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Im Schutz der Nacht

Titel: Im Schutz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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Teufel. Er klopfte erneut.
    »Komme schon«, antwortete eine leise Stimme, dann hörte er näher kommende Schritte.
    Ein paar Schritte vor der Tür blieb sie stehen und fragte: »Wer ist da?«
    Es war wahrscheinlich das erste Mal, dass sie fragte, wer sie besuchen kam, bevor sie die Tür öffnete, wenigstens hier in Trail Stop, dachte er grimmig. Es tat ihm weh, dass ihr Gefühl, hier sicher zu sein, zerstört war.
    »Joshua Creed.«
    »Meine Güte«, hörte er sie leise murmeln; dann klickte das Schloss, und sie zog die Tür auf.
    Sie war gerade auf dem Weg ins Bett gewesen. Sie trug ein weißes Nachthemd und einen langen blauen Morgenmantel, den sie um die Taille gegürtet hatte. Er hatte ihr silberbraunes Haar noch nie anders gesehen als streng aus dem Gesicht gekämmt und unter einem Kopftuch versteckt, was ihm ungeheuer altmodisch erschien, oder zu einem straffen Dutt gefasst. Jetzt fiel es locker, glatt und seidig in ihr Gesicht und über ihre Schultern.
    »Ist etwas?«, fragte sie ängstlich und trat beiseite, um ihn ins Haus zu lassen. Dann schloss sie die Tür hinter ihm.
    »Ich habe gerade gehört, was am Mittwoch los war.« Seine Stimme klang leicht rau, und im nächsten Moment sah er, wie ihr Gesicht jeden Ausdruck verlor. Sie senkte die Lider und schottete sich ab; ihm wurde eng ums Herz, als er erkannte, wie Recht Cal hatte: Sie hatte den Vorfall nicht verarbeitet und niemanden, bei dem sie Trost finden konnte. Sie war lange allein gewesen, dachte er, was eigenartig war, da jeder in Trail Stop mit ihr befreundet zu sein schien. Sie war schon hier gewesen, als er aus dem Dienst ausgeschieden war, und hatte sich in den vielen Jahren kaum verändert. Soweit er wusste, hatte sie sich noch nie mit einem Mann getroffen. Sie leitete das Futtermittelgeschäft, besuchte ab und zu eine Freundin und kam abends allein nach Hause. Das war alles. Das war ihr Leben.
    »Geht es Ihnen gut?«, fragte er, und seine tiefe Stimme war zu einer Art Grollen herabgesunken. Ohne es zu wollen, streckte er die Hand aus und strich ihre Haare aus der rechten Schläfe zurück, wobei der dunkle Bluterguss darunter zum Vorschein kam.
    Sie erschauerte, und einen Augenblick fürchtete er, sie könnte zurückschrecken, aber das tat sie nicht. »Es geht schon«, antwortete sie automatisch, als hätte sie dieselbe Antwort schon Dutzende Male gegeben.
    »Wirklich?«
    »Ja, natürlich.«
    Er trat auf sie zu und legte eine Hand auf ihren Rücken. »Wollen wir uns nicht setzen?«, schlug er vor und schob sie mit sanftem Druck zum Sofa.
    Da ihr gemütliches Wohnzimmer nur von zwei Stehlampen erhellt wurde, konnte er nicht sicher sein, aber er hatte den Eindruck, dass ihre Wangen leicht gerötet waren. »Es tut mir leid, ich hätte nicht ...« Sie verstummte und wollte zu einem Sessel abbiegen; mit einer kaum wahrnehmbaren Körperdrehung versperrte er ihr den Weg und lenkte sie zum Sofa. Sie ließ sich auf das mittlere Polster fallen, ungebremst, so als wären ihre Beine weggeknickt.
    Creed setzte sich so dicht neben sie, dass sein Schenkel ihren berühren musste, wenn er sich nur ein winziges bisschen bewegte. Aber dann blieb er reglos sitzen, weil ihm plötzlich einfiel, dass sie Nonne gewesen war.
    Bedeutete das, dass sie noch Jungfrau war? Diese Frage brachte ihn ins Schwitzen. Nicht dass er heute Nacht Sex mit ihr haben wollte oder so, aber ... hatte sie schon jemals einen Mann gehabt? War sie je mit einem Mann ausgegangen, und sei es als Teenager? Wenn sie völlig unerfahren war, wollte er sie auf keinen Fall verschrecken, aber wie zum Teufel sollte er das herausfinden?
    Und warum hatte sie aufgehört, Nonne zu sein? Sein Wissen über Nonnen beschränkte sich auf das, was er vor vielen Jahren in Sister Act gesehen hatte, und damals hatte er nur gelernt, dass Nonnen gern sangen. Wirklich keine große Hilfe.
    Na schön, er machte sich vor Angst fast in die Hose. Aber hier ging es nicht um ihn. Sondern um Neenah. Darum, dass Neenah Todesängste ausstand und niemanden hatte, dem sie sich anvertrauen konnte.
    Er entspannte sich, lehnte sich zurück und ließ sich von den üppigen Polstern umschmiegen. Es war ein ungeheuer weiblicher Raum, dachte er, während sein Blick über die Lampen und Pflanzen wanderte, die Fotos, Bücher und Nippesfiguren und diese komische Näharbeit, die in einen runden Rahmen gespannt und beiseitegelegt worden war. Es gab auch einen mittelgroßen Fernseher, der zwischen Büchern eingeklemmt auf einem Möbel stand, das

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