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Im Schutz der Nacht

Titel: Im Schutz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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glitschig waren; ein falscher Schritt, und er landete in dem steilen Bergbach und würde unaufhaltsam dem mörderischen Fluss hinter Trail Stop zugetrieben.
    Langsam kam Billy unter der Brücke hervor, sorgsam die Drahtrolle in seiner Hand abwickelnd. Teague hätte auch drahtlose Zünder nehmen können, aber seiner Erfahrung nach waren sie nicht ganz so zuverlässig, ganz davon zu schweigen, dass sie versehentlich durch ein fremdes Signal ausgelöst werden konnten. Gar nicht gut. Den Draht zu verlegen kostete zwar Zeit, in der Creed unter Umständen den Ort wieder verlassen konnte, aber wie fast alles im Leben war es eine Ermessensentscheidung, ob man Draht nahm oder nicht, und Teague hatte sich dafür entschieden.
    Sein Neffe Blake hatte auf der nächsten Position Stellung bezogen und ein Infrarot-Zielfernrohr auf sein Jagdgewehr montiert. Sobald Billy den Draht an Teague übergeben hatte, würde er auf der übernächsten Position in Stellung gehen.
    Troy, sein Cousin, war mit seiner isolierten Drahtschere auf den nächsten Strommasten geklettert und wartete nur noch auf Teagues Signal. Weil Trail Stop so klein und so abgelegen war, teilten sich die Stromgesellschaft und die Telefongesellschaft die Leitungsmasten. Troy würde erst die Stromleitungen kappen und gleich darauf die Telefonleitung - dann würde Teague die Brücke hochjagen.
    Die Hand bereits zum Anklopfen erhoben, blieb Creed auf Neenahs Veranda stehen. Er war so aufgewühlt, dass er nicht gefahren, sondern zu Fuß zu ihrem Haus gegangen war, das knapp hundert Meter von dem Futtermittelladen entfernt hinter einem weiteren Haus lag, doch die hundert Schritte hatten die Spannung, die sich in ihm aufgestaut hatte, nicht zu lösen vermocht.
    Nur das Wissen, dass er ihr einen Mordsschrecken einjagen würde, wenn er plötzlich an ihre Tür hämmerte, hatte ihn innehalten lassen. Verflixt, wahrscheinlich hatte sie längst gehört, wie er mit der Leichtigkeit und Grazie eines afrikanischen Elefanten über die Veranda gestiefelt war, und war in Todesangst durch die Küchentür aus dem Haus geflohen. Er verzog das Gesicht. Was war verflucht noch mal mit ihm los? Er hatte ein Leben, zwei Leben damit verbracht, lautlos hinter die Feindeslinien oder durch diese verdammten Berge zu schleichen; und plötzlich fing er an zu trampeln?
    Er wusste, was mit ihm los war. Es war das plötzliche, grauenerregende Wissen, dass Neenah am Mittwoch um ein Haar gestorben wäre, ohne dass er ihr hätte helfen können, und schlimmer noch, ohne dass sie gewusst hätte, was er für sie empfand. Er hätte bis an sein Lebensende das Wissen mit sich herumtragen müssen, dass er seine Chance so lange nicht genutzt hatte, bis es zu spät war. Alle Ausflüchte, mit denen er sich jahrelang getröstet hatte, exzellente Ausflüchte, kamen ihm plötzlich reichlich fadenscheinig vor. Cal hatte Recht. Er war ein zuckerärschiger Feigling.
    Creed hatte schon oft Angst empfunden; so wie jeder gute Soldat. Er hatte in Situationen gesteckt, die so angespannt waren, dass er sich keine Hoffnungen gemacht hatte, seinen Schließmuskel je wieder entspannen zu können, aber er war noch nie vor Angst wie gelähmt gewesen.
    Er versuchte sich Mut zu machen. Was konnte ihm schlimmstenfalls passieren? Neenah konnte ihn abweisen, sonst nichts.
    Doch allein der Gedanke daran genügte, dass ihm das Blut in den Adern stockte und er am liebsten davongelaufen wäre. Vielleicht würde sie ihn ansehen und »Nein, danke«, sagen, als würde sie etwas so Belangloses ausschlagen wie einen angebotenen Kaugummi. Wenn er gar nicht erst fragte, müsste er sich wenigstens nie der Gewissheit stellen, dass sie ihn nicht wollte.
    Aber wenn doch? Was war, wenn sie ja sagte, falls er jemals den Mut aufbrachte zu fragen?
    Scheiße. Pisse. Fuck. Er holte tief Luft und klopfte, ganz vorsichtig.
    Die Stille zog sich so lang hin, dass er gegen eine Welle der Verzweiflung ankämpfen musste. Im Haus brannte Licht; warum ging sie nicht an die Tür? Vielleicht hatte sie aus dem Fenster gespäht, während er hier gebibbert hatte, und wollte, nachdem sie ihren Besucher erkannt hatte, nicht mehr mit ihm sprechen. Verflucht, warum sollte sie das auch wollen? Er bedeutete ihr nichts; dafür hatte er verflucht noch mal selbst gesorgt, indem er jahrelang einen riesigen Bogen um sie gemacht hatte. Nie hatte er mehr als ein paar belanglose Nettigkeiten zu ihr gesagt, wenn er im Futtermittelladen war, und selbst das war nicht oft vorgekommen.
    Was zum

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