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Im Taxi - unterwegs in Kairo

Im Taxi - unterwegs in Kairo

Titel: Im Taxi - unterwegs in Kairo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chalid al-Chamissi
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Bluse auf. Ich starrte in den Spiegel, und als das Auto vor mir plötzlich bremste, wäre ich fast hinten reingefahren. Sie schrie mich an wie eine Irre: ›Du alter Knacker, schäm dich! Guck nach vorne und fahr!‹
    Sie zog eine hübsche enganliegende Bluse an, und ich hielt meine Klappe. Die andere Bluse legte sie in die Tasche. Dann nahm sie ihr Schminkzeug heraus, malte sich die Lippen an, legte Rouge auf und tuschte sich die Wimpern.
    Kurz und gut, als ich von der Brücke herunter nach Dukki fuhr, war sie eine völlig andere Frau. Kaum zu glauben, dass sie dieselbe Person war, die verschleiert in Schubrâ bei mir eingestiegen war.
    Zum Schluss streifte sie ihre einfachen Schlappen ab und zog High Heels an. Ich sagte: ›Junge Frau, jeder von uns hat ja so seine Eigenarten, aber erzählen Sie mir doch bitte, was mit Ihnen los ist.‹
    â€ºIch steige in der Muhi-al-Dîn-Abu-al-Is-Strasse aus.‹ Ich blieb still und wiederholte meine Frage nicht. Doch dann fing sie an zu erzählen: ›Ich arbeite als Kellnerin in einem Restaurant. Das ist ein anständiger Job. Ich bin eine anständige Frau und gehe einer ehrlichen Arbeit nach. Während der Arbeit muss ichgut aussehen. Aber in meinem Viertel kann ich nur mit dem Nikab das Haus verlassen. Eine Freundin hat mir einen gefakten Arbeitsvertrag mit einem Spital in Ataba besorgt. Meine Familie glaubt, ich würde dort arbeiten. Als Kellnerin verdiene ich jedoch tausendmal mehr. An einem einzigen Tag kriege ich so viel Trinkgeld, wie ich in einem ganzen Monat in diesem lausigen Spital verdienen würde. Meine Freundin kassiert von mir hundert Pfund im Monat, damit sie den Mund hält. Die kümmert sich eh nur um sich selbst. Normalerweise ziehe ich mich immer bei ihr um. Aber heute ging das nicht, also musste ich es im Taxi tun. Noch Fragen, Herr Staatsanwalt?‹
    â€ºMeine Dame, ich bin kein Staatsanwalt, und wenn ich einen sähe, würde es mir glatt die Sprache verschlagen. Ich habe mich nur gewundert, dass Sie sich hier im Taxi umziehen, und wollte wissen, warum.‹ Dann bedankte ich mich, dass sie mir ihre Geschichte erzählt hatte. Ganz im Ernst, mein Herr, ist das nicht bizarr?«

12
    Ich plauderte mit dem Taxifahrer. Es stellte sich heraus, dass er seit langem Samâlik-Fan war. Schon als kleiner Junge war er ins Stadion gegangen, um dort Taha Basri, Machmûd al-Chawâga, Ali Chalîl und junge Spieler wie Hassan Schahâta und Farûk Gâfar zu bewundern. Aber dieses Jahr, im Winter 2005, war Samâlik von allen Teams geschlagen worden.
    Ich versuchte, ihn zum Achli-Fan zu bekehren, aber er sagte, Samâlik gehe es schlecht, der Klub falle immer weiter zurück und brauche deshalb Unterstützung – nicht wie Achli, der sowieso schon an der Spitze stehe und gar keine Fans nötig habe. Samâlik sei wie Ägypten, alle müssten helfen, dass es nicht noch weiter zurückfalle.
    Ich fragte ihn, wie wir denn Ägypten unterstützen sollten.
    Er antwortete: »Wir können Ägypten beistehen, indem wir unsere Kinder auf den Krieg vorbereiten. Zwar hält Mubârak, seit er an der Macht ist, das Steuer fest in der Hand und hat dafür gesorgt, dass Ägypten in keinen Krieg hineingezogen wurde. Ehrlich, das ist das Beste, was er überhaupt getan hat. Wenn die Amerikaner sagen, wir sollen nach rechts gehen, dann gehen wir nach rechts, und wenn sie ›links!‹ brüllen, dann gehen wir nach links. In der Vergangenheit war das wichtig. So konnten wir Atem holen, und unsere Wirtschaft hat sich ein wenig erholt. Nun stehen wir auf eigenenBeinen. Dieser Mann hat uns vor der Rezession bewahrt.
    Aber nun ist Krieg unvermeidlich. Die Israelis müssen einfach Krieg führen. Frieden wird sie umbringen, das wissen sie genau. Jeder Vorwand ist ihnen recht, um einen Krieg zu provozieren. Sie äugen nach Syrien und dem Irak, sie reizen Iran und zündeln in Palästina. Sie wollen, dass die Region in Flammen aufgeht, damit sie noch mehr Geld von den Amerikanern bekommen und ihre Jugend noch zionistischer wird. Wenn sich die Lage beruhigen würde, würden die Juden allesamt nach Europa zurückkehren.
    Schlussendlich werden sie sich wieder gegen uns wenden, nicht morgen, aber übermorgen. Jeder in diesem Land sollte also seinen Sohn auf den Krieg vorbereiten, denn der kommt bestimmt. Wir müssen also unseren Truppen wieder den Geist einhauchen, in dem ich

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