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Im Schlauchboot durch die Unterwelt

Im Schlauchboot durch die Unterwelt

Titel: Im Schlauchboot durch die Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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herausgefunden: Charly Flatnose ist kein unbeschriebenes Blatt mehr. Das
sind US-Boxer zwar meistens nicht, weil sie größtenteils aus miesen
Verhältnissen kommen, aber normalerweise beschränken sich ihre Vorstrafen auf
Drogenkonsum und schwere Körperverletzung. Manchmal kommt noch spezielle Gewalt
gegen Frauen hinzu wie bei Mike Tyson. Doch geplante Verbrechen sind eher
selten bei Preisboxern. Umso merkwürdiger ist, dass Charly Flatnose dreimal im
Zusammenhang mit Kindesentführung genannt wurde. In zwei Fällen wurde er sogar
verhaftet, musste aber wieder auf freien Fuß gesetzt werden — aus Mangel an
Beweisen. Bei dem dritten Fall war er nur gerüchteweise dabei. Zu einer Anklage
kam es also nie. Aber weißgewaschen ist er nicht.«
    TKKG staunten.
    »Waren die Fälle ähnlich
gelagert wie jetzt?«, fragte Karl.
    »Nur einer. Flatnose hatte sich
von seinem Manager getrennt — im Bösen, weil der angeblich zu viel Geld von den
Börsen für sich einbehielt. Dann kam’s: Der zweijährige Sohn des Managers wurde
entführt. Gegen ein Lösegeld in Höhe von einer Million Dollar gaben ihn die
Kidnapper — vielleicht war’s nur einer — zurück. Unbeschadet. Der Fall — wie
auch die andern — wurde nie aufgeklärt.«
    »Eine wahnsinnig interessante
Info, Achim!«, lobte Tim. »Wir danken dir. Wenn ich groß und berühmt bin,
darfst du mich weiterhin duzen. Bei Flatnose werden wir natürlich ein bisschen
rumschnüffeln. Das ist ja schließlich unsere Leidenschaft. Und Gaby ist sowieso
völlig verliebt in die kleine Susi. Bei dem Gedanken, dass das Baby in bösen
Händen und nicht bei der Mutter ist, kann meine Freundin kaum noch schlafen.«
    »Tim übertreibt etwas«, stellte
Gaby richtig. »Allerdings bei diesem Verbrechen werden natürlich in jedem
Mädchen die mütterlichen Instinkte wach — auch wenn die sonst erst in zehn
Jahren gefragt sind oder später.«
    Achim grinste. »Falls ihr was
ausgrabt, erfahre ich’s.«
    »Versprochen!«, nickte Tim.
»Obwohl ich weiß, dass du auf diese Weise nur Arbeit, Zeit und Geld sparen willst.
Wir finden deine Story und du brillierst (glänzen) damit vor deinen
Lesern.«
    »Ist daran was auszusetzen,
Weltmeister in spe (zukünftig)? Außerdem werde ich dann eure Namen
erwähnen. Am Honorar beteilige ich euch selbstverständlich nicht. Wisst ihr, wo
Flatnose sein Camp hat?
    Alle schüttelten den Kopf.
    »Er trainiert außerhalb der
Stadt«, berichtete Achim. »Und zwar in dem Landgasthaus Moorweide. Kennt ihr,
ja? Im Sommer ist das ja ein Hit für Ausflügler. Aber in der jetzigen
Jahreszeit geht das Geschäft immer schlecht. Der Wirt hat sich gefreut, dass er
seinen Laden total an den Boxstall vermieten kann.«
    »Jedenfalls ist dort draußen
die Luft besser als hier«, meinte Klößchen.
    Und wahrscheinlich kann man in
der grünen Pampa ein Baby gut verstecken, überlegte Tim. Dann hätten wir also
zwei Verdächtigte: Die alten Knastbrüder auf der einen Seite, die nach dem
gleichen Muster schon mal verfahren sind. Und den amtierenden US-Worldchampion
mit der keineswegs weißen Weste auf der anderen Seite. Oder gehören beide
Seiten zusammen? Das wäre zwar ungewöhnlich. Aber ausschließen können wir’s
nicht.

6. Unterm Runen-Baum
    Der alte Ganove Waldemar
Könken, genannt Filzlaus, verbrachte die nächste halbe Stunde auf der Toilette.
Auf Otto Kräschs Toilette. Das weiße Scherzartikel-Pulver im Whisky tat immer
noch seine Wirkung. Pech gehabt, musste Könken sich sagen. Er hatte Otto kein
bisschen erschreckt, war aber jetzt selbst der Gelackmeierte.
    Die andern feierten inzwischen,
labten sich am mitgebrachten Champagner. Selbst Otto, der ja eigentlich vom
Leben nichts mehr wissen wollte, war in Stimmung.
    Peschke, Meier und Helmers
hatten erzählt — von dem Einerlei im Knast. Otto hörte zu und beglückwünschte
sich im Stillen, dass man ihn nie erwischt hatte.
    »Zwanzig Jahre, Otto«, meinte
Helmers. »Das zieht sich. Zwanzig Jahre null Abenteuer — das höhlt aus. Für uns
war es schon sensationell, wenn mal ein toter Vogel im Hof lag.«
    »Ist zweimal vorgekommen«,
nickte Meier. »Anfang 1984 war eine Amsel abgestürzt. Vermutlich aus
Alterschwäche, denke ich mir. Und im Mai 1997 lag eine tote Taube vor der
Kantinentür.«
    »Bestimmt haben die aus der
Küche sie gefüttert«, grinste Peschke. »Für ne Taube kann das tödlich sein. Den
Fraß vertragen nur Knastis wie wir.«
    Sie hatten auch erzählt, wo sie
jetzt hausten. Dazu sagte Otto nichts.

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