Im Wahn - Moody, D: Im Wahn - Hater
ordnung?«, fragt Liz und wischt mir Bierschaum vom Hemd.
»Bestens«, antworte ich hastig. Mein Herz schlägt immer noch zehnmal so schnell wie normal. Erleichtert ziehe ich Lizzie zu mir und lege die Arme um sie. In ihrer Nähe fühle ich mich sicher. Es kommt nicht mehr oft vor, dass wir einander so nahe sein können. Das ist der Preis,
den man bezahlen muss, wenn man zu schnell zu viele Kinder in einer zu kleinen Wohnung bekommt. Seltsam, dass wir in einem Raum mit Hunderten von Fremden stehen und die Chance, dass wir gestört werden, geringer ist als zu Hause mit drei Kindern.
Lizzie dreht sich um, stellt sich auf die Zehenspitzen und redet wieder mit mir.
»Glaubst du, Dad kommt zurecht?«, fragt sie.
»Warum denn nicht?«, rufe ich zurück.
»Ich frage mich, ob er denkt, dass wir ihn ausnutzen. Er kümmert sich schon fast den ganzen Tag um Josh, und jetzt hat er sie alle drei am Hals. Das ist viel verlangt. Schließlich wird er auch nicht jünger, und ich glaube, allmählich hat er es satt.«
»Das stimmt allerdings. Bevor wir weg sind, hat er mir noch eine Standpauke gehalten.«
»Was hat er gesagt?«
Wie viel soll ich ihr verraten? Harry und ich kommen nicht besonders gut miteinander aus, versuchen aber, wegen Lizzie zivilisiert miteinander umzugehen. Heute Abend schien er alles andere als glücklich zu sein, wollte aber nicht, dass Lizzie sich deswegen Gedanken macht.
»Nichts weiter«, antworte ich und zucke mit den Schultern. »Er hat nur gebrummelt, dass er die Kinder öfter sieht als ich. Und er hat einen schlechten Witz gemacht, dass Josh ihn schon Daddy nennt und nicht mich.«
»Er versucht dich auf den Arm zu nehmen. Hör gar nicht hin.«
»Er versucht immer mich auf den Arm zu nehmen.«
»Das liegt an seinem Alter.«
»Eine billige Ausrede.«
»Hör gar nicht hin«, wiederholt sie.
»Mir macht das eh nichts aus«, brülle ich, was gelogen ist, weil ich sie nicht kränken will. In Wahrheit geht mir Harry zunehmend auf den Sack, und ich sehe schon den Tag voraus, wo es zu Handgreiflichkeiten zwischen uns kommt.
»Und was hast du ihm geantwortet?«
»Nur, dass wir ihm dankbar für alles sind, was er für uns tut. Und ich hab ihn daran erinnert, dass es vier Monate her ist, seit wir beide uns das letzte Mal einen schönen Abend gemacht haben.«
»Er will dich nur provozieren …«, beginnt sie. Als das Licht auf der Bühne plötzlich gedimmt wird, verstummt sie und dreht sich um. Die Menge tobt, als die Bandmitglieder aus dem Schatten auf die Bühne kommen. Nach ein paar Sekunden geht die Musik ab, und ich vergesse Harry und alles andere.
Ich sehe The Men They Couldn’t Hang zum vierten Mal. Das letzte Konzert ist zwei Jahre her, und es ist super, dass ich sie wieder mal live erlebe. Ich freue mich auf den heutigen Abend, seit ich vor zwei Monaten die Karten gekauft habe. von dem Adrenalinrausch, gute Musik live und laut gespielt zu hören, kann ich einfach nicht genug kriegen. Als ich diese Songs wieder höre, reißt es mich aus der täglichen Routine und hilft mir, alles zu vergessen, worüber ich mir sonst immer Sorgen mache. Ich drücke Lizzie fest an mich. Solange die Musik spielt, muss ich nichts anderes machen als zuhören, mich entspannen und es genießen.
Sechs oder sieben Songs sind gespielt, ich weiß nicht mehr genau, wie viele, und das Publikum rast. Der Saal ist brechend voll, die Stimmung gigantisch. Swill spielt
den Auftakt eines meiner Lieblingssongs, den ich sofort erkenne, lange vor den meisten anderen. Ich spüre, wie sich meine Nackenhaare aufrichten, und halte Lizzie noch fester. Sie weiß genau, wie sehr ich das genieße.
Jetzt haben sie ihren Rhythmus gefunden, und es ist, als wären sie nie weg gewesen. Die Musik ruft so viele Erinnerungen wach. Ich erinnere mich, wie ich diesen Song zum ersten Mal im Radio gehört habe, als ich gerade die Fahrprüfung bestanden hatte. Ich hatte mir eben mein erstes Auto gekauft. Eine alte Rostlaube, deren versicherung mich mehr gekostet hat als das Auto selbst, und ich war mit ein paar Freunden …
Swill hat aufgehört zu spielen.
Komisch. Er hat Gitarre gespielt und gesungen und dann einfach aufgehört. Der Rest der Band spielt ohne ihn weiter. Es ist, als hätte er vergessen, wo er ist und was man von ihm erwartet. Er hat die Gitarre losgelassen, die jetzt an dem Gurt um seinen Hals hängt und von einer Seite zur anderen baumelt. Der Typ hat sich die letzten vierzig Minuten das Herz aus dem Leib gespielt, und
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