decke? Könnte doch
sein, ihr macht das für ihn, damit Fausto Weichler erst die Nerven verliert und
dann den Kampf. Also, was ist? Nun mal raus mit der Sprache! Ihr habt meine
Info. Jetzt will ich eure!«
Könken sprang auf. »Verdammt!«,
jammerte er. »Ich muss schon wieder zum Klo.«
7. Fausto war Taxler
Tim äußerte nichts von seiner
Überlegung. Joachim Juha, der Sportreporter, musste nicht unbedingt wissen,
dass es außer Flatnose als Verdächtigen auch noch die vier alten Knastis gab.
Sicherlich, dachte Tim — ohne
schlechtes Gewissen, eine Hand wäscht die andere. Aber schließlich — Juha ist
Sport- und nicht Polizeireporter.
TKKG und der junge Journalist
standen immer noch in der Ecke. Der dicke Schwergewichtler war inzwischen mit
dem Schattenboxen fertig und kam wieder zu der Plastikmatte, um erneut gegen
seinen Bauchspeck anzugehen.
Die Gruppe rückte etwas
beiseite. Gaby wurde unentwegt von Juha angelächelt. Aber sie blockte das ab,
indem sie ihren Kopf an Tims Schulter lehnte.
Mit dem Daumen deutete der
TKKG-Häuptling zum Ring, wo Fausto und Trainer immer noch Pratzenarbeit
betrieben.
»War unser Hoffnungsträger
zeitlebens Faustkämpfer oder hat er auch was weniger
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