Im Schutz der Nacht
wie ein antikes Sideboard aussah. Die linke Wand wurde von einem Kamin dominiert, und die glühenden Scheite darin verrieten ihm, dass sie mit einem Feuer gegen die frühherbstliche Kälte angekämpft hatte.
Sie hatte sich nicht entspannt; sie saß immer noch stocksteif da; er konnte nur ihren Rücken sehen. Das musste reichen. Vielleicht brauchte sie das Gefühl von Anonymität.
»Ich war Berufssoldat bei den Marines«, sagte er schließlich und bemerkte, wie sich ihre Schultern erschrocken anspannten. »Dreiundzwanzig Jahre lang. Ich habe viele Kämpfe miterlebt und war oft in heiklen Situationen. Manchmal war ich überzeugt, ich würde nicht lebend rauskommen, und wenn ich es dann tat, schlotterte ich so, dass ich glaubte, ich würde mir die Zähne zerschlagen. Die Kombination aus Schock und Adrenalinschub kann einem ganz schön zusetzen, man braucht Zeit, um darüber hinwegzukommen.«
Einen Moment lang war die Stille im Raum so fassbar wie eine Berührung. Er konnte sie atmen hören, jedes leise Ein- und Ausatmen, und das gedämpfte Rascheln und Schaben, mit dem sie eine Stofffalte zwischen den Fingern rieb. Dann murmelte sie: »Und wie viel Zeit?«
»Kommt darauf an.«
»Worauf?«
»Darauf, ob man jemanden hat, der einem beisteht«, sagte er, legte die Hand auf ihre Schulter und zog sie sanft zurück.
Sie wehrte sich nicht wirklich, aber er konnte ihre Überraschung und ihr instinktives Widerstreben spüren. Er schmiegte sie behutsam in seine Armbeuge und drückte sie an sich. Sie blinzelte zu ihm auf, und ihre klaren blauen Augen blickten ihn ernst, fragend, unschlüssig an. »Psst«, murmelte er, als hätte sie protestiert. »Entspann dich einfach. «
Was sie in seinem Gesicht auch gesehen hatte, es gab ihr Sicherheit - Gott, wie konnte sie so blind sein? -, denn sie ließ mit einem kaum hörbaren Seufzen den Stahl aus ihren Knochen fließen und sank kraftlos an seine Seite, in seinen warmen Arm, der sie noch fester an seine Seite drückte.
Sie war weich, warm und roch gut. Ihm wurde fast schwindlig, als er sie so nahe spürte, vor Glück, sie endlich halten, spüren, riechen zu können. Zitternd drückte sie das Gesicht in seine Achselhöhle. Ihre Schultern ruckten leise, und er murmelte etwas Beruhigendes, während er auch den anderen Arm um sie legte.
»Ich weine nicht«, hörte er ihre erstickte und leicht verloren klingende Stimme.
»Das kannst du ruhig. Das bisschen Rotz kann einer Freundschaft nichts anhaben.«
Ihr Lachen wurde durch seine Kleider erstickt, und gleich darauf legte sie den Kopf in den Nacken und sah ihn an. »Ich kann nicht glauben, dass du das gesagt hast.«
Er küsste sie. So wie er es sich schon lange gewünscht hatte. Gott, seit Jahren, und als sie das Gesicht nach oben wandte, waren ihre Lippen nur Zentimeter von seinen entfernt, also pfeif drauf, er tat es einfach. Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und küsste sie so zärtlich, wie er nur konnte, um ihr reichlich Raum zu geben, sich zurückzuziehen, falls sie es wollte, aber das tat sie nicht. Stattdessen packte sie mit ihrer freien Hand seine Schulter und erwiderte seinen Kuss, mit geöffneten Lippen, die Zunge leicht hervorgestreckt, um seine zu berühren.
Die Erde begann zu wackeln; ein gigantischer Schlag erschütterte das ganze Haus. Einen Sekundenbruchteil lang glaubte Creed, ihr Kuss habe die Erde erbeben lassen, aber dann besann er sich eines Besseren, schlang beide Arme um Neenah und warf sich mit ihr zusammen auf den Boden, wo er sie so gut wie möglich mit seinem Körper abschirmte.
16
Sowie Teague die Brücke in die Luft gejagt hatte, begannen Billy, Troy und Blake die vordersten Häuser unter Feuer zu nehmen. Sie versuchten nicht absichtlich jemanden zu treffen, aber sie versuchten es auch nicht zu vermeiden. Wenn etwas ihre Zielgenauigkeit beeinträchtigte, dann das Wissen, dass sie nach einem Blutbad jeden einzelnen Polizisten in Idaho auf ihren Fersen hätten, und das wäre lästig.
Blake setzte eine Weather by Mark V Magnum .257 ein, ein wirklich schönes Exemplar, das schwere Schläge setzte. Billy hatte eine Winchester; Troy eine Springfield M21. Die Weatherby und die Winchester waren sehr gute Jagdgewehre; die Springfield war eher eine Heckenschützenwaffe. Teagues Waffe der Wahl war eine Parker-Hale M85 mit einem Zweibein-Stativ für einen besseren Stand. Die Springfield wie auch die Parker-Hale waren Scharfschützenwaffen mit einer Reichweite von bis zu eintausendfünfhundert Metern, wenn
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