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Im Wald der gehenkten Füchse

Im Wald der gehenkten Füchse

Titel: Im Wald der gehenkten Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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sich und trocknete sich das Gesicht ab. Erst dann setzte er sich an den Tisch.
    »Ein ganz passables Frühstück«, sagte er anerkennend zum Major.
    »Ein Soldat kann eben alles«, brummte Remes zufrieden.
    Oiva Juntunen betrachtete den derben Tisch, an dem jahrelang der Lohn für die Holzfäller berechnet worden war. Es war ein ziemliches Ungetüm, grob aus Sägebrettern zusammengezimmert, verrostete Nagelköpfe guckten heraus. Irgendein Vermesser hatte aus Langeweile seine Initialen und die Jahreszahl in die Tischplatte geritzt: M.T. 1954. Anno domini.
    Ein betagtes Möbelstück.
    »Wir brauchen ein Tischtuch, sonst schmeckt das Essen nicht richtig«, verkündete Oiva Juntunen.
    Der Major trank seinen Kaffee aus und eilte dann hinaus, um den Wunsch seines Chefs zu erfüllen. Zunächst wollte er sein eigenes Saunahandtuch dafür verwenden, doch nachdem er daran gerochen hatte, ließ er es am Nagel hängen. Im Zimmer der Köche fand er alte, geblümte Gardinen. Der Major riss eine Bahn herunter, schnitt den Saum ab und breitete das Stück Stoff über den Tisch.
    »Wenn du nächstes Mal in der Stadt bist, musst du mehr Tischtücher kaufen«, befahl Oiva Juntunen. Er musste an seine Wohnung in Stockholm denken. Ihm schien, diese öde Waldhütte brauche noch eine Menge Einrichtungsgegenstände, ehe man wenigstens einigermaßen zivilisiert darin leben könnte.
    Nach dem Essen gingen die Männer hinaus, um zu pinkeln. Bei der Gelegenheit pfiffen sie den Fünfhunderter aus dem Wald herbei und gaben ihm die Reste des Frühstücks. Der Fuchs ließ sich den kross gebratenen Speck schmecken. Zum Dank fletschte er vor den Männern die Zähne und knurrte ein wenig. Rauhe Tischsitten hatten die Raubtiere, konstatierten die Männer.
    Der Major schlug vor, man könnte losziehen und probeweise ein wenig Gold waschen. Unten am Hang des Kuopsu plätscherte ein kleiner Bach mit moorigem Ufer, der ein paar Kilometer weiter in den Siettelöjoki-Fluss mündete. Die Männer traten mit ihren Arbeitsgeräten an das Gewässer, das wahrlich nicht aussah wie die Goldstrände des Lemmenjoki oder Ivalojoki, doch Oiva Juntunen fand, man könnte hier spaßeshalber einmal sein Glück versuchen. Der Major sagte sich, dass Assistent Asikainen tatsächlich ein Städter war, wenn er annahm, in derartigem Morast ließe sich Gold finden. Das Ufer zu beiden Seiten war moorig, aber auf dem Grund des Baches sah man immerhin von der Strömung gewaschenen Kies. Oiva Juntunen watete ins Wasser und nahm mit der Schale etwas Kies auf. Das Wasser war kalt. Als der Goldsucher die Schale ein wenig schwenkte, so wie er es im Film bei den echten Goldwäschern gesehen hatte, war die einzige Folge, dass ihm kaltes Wasser und Kies in den Stiefelschaft schwappten.
    Der Major verfolgte die Aktion skeptisch vom Ufer aus.
    »Wollen wir uns nicht eine bessere Stelle suchen? Du solltest nicht in diesem Schlamm herumwühlen.«
    Aber Oiva Juntunen schüttelte schon die zweite Schale. Der Major bemerkte:
    »Ebenso gut könntest du in einem Misthaufen nach Gold graben.«
    Oiva Juntunen sah den Major scharf an. Er hatte Lust zu enthüllen, dass er tatsächlich aus einem Misthaufen Gold ausgegraben hatte. Sechsunddreißig Kilo! Aber er sagte natürlich nichts, sondern watete stromabwärts hinter eine kleine Biegung. Dort streute er heimlich eine Prise seiner selbstgemachten Goldkörnchen in die Schale und füllte sie dann mit Wasser und Kies aus dem Bach auf.
    Die Goldwäsche war doch eine spannende Angelegenheit. Es war interessant zu beobachten, wie die Körnchen allmählich aus dem Kies herausgespült wurden und sich schön unten in der Schale absetzten. Als nur noch wenig Kies und eine schimmernde Pfütze Gold in der Schale war, rief Oiva Juntunen dem Major zu:
    »Komm mal her, von Reuterholm!«
    Der Major kam angewatet. Oiva Juntunen reichte ihm die Schale.
    »Was sagst du nun? Gold, vermute ich.«
    Dem Major fiel die Zigarette aus dem Mund. Mit zitternden Händen hielt er die Schale. Er starrte abwechselnd auf den mit Gold durchsetzten Kies und auf seinen erfolgreichen Kameraden. Dann stieg er aus dem Wasser, setzte die Schale vorsichtig auf eine Grasbülte und nahm eines der größten Goldkörner zwischen die Finger. Er untersuchte es gründlich aus der Nähe, und es war, als spiegelte sich ein Widerschein des Goldes in den dunklen Augen des Majors: Sie bekamen einen neuen aberwitzigen Glanz, funkelten in grenzenloser Goldgier. Der Major steckte das Körnchen in den Mund und

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