Im Sturm der Herzen
Kniekehle. »Warum?«
»Weil ich etwas Schlaf brauche und jetzt weiß, dass ich dir nicht trauen kann. Los, aufs Bett mit dir.«
Sie schüttelte nur den Kopf.
Jake ging zur Kommode hinüber und machte die oberste Schublade auf, in der ein aufgerolltes Seil lag. Er wickelte ein Stück ab, durchtrennte es mit einem Taschenmesser und ging auf sie zu. Sie am Arm nehmend, knotete er das eine Ende um ihr Handgelenk, das andere um sein eigenes.
»Was machst du da?«
»Wie gesagt, ich gehe ins Bett.« Jake schwenkte sie durch den Raum, warf sie auf das Bett und streckte seinen langen Körper neben ihr aus.
Überzeugt , dass er sich ihr diesmal aufzwingen würde, wappnete Allie sich, so gut es ging. Doch stattdessen machte er die Nachttischlampe aus und schob sich das Kissen hinter dem Kopf zusammen.
»Du solltest auch etwas schlafen«, sagte er unwirsch und drehte sich ein wenig von ihr weg auf die Seite.
Starr und misstrauisch lag Allie neben ihm, stierte in die Dunkelheit und wartete auf seinen nächsten Schachzug. Doch ein paar Sekunden später fiel ihr auf, wie gleichmäßig sein Atem ging, und sie begriff, dass er eingeschlafen war.
Zur Hölle! Sie lag hellwach da, angekettet wie eine Gefangene - was sie schließlich auch war - und dieser groß gewachsene Idiot schlief einfach ein! So viel zum Thema, Jake Dawson Angst einzujagen.
Sie starrte an die Decke, wartete, dass ihr Herzschlag sich beruhigte, und kämpfte gegen die aufkommende Erschöpfung an.
Würde sie es wagen einzuschlafen? So hypnotisch, wie das Boot in seinem schaukelnden Rhythmus durch die Wellen pflügte, und mit den Maschinen, die tief unter Deck schnurrten, wurden ihr die Lider schwer. Sie versuchte zu vergessen, dass neben ihr ein Mann lag, der jeden Moment erwachen und Gott weiß was tun konnte.
Stattdessen dachte sie an Chrissy und wie sehr ihr die Freundin fehlte. Sie dachte an ihre Eltern, die in San Marco lebten, einer kleinen Stadt nördlich von San Diego, und fragte sich, wann sie wohl anfangen würden, sich Sorgen um sie zu machen. Sie fragte sich, ob sie sie je wiedersehen würde, ob sie Barb und ihre anderen Freunde je wiedersehen würde und ob wohl irgendwer daran dachte, Whiskers zu füttern, ihre kleine rot gescheckte Katze.
Sie wünschte sich, sie wäre keine solche Närrin gewesen, wünschte sich, sie hätte auf Barb gehört, wünschte sich, zu Hause in San Diego zu sein. Und dann weinte sie lautlos, bis sie schließlich einschlief.
Ein paar Stunden später wachte sie auf, das Handgelenk ans Kopfende des Betts gebunden, das Seil nur herumgeschlungen, nicht einmal richtig verknotet. Jake Dawson war fort und tat am Ruder seine Pflicht, während es noch nicht einmal dämmerte. Eine eisige Ruhe überkam sie. Sie war immer noch am Leben, immer noch unbeschadet. Und sie war nicht der Typ, der kampflos aufgab.
Früher oder später, schwor sie sich, würde sie eine Fluchtmöglichkeit finden.
Als Jake seine Schicht beendet hatte und in die Kajüte zurückkehrte, fand er Allie schlafend auf dem Stuhl vor, die Beine unter sich eingeschlagen, den Kopf nach vorn geneigt. Sie war ein hübsches kleines Ding, mit weichen, femininen Gesichtszügen und großen blauen Augen. Er lächelte, als er an das Pfefferspray, die Messer und den Schraubenzieher dachte. Nicht schlecht. Bobby und Luis wären vielleicht sogar auf sie hereingefallen.
Was tust du, wenn eine Blondine mit einer Haarnadelnach dir wirft? Renn weg wie ein Wahnsinniger - denn sie hat eine Handgranate im Mund!
Er lachte vor sich hin und fragte sich wieder, wie man so viel Pech haben konnte, ausgerechnet auf diesem Boot zu landen. Es bestand natürlich die Möglichkeit, dass sie für Baranoff arbeitete, ein zusätzliches Paar Augen und Ohren für seinen Auftraggeber, aber das glaubte er nicht. Baranoff hätte damit gerechnet, dass die Männer sich ihrer bedienten, und sie sah nicht im Geringsten so aus, als sei sie an so etwas gewöhnt.
Jake streifte die Segelschuhe ab, entkleidete sich bis auf die Jeans und legte sich aufs Bett. Er erwog, sie wieder festzubinden, aber sein Schlaf war leicht, und es war schon fast Morgen. Er schlief noch ein wenig, erwachte um Viertel vor sieben und stand auf. Als sie ihn herumlaufen hörte, schoss Allie aus dem Schlaf hoch und rutschte noch ein Stück tiefer in den Stuhl.
Jake ignorierte sie. Er ging ins Badezimmer, entledigte sich seiner restlichen Sachen und trat unter die Dusche. Allie saß immer noch auf ihrem Stuhl, als er frisch
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