Im Schutz der Schatten: Roman (German Edition)
bleichen Wangen getrieben.
Im Kopfhörer hörte Irene, wie sich die Bosse begrüßten. Als sich auch die übrigen Teilnehmer ei nander vorstellten, war nur allgemeines Gemurmel zu hören. Nach einer Weile hörte sie dann Andy Maras etwas schrillere Stimme, die das Gemurmel übertönte:
»Danke, dass ihr trotz dieser ganzen üblen Ereignisse gekommen seid.«
»Klar. Und nur, dass du’s verdammt nochmal gleich weißt: Wir haben Danni nicht erschossen. Wir haben keinen Schimmer, wer es gewesen sein könnte.«
Das war Per Lindströms rauer Bass.
»Mein Beileid«, fügte er noch hinzu.
»Danke«, erwiderte Andy Mara lahm.
Einen Moment lang herrschte unsicheres Schweigen, dann fuhr er fort:
»Nehmt Platz. Wir sitzen hier, und ihr sitzt dort.«
Stühlerücken und allgemeines Gemurmel waren zu vernehmen, dann wieder Andys Stimme:
»Casim und Ali. Schenkt unseren Gästen ein, was sie trinken wollen.«
Wieder allgemeines Gemurmel und das Knallen von Champagnerkorken. Das Zischen von Dosen ließ vermuten, dass dem einen oder anderen ein Bier lieber war.
»Wir fangen mit dem Essen an«, sagte Andy Mara rasch.
Dieser Vorschlag fand allgemeine Zustimmung. Irene hörte das Klappern von Deckeln, als die Warm haltebehälter geöffnet wurden. Eine Stimme sagte: »Kartoffelschnitze sind ja okay, aber was sind das für verdammte Tannennadeln … Rosmarin … Scheiße!« Und: »Was? Keine Sauce béarnaise?« Zweifellos hatten Ali Reza und sein junger Kumpan Casim alle Hände voll zu tun, um die Gäste zufriedenzustellen.«
Als es an der Tafel wieder ruhiger wurde, sagte Andy:
»Ich rufe an, wenn ihr die Sachen wieder abholen könnt.«
»Okay. Der Nachtisch ist in der Kiste da drüben …«
Andy Mara fiel Ali Reza ins Wort:
»Wir kümmern uns drum.«
»Okay.«
Einen Augenblick später sahen die Beamten Reza und den als Kellner gekleideten Casim durch die Tür kommen. Flink sprangen diese in den Lieferwagen, der mit quietschenden Reifen davonfuhr. In einer Staubwolke verschwanden sie Richtung Åvägen. Die Fahrer der beiden Limousinen saßen in ihren Fahrzeugen und rauchten. Sie würdigten die beiden Lakaien keines Blickes. Ebenso konsequent ignorierten sie sich gegenseitig.
»Wir besprechen die Geschäfte, während wir essen«, entschied Per Lindström mit dröhnender Stimme.
Alle schienen zuzustimmen, und das Klappern von Besteck begleitete die Stimmen im Hintergrund. Andy Mara räusperte sich einige Male nervös und ergriff dann das Wort:
»Wie ihr wisst, hat mein Bruder Danni dieses Treffen anberaumt. Er wollte, dass wir Frieden schließen, damit wieder Ruhe einkehrt. Per, ich weiß, dass er dir gesagt hat, dass die Gangster Lions Patrik Karlsson nicht ermordet haben. Was für ein verdammt brutaler Mord! Davon distanzieren wir uns wirklich. Keiner von uns hatte persönlichen Ärger mit ihm. Wir wissen genauso wenig wie ihr. Und jetzt dieser Mord an meinem Bruder … wir … oder ich glaube, dass …«
Andy Mara legte eine Kunstpause ein. Die Beamten im Baucontainer sowie die Gangsterelite im Pravda hielten den Atem an. Instinktiv drückten die Beamten die Kopfhörer fester an die Ohren, um sich die Fortsetzung nur ja nicht entgehen zu lassen:
»… dass es eine dritte Gang gibt, die uns Ärger macht.«
Eine Weile herrschte Stille, während alle seine Worte verarbeiteten.
»Verdammt! Meinst du, dass eine andere Gang unsere Jungs auf dem Gewissen hat?«, rief Per Lindström.
Deutliche Skepsis schwang in seinen Worten mit, aber auch noch etwas anderes, als sei ihm dieser Gedanke doch nicht ganz fremd. Andy Mara räusperte sich und antwortete dann:
»In der Tat … glauben wir das.«
Per Lindström schien über die letzten Worte des neuen Gangster-Lions-Bosses nachzusinnen.
»Das würde die ganze Scheiße erklären! Wir werden verdammt nochmal in den Arsch gefickt … aber von wem?«
Auch die Zuhörer im Baucontainer hätten gerne eine Antwort auf diese Frage gewusst, obwohl ihnen klar war, dass Kazan und Fendi hinter dem Mord an Patrik Karlsson steckten. Dafür hatten sie jedoch nur Kazans mündliches Geständnis, sie brauchten mehr, um es beweisen zu können. Nun hofften sie, dass die Gangster Lions etwas herausgefunden hatten.
»Keine Ahnung«, antwortete Andy.
Die Enttäuschung war im Baucontainer genauso groß wie im Pravda.
»Will noch jemand einen Nachschlag?«, fragte Andy dann.
Da er nach dem Tod seines Bruders der Gastgeber war, musste er dafür sorgen, dass die Gäste zufrieden
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