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Im Stein

Im Stein

Titel: Im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Meyer
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darf auch nicht unterschätzen, wie viele Weiber heute auf eigene Rechnung ackern, also in großen Läden, FKK-Clubs, Nobelpuffs, Laufhäusern, wo dich keiner so einfach angraben kann.
    Ich hab meine Mädels früher immer aufgeteilt, zwei in ’n Puff, zwei auf die Straße. Also wenn ich vier Hühner auf der Stange hatte. Ich hatte nie ’n Großharem, da hätt ich ja gleich ’n Puff aufmachen können, aber nee, viel zu viel Arbeit, das ist nämlich ’n Schweinejob. ’n paar von den alten Kumpels sind in ’n Laden mit eingestiegen oder haben einen aufgemacht, manche sogar ’ne richtige Bar oder ’n Restaurant. Mit Bar oder Restaurant hatte ich auch ’ne Zeitlang überlegt, aber siehe oben. Ich meine, ich hatte ja wirklich viel verdient, die Mädels haben geackert wie blöd in den Neunzigern, die Claudi immer vorneweg. Da hatten wir ’n klasse Apartment in Dortmund, wo wir alle gewohnt haben, dann hatte ich noch ’ne Wohnung in Essen, da hatte ich die Melanie untergebracht, weil die mit den anderen nicht konnte, und später die Grit, und dann immer hin und her, ist jetzt nicht so, dass ich da gar keine Arbeit hatte. Im Gegenteil. Halt du mal ’ne Handvoll Mädels bei Laune. Gekommen sind die meisten immer von alleine. So ging das auch los, damals in den goldenen Achtzigern.
    Ich war ja kein Hüne oder kein Karate-Champ wie der U., den ich gut kannte. Der hat ja wie so viele an der Tür angefangen im Pott. Also in den damals berühmten Diskos. Klar, Sport war immer ein Thema, weil gut aussehen musst du ja schon, also körperlich.
    ’n Gesichtsquasimodo zieht natürlich die Bienen nicht an. Und ’n Körperklaus auch nicht, wenn ihr wisst, was ich meine. Obwohl, da gab’s den F. aus Schwerte, dem sein Gesicht war ’n einziges Unglück, wie in den Rasenmäher gekommen, aber eben gefährlich. Der war aber ’n Hüne. Ich eher so Marke Drahtesel. Also ohne Esel. War früher ’n Leichtathletik-Ass, aber immer schon gut und geschmeidig unterwegs, was die Keilerei betrifft. Hab mit dem U., also dem Karate-Champ, auch hin und wieder trainiert, aber Verein, nee, das war nicht meins. Jetzt meckert die Claudi immer rum oder macht sich lustig, wenn ich die ollen Geschichten auspacke. Gesichtsquasimodo und Körperklaus. Hab ja auch ordentlich zugelegt. Aber damals … Na ja, ich konnt sie echt kaum von der Backe kriegen, das muss achtundachtzig gewesen sein. Wollt ich ja auch gar nicht.
    Ich hab mich seit der Schule, also seit der zehnten Klasse, hab ja ’n ganz guten Abschluss gemacht, ja, ja, Realschule, eigentlich immer in den Diskos rumgetrieben. Sah da schon aus wie zwanzig oder so. Einer meiner besten Freunde hatte ’ne Bar, der war etliches älter als ich und kam aus derselben Siedlung in Bottrop, alte Arbeitersiedlung, wo ich groß geworden bin. Da hing immer die ganze Ludengarde rum. Und dem hab ich oft geholfen, also neben der Lehre, hab Raumausstatter gelernt, weiß gar nicht, ob’s das heute noch gibt, hab da mal im Lager und für die Jungs, also die Ludengarde, die da immer rumhing, dies oder das besorgt und geholt, und später, als ich die Fleppe hatte, bin ich auch für ihn und die ’n bisschen rumgefahren, hab die Mädels abgeholt, wenn die Jungs mal wieder einen im Tee hatten. Mein Chef, bei dem ich die Lehre gemacht habe, hat da immer bisschen komisch geguckt, wenn ich ’n Auftrag angeschleppt hab, für ’n Laden oder ’ne Wohnung.
    Ich hab die, muss ich ehrlich sagen, immer bewundert, von Anfang an bewundert. Die fuhren die geilsten Schlitten, klar, da hat man sich gesagt, so ’n Schlitten will man auch mal fahren. Und die hatten immer Zeit, also diese Jungs. Konnten jeden Abend in die besten Bars und Diskos gehen, die’s zu der Zeit gab im Pott. Die hatten die teuersten Lederjacken, Ledermäntel, Hugo Boss war da noch das Billigste, sag ich mal. Scheißteure Uhren, Klunkers, Ketten undsoweiter. Und nicht nur die geilsten Schlitten, die geilsten Schnitten. Na klar hat der kleine Randy da geguckt. Nur 1-a-Miezen. Ja, ich muss das so sagen, das war wie aus Tausendundeiner Nacht. Und die haben ’n Scheiß auf gar nichts gegeben. Die lebten in ihrer eigenen Welt. Und wenn mein Kumpel, also der die Bar da hatte, die Jalousien runterzog, ging’s da richtig ab. Weißes Gold und sowas, wenn ihr versteht. Und dann am Morgen, also irgendwann drei, vier, weiter in die Diskos. Und ihre Mädels klebten richtig an denen dran. Na klar, da hat der kleine Randy auch schon mal mitgekriegt, dass es mal

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