Im Wald der gehenkten Füchse
Mannschaftsraum hin gab es eine Luke, durch die den Männern die Mahlzeiten gereicht worden waren. Der Major wusste zu berichten, die Holzfäller hätten sie »Lebensluke« genannt.
Im Zimmer der Vorarbeiter standen vier Betten. Oiva Juntunen breitete seinen Schlafsack auf dem Bettgestell am Fenster aus, Major Remes den seinen an der gegenüberliegenden Wand.
»Wer mag hier geschlafen haben?«, fragte Oiva Juntunen, während er sein Bett ausprobierte.
»Es ist das Bett des Auszahlers. In jenen beiden dort schliefen die Vermesser, und dies hier war der Platz des Meisters«, erklärte der Major.
»Woher weißt du das?«, fragte Oiva Juntunen verwundert.
»Der Meister schläft nie am Fenster, weil es dort zieht, er bevorzugt die Nähe des Ofens«, erklärte der Major. »Die Auszahler und Vermesser schlafen in der Zugluft, der Meister nicht.«
Oiva Juntunen dachte darüber nach. Gewiss, er war jetzt hier eine Art Auszahler, Geldgeber, aber andererseits war er auch empfindlich gegen Zugluft.
»Vielleicht tauschen wir doch die Plätze«, sagte er.
Major Remes hätte dem anderen am liebsten den Schädel eingeschlagen, denn immerhin war er Major und von Adel. Der Assistent hingegen war bloß gewöhnlicher Soldat. Doch dann fielen ihm Asikainens Geldbestände ein, und er beschloss, mit dem Mann in Eintracht zu leben. Er rollte seinen Schlafsack zusammen und trug ihn zum Bett des Auszahlers. Oiva Juntunen machte es sich im Bett des Meisters bequem.
Eine Weile lag der Major verdrossen auf seinem Bett. Dann stützte er sich auf und verkündete:
»Ich möchte bloß bemerken, dass in der Armee das Monatsgehalt eines Majors sechstausendzweihundert Finnmark beträgt, ohne die Alterszulage.«
»Brutto oder netto?«, fragte Oiva vom Bett des Meisters aus.
»Brutto natürlich. Bei einem General könnte es netto sein.«
»Einigen wir uns darauf, dass ich dir dasselbe bezahle wie die Armee? Die Steuern und den Sozialversicherungsbeitrag ziehen wir ab, du kriegst es netto.«
Sie standen aus den Betten auf, um Remes’ Gehalt zu errechnen. Der Major erinnerte sich, dass sein Steuersatz im vergangenen Einkommensjahr bei 35% gelegen hatte, nach allen Abzügen. Somit ergaben sich viertausend Finnmark netto. Als sie davon einen Verpflegungssatz von fünfzig Mark pro Tag abzogen, blieben noch zweitausendfünfhundert Mark, die monatlich bar auszuzahlen waren. Für dieses Gehalt verpflichtete sich der Major, täglich acht Stunden für Assistent Asikainen zu arbeiten.
»Wollen wir uns darauf einigen, dass du dein erstes Gehalt schon bekommen hast?«, fragte Oiva Juntunen, womit er den Vorschuss meinte, den Remes in Kittilä verjubelt hatte.
Sie bekräftigten es mit Handschlag. Oiva Juntunen machte es sich im Bett bequem wie ein Meister. Er wies den Major an:
»Mach uns mal ein Abendessen zurecht. Und könntest du freundlicherweise die Mücken in dieser Bude töten?«
Der Major versprühte Insektengift. Dann trabte er in die Küche. Bald zog der Duft gebratenen Fleisches durch die Stube, und es war zu hören, wie die Pfanne auf dem Herd zischte. Major Remes summte ein bekanntes Marschlied, während er die Mahlzeit zubereitete. Eine halbe Stunde später tischte er ein üppiges Abendessen auf: gerösteten Schinken, Salzgurken, eingelegte Zwiebeln, rote Bete, ein paar dampfende Bratwürste und ein Glas Kartoffelsalat. Als Getränk servierte er Sauermilch und zum Abschluss der Mahlzeit noch eine Tasse Tee mit Zitronensaft und Honig.
»Skorbut droht uns hier nicht«, konstatierte er.
9
Am Morgen erwachte Oiva Juntunen vom Duft frischen Kaffees und gebratenen Specks. Major Remes deckte gerade den Tisch.
»Komm frühstücken, Assistent«, forderte er seinen Kameraden auf.
Oiva Juntunen erhob sich. Er strich sich über das Kinn, das mit einem stacheligen Bart bedeckt war. Nach einem unruhigen Schlaf fühlte er sich nicht besonders gut.
»Guten Morgen, Major. Hol mir mal Waschwasser, damit ich mich ein bisschen frisch machen kann.«
In den Augen des Majors loderte Zorn auf. Schon ballte er seine große Faust, als ihm einfiel, dass die Aufgaben eines Dieners nunmehr zu seinem Tätigkeitsbereich gehörten. Er marschierte hinaus, holte aus dem Brunnen einen Eimer Wasser herauf, trug ihn in die Küche und machte das Wasser auf dem Herd warm. Als es richtig temperiert war, goss er es in eine Schüssel, suchte Seife und Handtuch sowie das Rasierzeug des Assistenten heraus und brachte alles in die Stube. Oiva Juntunen wusch und rasierte
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