Im Totengarten (German Edition)
zurück, drückt mir einen in die Hand, und wir gehen weiter bis zum Crossbones Yard. Das Tor sieht noch genauso aus wie an dem Tag, als dort das erste Mädchen in der schwarzen Plastikfolie gefunden wurde. An den Gittern flattern Hunderte von bunten Bändern als Tribut an die dort begrabenen Frauen, und der Mann in blauer Uniform, der uns dort erwartet, klappert schon mit seinem schweren Schlüsselbund.
»Zehn Minuten, meine Damen«, warnt er uns in strengem Ton. »Dann wird wieder abgesperrt.«
Als das Tor zur Seite schwingt, gehen wir mitten auf den Platz. Er ist vielleicht dreißig Quadratmeter groß, Unkraut schiebt sich durch die Spalte im Asphalt, und Zeitungspapierfetzen flattern in der sanften Brise hin und her. Ich bücke mich, berühre mit der flachen Hand den warmen Teer und denke an die tausend Frauen, die mit den Gesichtern Richtung Himmel dicht unter der Oberfläche liegen und sich danach sehnen, dass man sie aus diesem Grab befreit. Mir stockt der Atem, aber als ich über meine Schulter blicke, hat es Lola sich bereits bequem gemacht und sitzt mit gekreuzten Beinen neben ihrem Blumenstrauß. Der Mann von den Londoner Verkehrsbetrieben steht neben dem Eingang und wippt ungeduldig auf den Fersen auf und ab.
»Ignorier ihn einfach«, weist mich Lola an. »Ich würde gern erleben, wie der Kerl versucht, mich rauszuwerfen.«
»Ohne mich.«
Lola sieht wie höchstens fünfzehn aus, als sie in der Sonne sitzt und darauf wartet, dass ihr irgendwer erklärt, wie es jetzt weitergeht. »Glaubst du, wir sollten beten?«, fragt sie mich.
»Das können wir nicht, Lo. Wir sind schließlich nicht religiös.«
Sie wirkt irgendwie enttäuscht. »Und wie sieht’s mit einer Schweigeminute aus?«
»Das wäre bestimmt okay.«
Sie nimmt ihre Uhr vom Arm, legt sie zwischen uns, und ich schließe meine Augen und lausche dem Puls der Stadt, dem Dröhnen der Flugzeuge am Himmel und dem Reggae, der aus einem offenen Fenster dringt.
Dann schlägt Lola ihre Augen wieder auf, als wäre sie aus einem langen Schlaf erwacht.
»Lass uns nach Hause gehen«, sagt sie. »Damit dieser Blödmann endlich wieder absperren kann.«
Sie hakt sich bei mir ein, und ich blicke noch mal über meine Schulter auf die Gabe, die wir zurückgelassen haben. Eine Wolke reiner, unschuldiger Blüten, die sich in der Brise wiegen.
Danksagung
Ich möchte den folgenden Personen dafür danken, dass ich von ihnen nach Kräften unterstützt und hervorragend beraten worden bin: Teresa Chris, Ruth Tross, Dave Pescod, Miranda Landgraf, Martin Simmonds, Julian Earwaker, Shirley De Mario, Andrew Burton, Clare Crossman, Helen Johnson, Elizabeth Foy, Jessica Penrose, Melanie Taylor, Digby Beaumont, Andrew Taylor, Manda Scott, Joy Magezis, Bob Biderman, Joanna und Ted Kraus, Mandy Green, Honor Rhodes und David Levy.
Weitere Kostenlose Bücher