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Im Tal der bittersüßen Träume

Im Tal der bittersüßen Träume

Titel: Im Tal der bittersüßen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einer Hitze, die das Knochenmark pulverisieren konnte, fanden Paddys berittene Suchtrupps den verschollenen Pierre Porelle.
    Er saß in dem obersten Peyotlfeld in voller Sonnenglut. Man hatte ihn an eine der großen Kakteen gebunden, nachdem man ihn anscheinend mehrmals über die Stacheln gewälzt hatte.
    Porelle sah fürchterlich aus. Aber er lebte noch.
    Wer ihn so zugerichtet hatte, konnte man noch nicht herausfinden. Er war unfähig zu sprechen, seine Zunge hing dick geschwollen und blau aus dem Mund, die einst so schönen funkelnden Augen quollen aus den Höhlen, das zarte Gesicht war, wie sein entblößter Oberkörper, von den Kakteenstacheln zerstochen. Hunderte dieser langen, spitzen Stacheln steckten in seinem Fleisch, die Einstichstellen begannen sich zu entzünden. Das einzige, was er mühsam lallen konnte, war »Wasser! Wasser!«
    Fluchend ließ Paddy ihn mit Wasser übergießen, aber er hütete sich, die Stacheln aus dem Körper zu ziehen. Auf jede Frage antwortete PP nur »Wasser!« Er schien völlig geistesabwesend zu sein, nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich zerstört.
    Paddy reimte sich die Tragödie zusammen. Die Indios hatten Porelle nicht zur Hacienda gebracht, sondern waren mit ihm in die Berge geritten, sie hatten den Ahnungslosen überwältigt und dann auf indianische Art gefoltert.
    »Ich werde das ganze Dorf ausräuchern!« brüllte Paddy. »Porelle, hören Sie mich? Ich werde Santa Magdalena pulverisieren! Sie stecken alle unter einer Decke. Jeder ist dort schuldig! Aber sie unterschätzen mich! Sie unterschätzen mich alle! Jetzt läuft das Faß über!«
    »Wasser!« stöhnte Porelle. Man hatte ihn auf ein Pferd gehoben. Dort hockte er jetzt wie ein Igel, ein Capatazo saß hinter ihm im Sattel und hielt ihn fest. »Wasser …« Er trank wie ein Schlauch. Dann begann er zu wimmern. Mit der Rückkehr des Verstandes kamen auch die Schmerzen. Paddy beugte sich zu ihm hinüber.
    »Waren es die beiden Indios? Pierre! Waren es die Eseltreiber?«
    Porelle starrte Paddy aus leeren Augen an. Und dann sagte er etwas Sensationelles: »Nein! Es waren Mexikaner …«
    »Mexikaner?« Paddy schnaufte. Sein breites Gesicht rötete sich gefährlich. »Porelle, das ist ein Irrtum! Hier gibt es nur Mexikaner, die in meinen Diensten stehen. Sie müssen sich irren!«
    »Nein!« Porelle schwankte und knirschte mit den Zähnen. Die Stacheln in dem entzündeten Fleisch brannten höllisch. »Es waren Mexikaner. Ihre Leute, Paddy!«
    »Das werden wir nachprüfen!« Paddy blickte seine Capatazos an. Ihre gelblich-braunen Gesichter wirkten wie Masken. »Tausend Dollar für den, der mir einen Tip gibt!«
    Die Mexikaner schwiegen. Ihr Leben war ihnen mehr wert als lumpige tausend Dollar.
    Eine halbe Stunde später klingelte im Hospital wieder das Telefon.
    Dr. Högli nahm Evita den Hörer ab. Er war gerade aus dem OP gekommen, wo er bei der Frau mit den starken Blutungen einen Eingriff hatte vornehmen müssen. Es stellte sich heraus, daß sie eine perforierte Zyste gehabt hatte. Die Operation hatte ihr das Leben gerettet; der Indio, ihr Mann, hatte sich vor Dr. Högli auf die Knie geworfen, seinen blutbefleckten OP-Mantel geküßt und geschworen, künftig nur noch für den großen Doktor zu leben.
    »Paddy ist am Apparat«, sagte Evita. »Und so kleinlaut, als habe er ein Pflaster vor dem Mund.«
    Dr. Högli lächelte grimmig und lehnte sich gegen die Wand. »Was gibt es, Mr. Meskalin?« fragte er. »Kneifen Ihre Burschen wieder die Leitung zusammen? Gestern war sie nach unserem Gespräch wieder tot. Ein paar Indios sind auf Suche gegangen, aber sie haben die Bruchstelle nicht gefunden. Ich nehme an, Sie schnippeln an der Leitung kurz vor Nonoava herum.«
    »Lassen wir das«, sagte Paddy friedlich. »Doktor, ich brauche Sie dringend!« Seine Stimme war rauh. »Kommen Sie bitte sofort zu mir.«
    »Nein!«
    »Mensch, ich rufe einen Arzt! Ich brauche einen. Man hat Porelle grausam mißhandelt. Wenn ihm kein Arzt hilft, geht er hinüber!«
    Dr. Högli blickte an die niedrige, gekalkte Decke. »Ich komme«, sagte er.
    »Danke. Ich wußte es, Doktor.«
    »Gegen fünfhundert Liter Wasser.«
    »Das ist Erpressung, Doktor! Das ist eines Arztes unwürdig!«
    »Das müssen Sie mir sagen, Paddy?«
    »Gut! Fünfhundert Liter, Sie Messias!«
    »Ich bin in zwanzig Minuten bei Ihnen.«
    Evita legte den Hörer auf die Gabel. Ihre Augen waren verschattet vor Angst.
    »Du willst wirklich zu Paddy?«
    »Ich muß. Ein Verwundeter

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