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Im Stein

Im Stein

Titel: Im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Meyer
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Hubschraubern auf ein privates Grundstück abseilen, Hunde erschießen, Hausfriedensbruch begehen, Türen eintreten, den Mann mit entsicherten Schnellfeuergewehren bedrohen …«
    »Es müssen ja gewisse Verdachtsmomente gegen ihn vorgelegen haben.«
    »Verdachtsmomente, aha. Andere Bürger werden vorgeladen. Und was wurde gefunden? Nichts. Wurde er inhaftiert? Nein. Am Ende konnte er, und das meine ich vollkommen ironiefrei, froh sein, dass er nur seine Hunde begraben musste. Es scheint mir, dass man als Mitglied der Engel GmbH elementare Rechte verliert in diesem Land.«
    »Inzwischen ist er zurückgetreten beziehungsweise hat den Vorsitz der Niederlassung abgegeben. War das ein taktischer Schachzug, um die GmbH und sich selbst aus der Schusslinie zu nehmen, die Geschäfte anderweitig weiterzuführen? Er besitzt oder besaß ja, ähnlich wie du, mehrere Läden im Rotlichtbezirk der Stadt H.«
    »Spielst du Schach?«
    »Nicht besonders gut.«
    »Dann wäre es vielleicht sogar möglich, dass ich dich schlage, denn auch ich spiele leider nicht besonders. Habe zu spät angefangen. Habe mir vor kurzem aber ein Schachprogramm zugelegt. Lernen, lernen, nochmals lernen …«
    »Lenin?«
    »Ich habe die Roten nie gemocht, wie du dir denken kannst. Dogmatiker. Spießer. Halbe Faschisten. Schach und der Boxsport haben einige bemerkenswerte Gemeinsamkeiten.«
    »Dann ist dein eigener Rücktritt also kein …, wie soll ich sagen …, keine Maßnahme, um deine Geschäfte in Ruhe zu betreiben, der gewisse P. nicht nur ein Strohmann, während du in Ruhe hinter den Spiegeln …«
    »Du schaust zu viele Filme, mein Freund. Und damit meine ich nicht die Dokus auf NTV. Du kennst einen der Leitsprüche der Engel …«
    »Einmal Engel, immer Engel?«
    »Fast. Engel für immer, für immer Engel.«
    »Ist es für dich als Ex-Präsident einfacher, das große Geschäft mit der ehemaligen Burg zu tätigen?«
    »Welches große Geschäft? Und welche Burg? Burg bei Magdeburg? Oder Burg bei Chemnitz? Ich tätige dort keine Geschäfte.«
    »Also ist es nur ein Gerücht, dass du die leerstehende Immobilie der ›Love-Burg‹, die damals der Bielefelder und dieses Konsortium eröffnet haben, ich habe den Namen dieser Organisation jetzt vergessen, ist aber ja auch schon fast zwanzig Jahre her, also dass du dort eine Art Nobelbordell eröffnen willst? Und dass der Bielefelder paradoxerweise einer deiner Geschäftspartner bei dem Vorhaben ist?«
    »Ich würde sicher keine Geschäfte mit ihm machen. Er hat den Laden schließlich über die Jahre runtergewirtschaftet. Die Burg, die ›Love-Burg‹, was für ein bescheuerter Name …«
    »Ich kann dir hier jetzt kein Ja oder kein Nein entlocken?«
    »Entlocken kannst du mir gar nichts. Wir unterhalten uns nur, plaudern nur ein bisschen.«
    »Dann lass uns doch noch ein bisschen über die momentane Situation hier in der Stadt plaudern …«
    »Ich fand es wesentlich angenehmer, mit dir über die alten Philosophen zu sprechen. Boxen, Schach, Musik, die virtuellen Welten …«
    »Fußball vielleicht? Da hattest du ja früher gute Kontakte zur Fanszene in Berlin …«
    »Berlin ist groß. Lassen wir doch diese alten Geschichten. Damals, also in der Zone, war es ein Aufbegehren gegen den Staat …«
    »A., der hier in der Stadt den Bereich der Wohnungsprostitution abdeckt, aber darüber sprachen wir ja schon …«
    »Nein. Nicht dass ich wüsste.«
    »Wir hatten aber doch die alte Aufteilung des Marktes kurz gestreift.«
    »Streifschuss oder was? Worauf wolltest du hinaus?«
    »Na ja …, dass es auffällt, dass er, also AK, was die Biographie betrifft, dass es da durchaus Ähnlichkeiten gibt.«
    »Das sehe ich nicht so.«
    »Zumindest was die Fußballsache, die Hooliganszene betrifft …«
    »Diesen Begriff gab es damals noch nicht einmal. Ihr seht die Dinge immer schwarz-weiß, ihr differenziert nicht genug. Und meinst du, ein Mann studiert jahrelang Jura oder Wirtschaft und übernimmt oder eröffnet ein Bordell oder einen Club oder vermietet Objekte an Dienstleisterinnen?«
    »Hin und wieder kommt das wohl vor. A. hat auch in BWL gemacht, soweit ich informiert bin.«
    »Ja, später. Er ist aber nicht von der Uni oder der Fachhochschule und hat dann beschlossen, diesen Geschäften nachzugehen. Natürlich gibt es Ausnahmen. Wie diesen Ex-Juristen in Österreich. Und es gibt keine manifestierten Regeln, um in diesem Marktsegment erfolgreich zu arbeiten, zu unternehmen. Aber es erfordert

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