Im Sturm erobert
wären. Im Hinblick auf die Göttinnen habe ich ihm zugestimmt. Aber ich bin überzeugt, wenn ich gezwungen bin, noch eine weitere Landschaft oderein weiteres Bild eines Heiligen in wallenden Roben, umgeben vom molligen Cherubim anzusehen, werde ich wahrscheinlich vor Langweile sterben.
Morgen wird es zweifellos weit interessanter werden. Wir haben einen Gentleman aus England kennengelernt, Mr. Hendricks, der sich für einige Zeit in Italien niedergelassen hat. Er ist ein Mann der Wissenschaft und hat uns zu einer Führung durch sein Labor eingeladen. Er hat versprochen, daß wir mehrere Experimente mit seiner Brennlinse durchführen werden. Wenn es die Zeit erlaubt, dürfen wirseine Elektrizitätsmaschine benutzen, um tote Frösche zum Leben zu erwecken.
Mr. Hendricks hat gütigerweise auch angeboten, uns ein nahegelegenes Feld zu zeigen, wo direkt aus dem Boden entflammbare Dämpfe aufsteigen. Es liegt in der Nachbarschaft eines Vulkans, und Mr. Hendricks glaubt, es könnte eine Verbindung geben.
Leo lächelte reumütig. Einige Väter mußten sich Sorgen machen, daß ihre Erben in die Arme einer unpassenden Frau geraten könnten. Carlton dagegen war von den Wundern der Wissenschaft hingerissen. Vielleicht war der Unterschied am Ende gar nicht so groß, dachte er, denn beide hatten die Macht, zu faszinieren und zu verzaubern, beide konnten einen Mann ein verdammtes Vermögen kosten. Carlton würde zweifellos eine eigene Brennlinse kaufen wollen, wenn er von seiner Tour zurückkehrte.
»Schau einer an, Monkcrest, seit Ihr das?« Ein dicker, älterer Mann mit buschigen grauen Brauen und stattlichen Koteletten blieb vor Leos Stuhl stehen. »Ich habe gehört, daß Ihr in der Stadt seid.«
»Tazewell.« Leo faltete Carltons Brief zusammen und steckte ihn in die Tasche. Er warf noch einen Blick auf die große Uhr. Wurde auch Zeit, dachte er. Fast hatte er den Baron schon aufgegeben. »Wie geht’s der Gicht?«
»Ich habe meine guten und meine schlechten Tage.« Lord Tazewell ließ sich vorsichtig in einem Stuhl nieder und legte seinen geschwollenen Knöchel auf einen kleinen Hocker. Er musterte grimmig seinen Fuß. »Hab mir einen neuen Arzt besorgt. Hat mich auf eine Essig-Tee-Diät gesetzt. Eklige Kombination.«
»Klingt unangenehm.« Leo hoffte, daß seine Miene mitfühlend wirkte.
Der Baron war einer der jüngeren Bekannten seines Großvaters gewesen. Trotz der zwanzig Jahre Altersunterschied hatten die beiden das Interesse für die Wissenschaft des Gartenbaus geteilt. Leo erinnerte sich an Tazewell und seinen Großvater, wie sie gemeinsam Pflanzen begutachteten.
Leo erinnerte sich auch daran, daß Tazewell zu endlosen Litaneien von Krankheiten und Zipperlein neigte. Der Baron wechselte die Ärzte wie andere Leute ihre Kleidung. Er war immer der erste, der die neueste Quacksalber-Medizin versuchte und die neuesten Tränklein kostete. Wenn jemand den geheimnisvollen Dr. Cox kannte, dann Tazewell.
»Weiß nicht, ob ich das mit dem Essig und dem Tee noch lange mache«, vertraute ihm Tazewell an. »Sehe nicht, daß es mir sonderlich guttut. Hab gehört, daß es einen neuen Doktor in der Stadt gibt, der erstaunliche Erfolge durch den Einsatz von Magneten hat.«
»Habt Ihr schon einen Apotheker oder einen Kräuterkundler konsultiert?« »In der Tat, in der Tat.« Tazewell stürzte sich mit Freuden auf das Thema seiner Gesundheit. »War schon bei einer Reihe von Apothekern. Scharlatane und Quacksalber, der ganze Haufen. Manchmal glaube ich, daß einzig nützliche, was sie verkaufen, ist Laudanum.«
»Ich habe von einem gewissen Dr. Crock gehört«, sagte Leo. absichtlich vage. »Oder war es Cox? Comb vielleicht. Ich kann mich nicht genau erinnern. Aber ich glaube, man sagte mir, er würde sehr nützliche Kräutermedizin verkaufen.« »Cox?« Tazewell schnaubte verächtlich. »Ich hab ihn vor ein paar Monaten konsultiert. Aber er hat mir klar gesagt, daß er mir nicht helfen kann. Ist spezialisiert auf die Behandlung von Impotenz. Heutzutage beschäftigt mich dieses spezielle Problem nicht mehr sonderlich.«
Leo stützte seine Ellbogen auf die Stuhllehnen und verschränkte seine Finger. Er streckte die Beine aus und fixierte die Spitze seiner Stiefel. »Ich hab einen Freund, der genau an diesem Problem leidet. Ich frage mich, ob Dr. Cox ihm helfen könnte.«
Tazewells buschige Augenbrauen zogen sich zusammen. »Kann nicht schaden, es zu versuchen, denk ich.«
»Habt Ihr zufällig die Adresse dieses
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