Im Sturm erobert
wieder weg. Mit diesen Büchern war definitiv etwas faul, aber sie konnte nicht sagen, was sie daran beunruhigte. »Wo sollen wir anfangen?«
Leo drehte sich langsam um die eigene Achse und sah sich den Raum an. »Wenn die Statue hier ist, wird sie in einem der größeren Schränke sein. Wir fangen einfach auf dieser Seite des Zimmers an und arbeiten uns dann bis zur Öffnung in der Wand durch.«
Er ging zu dem nächstgelegenen der großen Schränke, holte eine schmale Nadel aus seiner Sammlung von Einbruchswerkzeug und machte sich an die Arbeit. Beatrice konnte nicht umhin, sein Geschick zu bewundern.
»Du bist wirklich sehr geschickt bei so etwas«, sagte sie.
»Was für ein Glück für die Gesellschaft, daß du nicht versucht warst, eine Karriere als Juwelendieb anzufangen.« »Mein Großvater hat immer gesagt, die Welt wäre ein unsicherer Ort und ein Mann müßte mehr als ein Möglichkeit haben, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ah, das hätten wir.«
Leo öffnete vorsichtig die Schranktür. Das Laternenlicht fiel auf mehrere Regale, die mit großen, kompliziert geformten Vasen bestückt waren. »Erstaunlich.«
»Was sind das?«
Leo untersuchte die Bilder, die auf den Vasen eingeritzt waren. »Wenn ich mich nicht irre, sind das Gegenstände, die einst von einem kleinen römischen Kult benutzt wurden, der bestimmte Götter verehrte, die mit der Unterwelt assoziiert werden. Meinen Studien nach glaubten die Mitglieder dieses Kultes, sie könnten mit den Schatten ihrer toten Verwandten durch die Rituale kommunizieren, die ihr Anführer vorschrieb.«
Beatrice kam der Gedanke, daß Leo wahrscheinlich ohne weiteres mehrere Stunden damit verbringen könnte, den Inhalt jedes Schranks zu untersuchen. Sie mußte ihn in Bewegung halten. »Ich sehe keine Spur von einer Aphrodite da drin. Und Ringe auch nicht. Mach den nächsten Schrank auf.«
Leo schloß widerwillig die Tür und öffnete den nächsten Schrank.
Gedrängt von Beatrice, arbeitete er sich rasch durch den Raum. Ein Schloß nach dem anderen fiel unter der Attacke seines Dietrichs. Aber in keinem Schrank waren eine Göttin oder die Ringe zu finden.
»Wir haben möglicherweise unsere Zeit vergeudet.« Leo machte sich an das Schloß des gewaltigen Schrankes unter dem Eingang zum Geheimgang. »Wenn bei diesem Unternehmen nichts rauskommt, bleibt uns nur noch ein Weg: den neuen Besitzer dieses Hauses zu finden und zu sehen, ob er uns etwas Brauchbares erzählen kann.«
Mit einem deutlichen Klicken gab das Schloß nach. Leo ließ den Dietrich in seine Manteltasche gleiten und öffnete die Schranktüren.
Das Laternenlicht fiel auf eine Figur, die aus einer seltsamen grünen Substanz geformt war und metallisch glänzte. Beatrice starrte sie wie hypnotisiert an. »Leo, das ist die Aphrodite des Alchimisten. Das muß sie sein.«
Die Göttin starrte mit rätselhafter Gelassenheit in den Raum. Erstarrte Wellen brandeten unter ihren bloßen Füßen. Ihr Haar ergoß sich wie ein Wasserfall über ihren Rücken.
»Es ist eine Aphrodite.« Leo studierte die Figur eindringlich. »Aber nicht notwendigerweise die richtige.«
»Es muß die richtige sein.« Beatrice trat hastig vor. »Das hat Onkel Reggie immer wieder zu Trull geführt. Er muß sie bis hierher verfolgt haben.«
Ein scharfes Krachen von Holz auf Stein unterbrach Leo, bevor er antworten konnte.
»Verfluchte Hölle«, sagte er leise. Er sah vorbei an Beatrice zu der Treppe, die in den oberen Stock des Museums führte. Beatrice wirbelte herum und entdeckte einen Lichtkegel auf den Treppen. Er wurde rasch größer und enthüllte zwei Gestalten. Die Laterne, die einer von ihnen hielt, brannte so grell, daß es unmöglich war, die Gesichter in den Schatten dahinter zu erkennen.
Aber die Pistole, die einer der Männer in der Hand hielt, war unverkennbar. Und es war auch nicht schwer, die Stimme der Person, die sie hielt, zu erkennen.
»Also habt Ihr endlich den Weg in Trulls Spezialraum gefunden, Monkcrest. Ich hab Euch gesagt, es wäre ein sehr inspirierender Ort für einen Autor. Hatte ich nicht recht, Mrs. Poole?«
»Mr. Saltmarsh«, flüsterte Beatrice. »Was macht Ihr hier, Sir?« »Dasselbe wie Ihr, meine Liebe«, sagte er fröhlich. »Wie ich sehe, habt Ihr auch unser Luder von Göttin gefunden. Siehst du, Sibson. Ich hab dir gesagt, daß sie irgendwann auftauchen werden. Geduld war alles, was vonnöten war.« »Verdammt.« Der dürre Mann mit der Laterne tappte rasch die Treppe hinunter. Er
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