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Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Antonow
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auf . A ls die Roten bereits stark geschwächt waren und es allmählich unsportlich wurde, sie zu vermöbeln, verlegten Mischas Kämpfer ihre Aktionen heimlich, still und leise auf die Stationen der Hanse und stahlen ihnen, was diese sich unter den Nagel gerissen hatten.
    Damals wies jemand den Partisanenführer darauf hin, dass er es eigentlich genauso mache wie seinerzeit Nestor Machno im Bürgerkrieg. Der Vergleich gefiel Onkel Mischa und ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Er grub sein altes Schulwissen aus und wurde sich darüber klar, dass die anarchistische Ideologie ihm aus der Seele sprach.
    Daraufhin eignete er sich das Pseudonym Nestor an – natürlich zu Ehren des Anarchisten Machno. Gleichzeitig übernahm er die Devise der Grünen: »Schlagt die Roten, bis sie weiß werden, schlagt die Weißen, bis sie rot werden.«
    Als der Krieg zwischen der Hanse und den Kommunisten abflaute, verlor der Aufruf seine Aktualität. Stattdessen gab Nestor die Losung »Freiheit oder Tod!« aus und ließ sie in weißen Buchstaben auf schwarze Spruchbänder schreiben, von denen Totenschädel mit gekreuzten Knochen grinsten.
    Seit diese lebensfrohen Transparente die Wände und Säulen der Woikowskaja schmückten, war die Station zum magischen Anziehungspunkt für Leute geworden, die das kleinste Anzeichen staatlicher Regulierung als persönliche Beleidigung empfanden und jede Beschränkung der persönlichen Freiheit für eine Todsünde hielten.
    Unter Nestors schwarzen Bannern versammelte sich eine illustre Gesellschaft. Neben Idealisten auch freiheitsliebende fahrende Händler, Stalker, die den Überfluss an Waffen und Ausrüstung schätzten, ehemalige Kommunisten und sogar Kaufleute aus der Hanse, die dort aus irgendwelchen Gründen vergrault worden waren.
    Lange bevor Nestor die Umbenennung auf die Tagesordnung setzte, hatte sich die Woikowskaja in ein wahres Guljaipole verwandelt. Der Handel mit Waffen, dur und Selbstgebranntem blühte, käufliche Liebe war zu erschwinglichen Preisen zu haben.
    Ungeachtet chronischer Massenbesäufnisse, bei denen der Kommandant auch persönlich mitzumischen pflegte, blieben die Anarchisten eine ernst zu nehmende militärische und politische Kraft, die die anderen Metrostationen stets auf der Rechnung haben mussten.
    Wie Nestor das schaffte, wusste niemand so genau, doch wenn nötig genügte ihm eine flüchtige Handbewegung, um eiserne Disziplin herzustellen und seinen chaotischen Haufen zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammenzuschweißen. Diese war dann zu erstaunlichen Energieleistungen fähig, wenn auch meist mit zerstörerischen Folgen.
    Der Anarchismus war ein großes Thema an der Station. Lehrbücher über den Bürgerkrieg wurden mit Gold aufgewogen. Die fanatischsten Idealisten stiegen in Schutzanzügen zur Großen Bibliothek hinauf, um Bücher von Bakunin und Kropotkin zu beschaffen. Bei hitzigen Debatten unter Alkoholeinfluss kam es durchaus vor, dass sich die Kontrahenten wegen ideologischer Nuancen gegenseitig die Zähne einschlugen oder mit dem Messer traktierten.
    Selbst Nestor musste sich den Vorwurf gefallen lassen, die Prinzipien des Anarcho-Kommunismus nicht streng genug anzuwenden. Der Anführer rechtfertigte sich damit, dass er Mitläufer aussieben und beizeiten wieder zur reinen Lehre zurückkehren werde.
    Selbstredend gab es auch an der Woikowskaja viele Bewohner, die mit Politik nichts am Hut hatten. Prostituierte und Händler zum Beispiel hielten sich bei Disputen über die richtige Weltanschauung vornehm zurück.
    Wenn die Führung der Station militärische Aktionen beschloss, rückten auf Nestors Kommando mit Maschinengewehren bestückte Draisinen aus, die an die Tatschankas des historischen Machno erinnerten.
    Neben der Woikowskaja kontrollierten die Anarchisten auch die letzten beiden Stationen der Samoskworezkaja-Linie. Die Menschen, die dort lebten, hatten kein Problem damit, Nestors Untergebene zu sein. Sie hätten auch den Teufel persönlich als Oberhaupt akzeptiert, solange man sie auf ihren Schweinefarmen und Pilzplantagen in Ruhe arbeiten ließ.
    Außerdem kümmerte sich Nestor um seine Schützlinge und setzte nützliche Reformen durch. Für seine anarchischen Hallodris führte er eine Arbeitspflicht ein und ging selbst mit gutem Beispiel voran. Zwei Tage pro Woche arbeitete er höchstpersönlich auf einer Schweinefarm und kniff auch dann nicht, wenn er böse verkatert war.
    Da Nestor die Bildung seiner Untergebenen ein Anliegen war, sorgte er dafür,

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