Im Schloss der Leidenschaft
Emily protestierte sofort. „Ich bin ganz allein für meinen Sohn verantwortlich und werde für ihn sorgen. Jean-Claude war nicht geplant. Ich weigere mich, ihn im Nachhinein als Druckmittel einzusetzen.Ich komme auch allein zurecht“, versicherte sie ihrer Freundin betont optimistisch, während diese die Stirn runzelte. „Auf keinen Fall werde ich etwas von Luc annehmen.“
Zumindest in der Theorie klang alles ganz einfach. Sie würde durch Dritte Kontakt zu Luc aufnehmen, und wenn er den Wunsch äußerte, seinen Sohn zu sehen, konnten die Anwälte zusammen mit der Scheidung seine Besuchsrechte aushandeln. Kein Grund für Komplikationen, doch als sie zu Jean-Claude hinüberblickte, der von einem Sonnenschirm beschattet in seinem Kindersitz schlief, überkam sie eine dunkle Vorahnung. Nichts an Luc Vaillon war wirklich einfach. Diesen Mann umgaben viele Geheimnisse, und trotz der Tatsache, dass sie seit zwei Jahren miteinander verheiratet waren, kannte sie ihn eigentlich überhaupt nicht.
„Oh, da kommt aber jemand in großem Stil an“, unterbrach Lauras Stimme ihre Gedanken, und Emily schaute über den Hof zu der glänzenden schwarzen Limousine, die hinter dem Bus vorfuhr. „Ich hoffe, den Leuten ist klar, dass es sich hier um einen Arbeitsurlaub handelt. Ich habe keine Zeit, um hinter einer verwöhnten Millionärsgattin herzulaufen, die nicht einmal ein Ei kochen kann. Der Busfahrer bringt dich übrigens gern zum Flughafen“, fügte Laura hinzu. „Er hat jetzt alles ausgeladen, also kannst du ihm dein Gepäck bringen, bevor du Jean-Claude störst.“ Zum Abschied gab sie Emily einen Kuss auf die Wange. „Pass gut auf dich auf. Wenn du zurückkommst, feiern wir dein neues Leben als Single.“ Dann ging sie über den Hof, um ihre Gäste zu begrüßen.
Mit einem raschen Blick auf den Kindersitz vergewisserte sich Emily, dass Jean-Claude immer noch friedlich schlief, woraufhin sie entschied, ihm noch ein paar Minutenzu gönnen, während sie ihr Gepäck verstaute.
„Wie geht es Ihnen, Enzo?“, begrüßte sie den Busfahrer, der regelmäßig zwischen San Antonia und dem Flughafen hin- und her fuhr.
„ Hola, señora, Sie sehen heute aber besonders hübsch aus.“
Emily unterhielt sich noch fünf Minuten mit Enzo über dessen große Familie. Als sie anschließend zurückschaute, war der Kindersitz leer. Laura musste Jean-Claude mit ins Bauernhaus genommen haben, dachte sie, verspürte aber wieder dieses ungute Gefühl. Irgendetwas veranlasste sie, den Kopf zu der im Hof parkenden Limousine zu drehen.
Ein paar Sekunden lang glaubte sie, eine Art Fata Morgana zu sehen, erzeugt von der flirrenden Hitze, doch nachdem sie ein paarmal heftig geblinzelt hatte, erkannte sie, dass es sich nicht um eine Illusion handelte.
Die Luft im Hof war heiß und schwül, dennoch konnte sie einen Schauer nicht unterdrücken, als sie in die grauen Augen des Besuchers starrte und seinem kalten Blick begegnete. Mit ausdruckslosen Augen sah er sie an, aber die Arroganz, Macht und Rücksichtslosigkeit, die er trotzdem dabei ausstrahlte, schockierten sie, und sie stieß einen Schrei aus, als die Welt um sie anfing, sich zu drehen.
„Luc!“
Entsetzt presste sie die Hände auf den Mund. „Was machst du hier? Was willst du?“, fragte sie einige Sekunden später mit zitternder Stimme, denn der Schock machte sie beinahe sprachlos. Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln, das sie an ein Raubtier erinnerte – bereit, sich gleich auf seine Beute zu stürzen.
„Ich habe bereits, weshalb ich gekommen bin, chérie “, antwortete er verdächtig sanft, woraufhin sie ihn verwirrtanstarrte. „Jetzt stellt sich nur noch die Frage, ob du uns begleiten willst.“
„Uns?“, echote Emily, deren Gehirn ganz offensichtlich die Arbeit verweigerte. „Ich verstehe nicht.“ Sie fühlte sich atemlos und desorientiert. Ihr Herz hämmerte wie wild, während sie all ihren Mut zusammennehmen musste, um ihm ins Gesicht zu sehen. Wenn das überhaupt ging, war er noch attraktiver als sie ihn in Erinnerung hatte – muskulöser und härter als der Mann, der sie regelmäßig in ihren Träumen verfolgte.
Da er so unerwartet hier aufgetaucht war, wusste sie weder, was sie tun, noch, was sie sagen sollte. „Wie hast du mich gefunden?“, presste sie schließlich hervor. Sofort verhärtete sich sein Gesichtsausdruck.
„Du hast deinem Anwalt geschrieben und ihn gebeten, die Scheidung einzuleiten“, erinnerte er sie kühl. „Ich muss schon sagen, dass
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