Im Sturm erobert
Vordringen.
»Wir müssen jetzt unter der Straße sein.« Leo hielt die Laterne hoch und sah sich interessiert um. »Nach der Bauart würde ich sagen, daß dieser Gang mehrere hundert Jahre alt sein muß.«
»Ich glaube, er ist seit sehr langer Zeit nicht mehr benutzt worden, bis ich und Mr. Saltmarsh ihn neulich betreten haben. Der Staub und der Dreck auf dem Boden schien völlig unberührt.«
Sie spähte den Gang entlang. »Da vorne links.«
Sie gingen durch den angesammelten Unrat der Jahre, folgten den Drehungen und Windungen des steinernen Korridors. Leo mußte leicht gebückt gehen, um sich nicht den Kopf an der niedrigen Decke anzustoßen.
Zweimal hörte Beatrice das Rascheln aufgescheuchter Ratten, aber das Geräusch machte ihr diesmal nicht soviel aus wie in der Gasse. Sie hatte ihre Nerven im Griff.
Sie folgte Leo um eine Biegung und wäre fast gegen ihn geprallt.
»Was ist denn?« Sie war verärgert, weil ihre Stimme so atemlos klang. Dann sah sie das große Viereck undurchdringlichen Schattens an der Wand. »Da ist es. Das ist der Eingang. Er führt direkt in den Lagerraum.«
»Ich seh ihn.« Leo ging rasch darauf zu. Vor der Öffnung blieb er stehen und hob die Laterne, um den verdunkelten Raum auf der anderen Seite der Wand auszuleuchten. »Interessant.«
Beatrice stellte sich neben ihn. Beim Anblick des Lagerraums brandete eine neue Welle von Unruhe über sie. Sie verkniff sich die Warnung, die ihr auf den Lippen lag. Es bestand keine Veranlassung, Kassandra zu spielen. Sie konnte nicht einmal beschreiben, was genau sie an diesem Raum so ungeheuer beunruhigte.
»Ich geh zuerst.« Leo streckte den Arm durch die Öffnung und stellte die Laterne auf die hohe Vitrine.
Beatrice beobachtete, wie er zuerst ein Bein und dann das andere über den Rand der Öffnung schwang. Ein paar Sekunden später kauerte er auf dem Dach der Vitrine, die unter seinem Gewicht erbebte. Sie hörte ein bedrohliches Knarzen. »Warte, bis ich unten auf dem Boden bin, bevor du nachkommst«, sagte Leo. »Ich bin mir nicht sicher, ob diese Vitrine uns beide tragen wird.«
Er stemmte seine Hände gegen die Oberfläche und sprang dann von seinem gefährlichen Hochsitz herunter, drehte sich um und beobachtete, wie sie durch die Öffnung kletterte. Beatrice unterdrückte den ungeheuren Widerwillen, der an ihr nagte, und kletterte auf den Schrank. Leo streckte die Arme aus und hob sie herunter.
Die unheimliche Atmosphäre hatte sich nicht geändert. Sie brandete in unsichtbaren, bösen Wellen über sie hinweg. Aber zu wissen, daß sie diesmal nicht gefangen war, machte es leichter, sich dagegen zu wehren.
Sie drehte sich langsam auf dem Absatz und spürte, daß diese Wellen von mehreren Quellen im Raum ausgingen. Einige Stellen des Zimmers schienen dunkler als andere. Eine Vitrine speziell, eine vergoldete Monstrosität, die mit einem schweren Metallbrocken gesichert war, pulsierte mit besonders heftigen Schwingungen.
Leo schien die Atmosphäre überhaupt nicht zu tangieren. Er schlenderte zu einer Tischvitrine und betrachtete die Ansammlung kleiner Figuren, die darin lagen.
»Faszinierend«, murmelte er.
»Was ist das?«
»Einige Relikte aus ägyptischen Gräbern. Echt, glaube ich.« Er ging zu einer anderen Vitrine und studierte die alten Folianten darin. »Das ist also der Ort, wo er die echte Sammlung aufbewahrt hat.« »Wer? Trull?«
Leo untersuchte eine Reihe von grimmig aussehenden Masken. »Ich hab dir gesagt, daß ich das Etablissement früher ein oder zweimal besucht und in den Räumen oben nichts als Fälschungen und Kopien gefunden habe.«
»Aber die Antiquitäten in diesem Raum sind echt, sagst du?«
»Wie es scheint. Wenn die Ringe oder die Statue irgendwo in diesem Museum sind, dann, denke ich, werden wir sie hier in diesem Raum finden.«
»Ich hoffe, du hast recht.«
Er streckte die Hand aus und strich über die Oberfläche eines antiken Gefäßes. »Es ist schade, daß wir heute nacht nicht mehr Zeit haben.«
»Ehrlich gesagt, ich sehe nichts, das mich interessiert«, sagte Beatrice. »Machen wir uns an die Arbeit. Wir haben nicht die ganze Nacht, weißt du.«
Leo warf ihr einen Blick zu. »Bist du in Ordnung?«
»Ja, natürlich. Warum fragst du?«
Er runzelte die Stirn. »Du bist so angespannt.«
»Ich möchte das gerne hinter mich bringen.« Sie machte ein paar Schritte auf die Vitrine zu, die er gerade inspiziert hatte, warf einen nervösen Blick auf die Bücher darin und sah dann hastig
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