Im Schloss der Leidenschaft
nicht, selbst ins Krankenhaus zu fahren, um das erste magische Bild ihres Kindes zu sehen. Selbst wenn er wüsste, dass er einen Sohn bekam, hätte das wenig an seiner Haltung verändert. Mit jedem Tag, der verging, distanzierte er sich mehr von ihr, bis seine höfliche Gleichgültigkeit sie schier zur Verzweiflung trieb. Sicherwäre es besser, jetzt zu gehen, bevor das Baby geboren war, und ihrem Kind all ihre Liebe zu schenken, damit es niemals erfuhr, dass sein Vater statt eines Herzens einen Klumpen Eis in seiner Brust trug.
Luc zu verlassen, würde ihr das Herz brechen, aber bei ihm zu bleiben, wäre ihr Tod. Mit einem unterdrückten Schluchzen stand Emily auf und taumelte in Richtung Straße.
„Wohin soll es gehen, hübsche Frau?“, fragte der Taxifahrer fröhlich, als sie einstieg. Einen Moment war sie unentschlossen, und die Adresse von Lucs Londoner Penthousewohnung lag ihr auf den Lippen.
Vielleicht sollte sie ihm eine letzte Chance geben? Vielleicht gab es doch eine logische Erklärung dafür, warum er die Nacht, in der er aus Australien zurückgekehrt war, bei Robyn verbracht hatte, anstatt zu ihr nach Hause zu kommen? Doch sie wurde die Bilder nicht los, die sie ständig verfolgten – Bilder, in denen Luc seine wunderschöne Assistentin liebte.
Sieh den Tatsachen ins Auge, sagte sie sich bitter. Es ist vorbei. Luc liebt dich nicht. Wenn sie ihm eins zugestehen musste, dann, dass er nie behauptet hatte, sie zu lieben. Das heutige Eingeständnis ihrer Mutter, nach dem sein Heiratsantrag Teil eines finanziellen Deals gewesen war, unterstrich nur die Wahrheit dieser Erkenntnis.
Entschlossen und trotzig zugleich hob Emily das Kinn und nannte dem wartenden Fahrer die Adresse ihrer Freundin Laura.
1. KAPITEL
Ein Jahr später – San Antonia
„Bist du sicher, dass du alles hast? Pässe, Tickets, Wohnungsschlüssel?“
„Ich habe alles unter Kontrolle – also hör auf, dir Sorgen zu machen“, meinte Emily gut gelaunt zu ihrer Freundin. „Es gibt sowieso schon genug Dinge, um die du dich kümmern musst. Der Bus ist da.“
Ankunftstage waren immer hektisch, dachte sie, als sie Laura nach draußen folgte. Früher war der Bauernhof in San Antonia ein stiller Rückzugsort für Lauras Freund und dessen Künstlerclique gewesen. All das hatte sich geändert, seit Nick Laura überredet hatte, zu ihm nach Spanien zu kommen und dort eine Kochschule zu eröffnen. Die Geschäftsidee erwies sich als voller Erfolg, denn es gab unzählige Touristen, die ganz versessen darauf waren, Unterricht bei einer kreativen Köchin zu nehmen, die sich in diversen Londoner Toprestaurants ihre Sterne verdient hatte. Emily freute sich riesig für Laura und war froh, dass sie ihr in der Anfangsphase bei der Unterbringung der Gäste helfen konnte. Doch jetzt war es an der Zeit, nach England zurückzukehren und ihr Leben wieder in die eigenen Hände zu nehmen.
„Ich hoffe, du kommst zurecht“, murmelte sie, als siezu ihrer Freundin auf die oberste Treppenstufe trat und die Gäste beobachtete, die gerade aus dem Bus stiegen. „Es kann sein, dass ich ein paar Monate weg bin, während die Anwälte die Scheidung ausarbeiten.“
„Aus eigener bitterer Erfahrung sollte ich dich warnen, dass es noch wesentlich länger dauern kann“, erwiderte Laura grimmig. „Meine Scheidung hat über ein Jahr gedauert und mich eine Menge Geld gekostet.“
„Ich rechne nicht damit, dass irgendwelche Probleme auftreten“, meinte Emily mit einem Schulterzucken. „Luc wird genauso froh sein wie ich, unsere Ehe zu beenden.“ Vor allem nach dem letzten Foto von ihm in einem britischen Boulevardmagazin, dachte sie bitter. Seite an Seite mit der wunderschönen Robyn Blake. Wahrscheinlich hätte es Emily nicht verwundern dürfen, aber zumindest gab das den Ausschlag, diese Farce einer Ehe endlich zu beenden.
Sie musste ihre Vergangenheit ein für alle Mal hinter sich lassen. Sie hatte ein Kind, eine aufstrebende junge Firma und die Freiheit, ihr Leben so zu leben, wie sie es für richtig hielt.
„Was glaubst du, wie es dir gehen wird, wenn du Luc wiedersiehst?“, fragte Laura.
„Mit ein bisschen Glück wird es gar nicht dazu kommen. Ich will nichts von ihm – und ganz sicher kein Geld“, antwortete Emily heftig.
„Es ist dein gutes Recht, dass er Unterhalt für Jean-Claude zahlt“, widersprach Laura. „Schließlich ist Luc trotz allem sein Vater, und es wird ihm nicht wehtun, einen Teil der Vaillon-Millionen abzutreten.“
„Nein!“
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