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Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)

Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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sie gelächelt. Jetzt sah sie sorgenvoll aus, bekümmert. Ihre Schultern waren ein wenig nach vorn gebeugt. Sie trug eine schwere Last, das drückte sich in ihren Schritten, in ihrer Kopfhaltung, in ihren fest zusammengepressten Lippen aus.
    Sie stand auf und trat ihr in den Weg. »Mrs. Beecroft?«
    Corinne blieb stehen. »Ja?«
    Sie hat Ryans Augen, dachte Nora, diese klaren, reinblauen Augen.
    »Ich bin Nora Franklin.«
    Fast unmerklich wich Corinne ein Stück zurück. »Oh – Miss Franklin. Ja, ich weiß, wer Sie sind.«
    Das klang frostig. Nora seufzte. Sie war verzweifelt, so verzweifelt, dass sie sich fragte, wie sie es bloß schaffte, jeden einzelnen Tag zu überstehen. Abends nach der Arbeit fuhr sie die ganze Strecke von Pembroke Dock nach Morriston in der Hoffnung, mit Ryan sprechen zu können. Vor seiner Zimmertür saß ein Polizist, und wahrscheinlich würde er auch während eines Gesprächs dabei sein, aber das war Nora egal, wenn sie nur eine Chance bekäme, ihm alles zu erklären. Sie hatte den Polizisten bekniet, sie hineinzulassen, aber der hatte sie darauf hingewiesen, dass sie zuerst bei der Staatsanwaltschaft eine Besuchserlaubnis beantragen musste.
    »Das ist ein Schwerverbrecher, Madam«, hatte der Beamte gesagt, und Nora hatte den Eindruck gehabt, er mustere sie mitleidig. »Ich an Ihrer Stelle würde …« Er hatte den Satz nicht zu Ende gesprochen und nur etwas wie geht mich ja nichts an gemurmelt.
    Nora hatte über Inspector Morgan die Genehmigung erwirkt, Ryan besuchen zu dürfen, aber dann war alles an Ryan selbst gescheitert. Der Beamte hatte Nora angekündigt, war wieder aus dem Zimmer gekommen und hatte den Kopf geschüttelt. »Er will Sie nicht sehen. Tut mir leid.«
    Sie hatte mit den Tränen gekämpft. »Akzeptiert er überhaupt Besuch?«
    »Mr. Craig ist oft da, sein Anwalt. Und seine Mutter. Sonst hat sich ohnehin niemand gemeldet.«
    Es war für Nora immerhin ein Trost zu wissen, dass wenigstens Debbie nicht an seinem Bett saß und seine Hand hielt, aber eigentlich hätte ihr das klar sein müssen. Debbie war weiter gegangen als sie selbst, sie hatte die Kiste in der Höhle geöffnet und auf Vanessa Willards sterbliche Überreste geblickt. Sie würde Ryan in diesem Leben nicht mehr sehen wollen.
    »Mrs. Beecroft«, sagte sie nun, »wie geht es Ryan?«
    Corinne strich sich mit der Hand über die Stirn. Sie schien unendlich erschöpft. »Er kann sich noch kaum bewegen. Es waren ja so viele Knochen gebrochen … aber er ist stabil. Es wird nichts zurückbleiben, meint der Arzt.«
    »Gott sei Dank«, sagte Nora.
    »Was nützt es ihm?«, fragte Corinne. »Er wird für zwanzig oder mehr Jahre ins Gefängnis gehen. Er ist über fünfzig, bis er rauskommt. Was hat er dann noch vom Leben? Er wird ein zerstörter Mensch sein.« Sie biss sich auf die Lippen. Nora konnte sehen, dass sie darum rang, die Fassung zu wahren und nicht in Tränen auszubrechen.
    »Er will mich nicht sehen«, sagte sie.
    »Wundert Sie das?«, fragte Corinne.
    »Bitte«, sagte Nora verzweifelt, »bitte, Mrs. Beecroft, versuchen Sie doch zu verstehen …«
    Corinne ging an ihr vorbei, und Nora fürchtete schon, sie würde einfach ohne ein weiteres Wort das Krankenhaus verlassen, aber sie ließ sich auf eine Bank im Wartebereich fallen und stützte den Kopf in die Hände.
    »Ich kann nicht mehr«, flüsterte sie. »Ich kann einfach nicht mehr.«
    »Möchten Sie einen Kaffee, Mrs. Beecroft?«
    Corinne nickte schwach. Nora stürzte los und holte zwei Milchkaffee aus dem Automaten, kehrte dann zu der Bank zurück, setzte sich neben Corinne und schob ihr den heißen Pappbecher zwischen die Finger. »Hier. Trinken Sie. Das wird Ihnen guttun.«
    Dankbar nippte Corinne an dem Getränk. »Es ist so furchtbar«, murmelte sie, »so furchtbar und so hoffnungslos.« Und dann fügte sie den Satz hinzu, den viele Mütter, vielleicht die meisten, in ihrer Lage gesagt hätten: »Er war immer ein guter Junge. Ich weiß nicht, wie das alles …« Ihre Stimme verlor sich.
    »Er ist nicht schlecht«, sagte Nora, »auch heute nicht.«
    Corinne blickte auf. »Warum haben Sie ihn verraten? Er hat Ihnen vertraut.«
    Da war er, der Vorwurf, den auch Nora sich von morgens bis abends machte. Und nachts, wenn sie sich schlaflos im Bett wälzte. »Beim ersten Mal, also als die Polizei in den Copyshop kam und Ryan die Flucht antrat – das war ich nicht. Er war anderen Leuten in meinem Auto aufgefallen, als er sich verdächtig verhielt, deshalb

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