Im Sturm erobert
genoß, ist es unwahrscheinlich, daß Madame Tugend den wahren Wert der Ringe erkannt hätte.« »Was uns zu einem sehr interessanten Punkt bringt«, sagte Beatrice. »Könnt Ihr die Ringe beschreiben.«
»Nein. Ich habe in meiner Bibliothek recherchiert, bevor wir aus Devon abreisten. In der Legende gibt es einige Beschreibungen der Statue, aber keine der Ringe.«
»Was, wenn Madame Tugend einfach zwei wertvoll aussehende Schmuckstücke in der Kleidung meines Onkels entdeckt hat und beschloß, sie zu stehlen«, sagte Beatrice hartnäckig.
Leo warf einen Blick den Weg hinunter, auf dem die schwarze Kutsche verschwunden war. »Selbst wenn wir spaßeshalber sagen, sie hätte die Ringe genommen, gibt es nur eines, was sie damit getan hätte.«
»Und das wäre?«
»Sie hätte sie verkauft«, erwiderte Leo. »Und die Gerüchte von solch einem Verkauf wären wie ein Lauffeuer durch alle Antiquitätenläden Londons kursiert. Ich hätte sie in der Sekunde meiner Ankunft in London gehört.«
»Ja, natürlich.« Beatrice sagte nichts mehr. Ihre Miene wurde nachdenklich.
Leo runzelte die Stirn, als das Schweigen nicht enden wollte. »Woran, zum Teufel, denkt Ihr jetzt?«
»Ihr sagtet, Ihr hättet angeboten, Madame Tugend Informationen abzukaufen.«
»Und warum nicht? Ich habe immer wieder festgestellt, daß dies der einfachste Weg ist, um diese spezielle Ware zu bekommen.«
»Das bezweifle ich nicht, Mylord. Aber mir kommt der Gedanke, daß wir, bevor diese Angelegenheit beendet ist, in die Lage kommen könnten, zu versuchen, die Ringe zu kaufen, von wem auch immer, der sie gerade im Besitz hat.«
»Und?«
Sie kniff die Augen zusammen. »Diese spezielle Möglichkeit haben wir nicht besprochen. Ihr habt gesagt, Ihr würdet gut für die Ringe bezahlen, aber wir haben nie in Betracht ge-zogen, daß Ihr möglicherweise zweimal für sie bezahlen müßt.«
»Zweimal?«
»Einmal, um sie demjenigen abzunehmen, der sie jetzt besitzt, und einmal, um Arabellas Mitgift wieder aufzustocken.«
Ihm wurde klar, daß sie fürchtete, er würde ihre Abmachung leugnen, wenn er zweimal für die Ringe bezahlen müßte. Die Erkenntnis, daß sie ihm nicht vollkommen vertraute, machte ihn zornig.
»Mrs. Poole, wir haben eine Vereinbarung getroffen. Ich bin bereit, zu zahlen, was immer notwendig ist. Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt.«
»Oh.«
»Ist das alles, was Ihr zu sagen habt, nachdem Ihr meine Ehre beleidigt habt.«
Sie errötete. »Ich hatte nicht vor, etwas Derartiges zu tun, Mylord.«
»Nichtsdestotrotz betrachte ich mich als ernsthaft beleidigt.«
Ihre Brauen schossen nach oben. »Was werdet Ihr tun? Mich fordern?«
»Ich habe da eine befriedigendere Lösung.«
»Und die wäre?«
»Werdet Ihr morgen abend mit mir ins Theater gehen?«
»Ins Theater?«
Aus irgendeinem Grund ärgerte ihn der überraschte Ausdruck in ihren Augen mehr als ihr Mißtrauen. Anscheinend war ihr die Möglichkeit, ihm zu gestatten, sie einen Abend auszuführen, nie in den Sinn gekommen.
»Ich habe eine Loge für die ganze Saison, obwohl ich sie nur selten benutze«, sagte er. »Eure Tante und Eure Cousine würden uns natürlich begleiten.«
»Das ist sehr gütig von Ihnen.« Ihre Augen strahlten. »Tante Winifred und Arabella werden hocherfreut sein.«
Er hatte schon den Mund offen, um ihr zu sagen, daß er diese
Einladung nicht nur ausgesprochen hatte, um ihre Verwandtschaft zu erfreuen. Aber eine Bewegung, die er aus dem Augenwinkel sah, ließ ihn vergessen, was er hatte sagen wollen.
Es war nur eine kleine Erschütterung in den Bäumen, ein winziges Flattern von Blättern. Aber heute gab es keine Brise. Die Luft war absolut reglos.
»Verflucht.« Seine Hände packten Beatrice’ Schultern und rissen sie an sich. »Küß mich!«
Ein seltsamer Ausdruck ließ ihre Augen erstrahlen. »Ich finde wirklich nicht, daß dies der richtige Ort und die Zeit sind, Mylord. Wir hatten vereinbart, unsere Verbindung auf geschäftlicher Ebene zu halten - mmpf.«
Beatrice erstarrte, als sein Mund sich über ihrem schloß, und dann schmolz sie dahin. Einen Moment später legten sich ihre Arme um seinen Hals.
Leo beobachtete den blattverhangenen Hain, während er sie küßte. Wieder ging ein Zittern durch die Äste. Dann erhaschte er einen Blick auf eine dunkelbraune Kappe und einen Hemdsärmel.
Leo riß sich los. »Dieses Schwein.«
»Was, in aller Welt...?« Beatrice stolperte, als er sie beiseite stieß.
Leo stürmte an ihr vorbei in
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