Im Tal der Mangobäume
hineinhalf und anschließend dem Fahrer die Adresse gab. Dann ging er zurück zu Rivadavia, der blass und verwirrt aussah.
Das mindeste, was sie tun könnte, wäre, ihrem Vater zur Seite zu stehen, dachte er wütend, aber das war typisch Rosa, selbstsüchtig wie eh und je. War es etwa zu viel verlangt von der verwöhntesten Frau auf Gottes Erden, Dolour zu ihrer letzten Ruhestätte zu begleiten, auch wenn sie nur ihre Stiefmutter gewesen war? Nur!, dachte er. Dolour hatte Rosa geliebt wie ihr eigenes Kind. Sie hatte solche Freude an ihr gehabt.
»Welch schöne Abwechslung«, hatte sie ihre Söhne geneckt, »nach all den trampelnden Jungen ein liebes, süßes Mädchen im Haus zu haben.«
Als Dolour Rivadavia geheiratet hatte, war er mit ihr und Rosa nach Argentinien gereist, um sie seiner Familie vorzustellen. Er hatte auch den jungen Duke dazu eingeladen, doch der hatte rundweg abgelehnt und es vorgezogen, mit seinen Brüdern auf der Kooramin-Farm zu bleiben. Allen, erinnerte sich John Pace, war bei dem Gedanken noch immer unbehaglich zumute, dass ihre Mutter nur sechs Monate nach dem Tod – der Ermordung – ihres Vaters beschlossen hatte, erneut zu heiraten. Und noch dazu seinen besten Freund!
Jedermann hatte seine Meinung zu den Hintergründen ihrer Entscheidung, aber Dolour hatte sich nie dazu geäußert. Außer natürlich, nahm er an, vor Rivadavia. Manche meinten, es sei des Geldes wegen. Paul, sein Zwillingsbruder, behauptete, sie wolle es Pace heimzahlen, dass er aus purer Landgier ins Tal des Todes geritten sei. Was zu Dolours irischer Logik gepasst hätte. Sie und ihr Vater hatten viel gestritten, bis, wie Pace gern lachend erzählte, »sie mich fragte, was ich aus Liebe zu ihr zu tun bereit sei. Und ich habe ihr die richtige Antwort gegeben.«
Für John Pace selbst war es offensichtlich, dass Dolour Rivadavia liebte, obgleich sie es nie tatsächlich aussprach, und sie ihn vielleicht brauchte, um sie von all den traurigen Erinnerungen abzulenken.
Welchen Beweggrund sie auch hatte, eines stand außer Frage: Rivadavia betete Dolour an. Milly Forrest behauptete, er habe sie schon immer geliebt, von ihrer ersten Begegnung an, als sie mit Pace verheiratet war.
Ein Jahr darauf kamen sie aus Argentinien zurück, wohnten in der im spanischen Stil erbauten Villa mit einem Ballsaal, die er in den Anhöhen mit Blick auf die Stadt hatte bauen lassen, und Dolour freute sich über Rosas Gesellschaft, da Juans Viehhandel ihn oft weit fort führte. Rosa ihrerseits war glücklich, endlich in der Stadt zu wohnen, und noch dazu in einem Haus, das für Geselligkeiten wie geschaffen war.
John Pace erinnerte sich an das Fest zu Rosas achtzehntem Geburtstag, das in dem Ballsaal veranstaltet wurde, ein glänzender Abend und für ihn unvergesslich, weil er Rosas offizieller Begleiter gewesen war. Wie hatte er über Paul triumphiert, der gehofft hatte, sie würde ihn fragen!
Er hatte sie an diesem Abend geküsst und gemerkt, dass er völlig verrückt nach ihr war. Stillschweigend war er davon ausgegangen, dass sie von nun an ein Paar waren. Wie konnte man so schiefliegen?, dachte er zornig.
»Kommst du?«, rief seine Frau ihm zu. Das holte ihn rasch in die Gegenwart zurück, und er fühlte sich nun noch elender als in der Kirche, wo er am Sarg seiner Mutter hatte sitzen müssen.
»Kannst du nicht eine Minute warten?«, fuhr er sie an. »Wir fahren in der zweiten Kutsche zusammen mit Paul und Laura zum Friedhof.«
»Laura kommt nicht mit, wir passen also noch bei Juan und Charlie mit rein.«
Er hatte weder den Wunsch, sich eine Kutsche mit Rivadavia, noch, sich eine mit Rosas Mann zu teilen.
»Eileen«, sagte er fest. »Wir nehmen die zweite Kutsche. Ich bin heute lieber mit der eigenen Familie unterwegs, wenn’s recht ist.«
»Oh, mach doch, was du willst!«, schnaubte sie. Er hatte sie immer damit aufgezogen, dass sie ein gesellschaftlicher Emporkömmling sei, aber an diesem Tag hatte er genug.
»Wo ist Duke?«, fragte er.
»Der wollte auch nicht mit Rivadavia einsteigen! Er ist in Mrs.Forrests schicker Kutsche mitgefahren. Ist sie denn nachher noch mit ins Haus eingeladen?«
»Keine Ahnung«, stöhnte er, der sich vor der Beerdigung seiner Mutter fürchtete und sich fragte, wie er sich ohne Aufhebens vom Leichenschmaus entfernen konnte.
Ihm fiel ein, dass er vom nächsten Tag an tun und lassen konnte, was er wollte, was Rivadavia anging. Er war nicht länger verpflichtet, Dolour zuliebe auf seine Launen
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