Im Taumel der Sehnsucht
nicht. Caroline, wenn ich richtig vermute, dann haben wir nur noch wenig Zeit.«
»Wieso?« fragte Caroline. Die Sorge in der Stimme ihres Mannes beunruhigte sie mehr als die Tatsache, daß es jemanden gab, der ihr etwas antun wollte.
»In sechs Tagen ist dieser Vorfall exakt fünfzehn Jahre her.«
»Dann gibt es nur eines, was wir tun können.« Carolines Augen blitzten entschlossen auf. »Wir müssen dem Absender des Briefes eine Falle stellen, in der ich der Köder bin!«
»Vergiß es! Ich habe bereits einen Plan, aber du wirst nichts damit zu tun haben. Ist das klar?« Sein barscher Ton verriet Caroline, daß er nicht mit sich handeln lassen würde. Sie schmiegte sich an ihn und küßte ihn. Sie war so glücklich, daß er sich ihr zum ersten Mal anvertraut hatte, daß sie keine Lust hatte, ihn nun zu verärgern. Im übrigen, dachte sie mit einem heimlichen Lächeln, hatte sie noch sechs Tage, um ihn zu überreden, seine Meinung zu ändern. Sie war fest entschlossen, dabei zu helfen, den Mann zu fangen, der hinter ihr her war.
Ein plötzlicher Gedanke ließ sie hochfahren. »Bradford, wer weiß von den Ereignissen jener Nacht?«
»Mal sehen«, erwiderte Bradford nachdenklich. »Der Earl hat es deinem Onkel erzählt, doch der Rest deiner Bostoner Familie weiß nichts. Dann natürlich ich, und jetzt du. Damit sind wir vier.«
»Nein«, sagte Caroline abwesend. Sie mußte daran denken, wie ihr Onkel ihr dabei geholfen hatte, ihre Furcht vor Pistolen zu überwinden. Er war so geduldig und verständnisvoll gewesen, als sie zu ihm gekommen war und ihm von ihrer Angst erzählt hatte. Der Anlaß war ihr Wunsch gewesen, mit Caimen und Luke auf die Jagd zu gehen. Erst zu diesem Zeitpunkt war ihr wirklich bewußt geworden, wie sehr sie sich vor Waffen jeglicher Art fürchtete, und sie war sich schrecklich feige vorgekommen. Es hatte fast ein Jahr gedauert, bis sie diese Furcht mit Hilfe ihres Onkels schließlich hatte unterdrücken können.
»Nein was?« fragte Bradford. »Nur vier Leute wissen, was geschehen ist, wenn man die drei Männer ausschließt, die inzwischen tot sind. Also bleiben nur noch dein Vater, dein Onkel Henry, du und ich.«
»Und Onkel Milo«, setzte Caroline hinzu.
Bradford schüttelte den Kopf. »Nein, Liebes. Dein Vater hat sich sehr präzise ausgedrückt. Er sagte, er habe es nur seinem jüngeren Bruder erzählt, niemandem sonst.«
Caroline nickte. »Ich verstehe durchaus, was du meinst. Er hat es ihm damals nicht erzählt! Aber nachdem ich nach England gekommen bin, ist mein Vater zu Onkel Milo gegangen, um ihm zu erklären, warum er mich damals fortgeschickt hat. Da bin ich so gut wie sicher, denn Papa sagte, er habe ihm eine Erklärung geschuldet. Damals wußte ich nicht, was er damit meinte, aber nun wird mir alles klar .. . Bradford, warum siehst du mich so seltsam an? Was ist los?«
»Warum hat er mir das nicht gesagt?« brüllte Bradford so plötzlich, daß Caroline zusammenzuckte. Bradford beeilte sich, seine Frau zu beruhigen: »Schon gut, tut mir leid. Es ist nur. .. plötzlich paßt alles zusammen! Verdammt, ich wußte, daß Franklin dahinter steckt!«
»Franklin? Bradford, bist du sicher?« Ungläubig starrte Caroline ihren Mann an. »Ach, nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Gut, Franklin versteht sich mit seinem Bruder nicht und versucht ständig, ihn zu ärgern, aber ich glaube nicht, daß er fähig ist. .. Ich meine, er ist mein Onkel!«
Sie brach ab, als ihr klar wurde, daß Bradford es ernst meinte. Ein unbändiger Zorn stieg in ihr auf und nahm ihr beinahe den Atem.
»Ich würde darauf wetten«, sagte er nun. »Er hat ein starkes Motiv, Caroline. Habgier. Der Marquis hat dich in seinem Testament mit einer stattlichen Geldsumme bedacht. Als du nach England gekommen bist, hat er seinen letzten Willen geändert und Franklin erst nachher davon erzählt. Gott sei Dank«, murmelte er. »Ich könnte mir vorstellen, daß Franklin ihn sonst schon getötet hätte.«
»Und Loretta?« fragte Caroline. »Meinst du, sie hat auch etwas damit zu tun?« Allein der Gedanke an das schurkische Paar entsetzte sie. Sie wußte noch, wie zornig sie geworden war, als Loretta bei der Dinner-Party ihres Vaters mit Bradford geschäkert hatte.
»Sie hat gewaltige Spielschulden und braucht dringend Geld. Die Gläubiger haben Schuldscheine, die ihnen das Geld nach dem Tod des Marquis' garantieren.«
»Du meinst, sie hat ihnen Onkel Milos Geld zugesagt?« rief Caroline empört. »Nun, du hast
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