Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Taxi - unterwegs in Kairo

Im Taxi - unterwegs in Kairo

Titel: Im Taxi - unterwegs in Kairo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chalid al-Chamissi
Vom Netzwerk:
die amerikanischen Panzer in den Strassen von Bagdad sah, war ich überzeugt, das wäre ein ausgefuchster Plan von Saddâm: sie in Bagdad in einen Hinterhalt zu locken und dort vernichtend zu schlagen. Bis heute kann ich es nicht fassen. Aber die Iraker sind zäh. Es vergeht kein Tag, an dem sie nicht ein paar Amerikaner töten. Sie werden sie alle beseitigen, einen nach dem andern, inschallah. «
    Â»Möge Gott Sie erhören. Aber glauben Sie nicht, dass Saddâm die Wurzel des Übels ist?«
    Â»Ehrlich gesagt, ich mag Saddâm. Er hat sich mehrmals für die Ägypter eingesetzt. Vergessen Sie nicht, dass er in Kairo studiert hat. Als ich in den achtziger Jahren im Irak war, gab es einige Feindseligkeiten gegenüber den Ägyptern. Doch dann hielt Saddâm eine Rede und kündigte an, dass jeder Iraker, der einen Ägypter schlecht behandle, auf der Stelle für sechs Monate ins Gefängnis kommen würde. Das werde ich ihm nie vergessen! Wir Ägypter konnten danach erhobenen Hauptes durch Bagdad gehen.
    Was dann im Irak passierte, ist ganz klar eine Besatzung. Das hat weder mit Saddâm noch mit irgendwas andrem zu tun. Angeblich hatten sie im Irak Massenvernichtungswaffen. Gefunden wurden aber nie welche. Sie wollen Iraks Öl. Darum haben sie das Land besetzt. Das ist eine Bande von Dieben und Schlägern. Die haben die Lichter im Irak ausgemacht und das Land völlig zerstört.
    Glauben Sie mir, ich kenne die Iraker gut, immerhin habe ich über zehn Jahre dort gelebt. Das sind echte Männer, und die werden es den Amerikanern schon zeigen. In ein paar Monaten werden diese miesen Typen den Schwanz einziehen und sich aus dem Staub machen. Die werden ihre Haut retten, bevor ihnen das Gleiche wie in Vietnam passiert! Sie werden sehen, es kommt noch viel schlimmer, als es jetzt schon ist.«
    Â»Wann haben Sie denn gemerkt, dass das kein Trick von Saddâm war, sondern dass Bagdad wirklich gefallen ist?«
    Â»Bis sie Saddâm verhafteten, hatte ich noch Hoffnung. An dem Tag habe ich geweint. Ich hatte das Gefühl, wir würden wie Insekten zerquetscht. Ich fühlte mich total erniedrigt, dachte an alle meine Freunde dort und fragte mich, ob sie noch lebten. Aber ich sage Ihnen: Der Irak wird sich durchsetzen und triumphieren. Wer zuletzt lacht, lacht am besten.«
    Plötzlich war ich richtig optimistisch.
    Ich stieg aus dem Taxi und sah vor meinem Haus vier junge Männer, die Marlboro rauchten und Coca-Cola tranken. Einer trug Nike-Turnschuhe, ein anderer ein T-Shirt mit der amerikanischen Flagge auf dem linken Ärmel. Mein Optimismus schwand, und ich stieg mit gesenktem Kopf zu meiner Wohnung hoch.

11
    Â»Wenn ich Ihnen erzähle, was mir passiert ist, werden Sie mir nicht glauben«, sagte der Fahrer. »Seit über zwanzig Jahren fahre ich Taxi und habe eine Menge gesehen. Aber was ich gerade erlebt habe, übertrifft alles, was mir je untergekommen ist.«
    Â»Erzählen Sie schon«, sagte ich.
    Â»In Schubrâ hat mich eine Frau mit einem Nikab angehalten, die nach Muhandissîn wollte. Sie hatte eine grosse Tasche dabei und setzte sich nach hinten. Kaum waren wir auf der Brücke des 6. Oktober 26 , bemerkte ich, wie sie erst nach rechts und nach links schaute und dann den Nikab ablegte. Ich sah sie im Rückspiegel, denn unter dem grossen Spiegel habe ich noch einen kleinen angebracht, damit ich sehen kann, was hinten passiert. Schliesslich muss man auf der Hut sein. Vorsicht ist besser als Nachsicht. Jedenfalls trug sie plötzlich nur ein einfaches Kopftuch. Ich war überrascht, sagte aber nichts. Dann nahm sie das Kopftuch ab. Sie hatte Lockenwickler, die nahm sie raus und tat sie in ihre Tasche. Dann begann sie sich die Haare zu bürsten.
    Als sie bemerkte, dass ich sie durch den Rückspiegel beobachtete, schrie sie auf: ›Schauen Sie nach vorn!‹ Ich fragte: ›Aber was machen Sie denn da?‹ Sie brüllte: ›Das geht Sie nichts an. Fahren Sie, und seien Sie still!‹
    Ehrlich gesagt wollte ich schon anhalten und sie rauswerfen. Doch ich sagte mir, dass mich das tatsächlichnichts angeht. Und zudem: mal sehen, was sie noch alles ablegt. Als Nächstes zog sie ihren Rock aus. Toll, dachte ich, da hab ich ja ne Gratisvorstellung! Als ich wieder hinschaute, trug sie einen Minirock und eine schwarze Strumpfhose. Sie faltete den langen Rock und packte ihn in die Tasche. Dann knöpfte sie ihre

Weitere Kostenlose Bücher