Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Zauber des Mondes

Titel: Im Zauber des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Robards
Vom Netzwerk:
beiden Polizisten freundlich zu und setzte sich in Bewegung. Caitlyn zog er hinter sich her, und ihr blieb nichts anderes übrig, als ihm ohne Gegenwehr zu folgen. Nichts konnte schlimmer sein als der Galgen, nicht einmal, wenn er der Teufel persönlich wäre. Schaudernd dachte sie an seine seltsamen Augen. Als niemand es sehen konnte, formte sie das Zeichen gegen den bösen Blick. Sofort fühlte sie sich etwas besser.
    Der Engländer zog sie auf den Bachelors Walk, der entlang des Flusses Liffey verlief. Das Bild, das sich ihnen dort bot, unterschied sich auffallend von der O'Connell Street. Die Menschen hier waren gut gekleidet und gehörten zur herrschenden protestantischen Schicht. Vor etwa hundert Jahren waren sie von England hierhergekommen, und Oliver Cromwell (verflucht sei sein Name!) hatte mit seinem blutigen Gemetzel unter der irischen Bevölkerung ihre jetzige Machtposition geschaffen. Für sie waren die Iren nur Barbaren ohne Kultur und Verstand. Die Gesetze, die sie erlassen hatten, verweigerten den irischen Katholiken praktisch jedes menschliche Recht. Sie verboten ihnen, Land zu besitzen, eine Ausbildung zu erhalten, zur Wahl zu gehen, ein Geschäft zu eröffnen und ihre Religion auszuüben. Darüber hinaus mußten die Iren auch noch eine jährliche Abgabe an die anglikanische Kirche bezahlen. Kein Wunder, daß die Iren die Engländer mit jeder Faser ihres Herzens haßten. Caitlyn war da keine Ausnahme.
    Sobald sie aus dem Blickfeld der Polizisten verschwunden waren, zerrte sie kräftig an seiner Hand, aber sein Griff lockerte sich nicht. Er verlangsamte seinen Schritt und musterte sie. Seine Größe war wirklich beeindruckend, aber so leicht ließ Caitlyn sich nicht einschüchtern, und sie funkelte ihn an. Auch die Tatsache, daß er sie nicht an die Polizisten übergeben hatte, konnte ihren Haß nicht mildern.
    »Verdammter Engländer!« zischte sie, und seine Augen wurden schmal. Er wog bestimmt doppelt soviel wie sie, und er überragte sie um einiges, aber Zurückhaltung war noch nie ihre Stärke gewesen.
    Er blieb stehen, drehte sich zu ihr um und hielt ihr seine freie Hand hin. »Meine Geldbörse, bitte.«
    »Das Geld ist von den Iren gestohlen, genau wie ihr ver-
    dammten Schweine unser Land stehlt!« Wütend starrte sie ihn an. Sie wußte sehr wohl, daß ihn zu verärgern das Dümmste war, was sie tun konnte, aber es gelang ihr nicht, sich zu zügeln.    
    Er streckte ihr nur wortlos seine Hand entgegen, und ihr blieb nichts anderes übrig, als in den weiten Taschen ihres Mantels nach seiner Geldbörse zu kramen. Sie gab sie ihm nur widerwillig. Er dankte ihr mit einem kühlen Nicken und steckte die Börse weg, ohne auch nur einen weiteren Blick darauf zu werfen. Dann musterte er sie wortlos. Wütend starrte sie zurück, aber es fiel ihr schwer, dem Blick seiner hellen Augen standzuhalten.
    »Da habe ich mir also einen irischen Dieb eingefangen.« Mit diesem Satz trieb er sie fast zur Weißglut.
    »Und die dreckigsten sind die, die von den Iren stehlen!« Wütend funkelte sie ihn an. Ihr Stolz hatte einen schweren Schlag erlitten, sie hatte Angst, und zu allem Überfluß war sie auch noch diesem verdammten Engländer mit seinen Teufelsaugen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.
    Er schüttelte den Kopf. »Heißblütig wie alle Iren«, sagte er gelassen. »Das wird dich schneller umbringen als das Stehlen. Wenn du so weitermachst, lebst du nicht mehr lange genug, um dich das erste Mal zu rasieren. Oder mit deinem ersten Mädchen zu schlafen.«
    »Und was zum Teufel geht das dich eigentlich an? Was weißt du schon, du verdammtes englisches Schwein?«
    »Paß auf, was du sagst! Ich werde mir nicht noch mehr Unverschämtheiten gefallen lassen, und schon gar nicht von einer halben Portion, die meine Geldbörse stehlen wollte.« Er musterte sie mit gerunzelter Stirn. Caitlyn starrte zurück. Es freute sie, daß sie es endlich geschafft hatte, ihn zu reizen. Ihr Triumph war jedoch von kurzer Dauer, denn ihr Magen begann ohne Vorwarnung laut zu knurren.
    »Du hast Hunger, nicht?« Seine Stirn glättete sich. »Was meinst du, wenn ich dir etwas zu essen gebe, wirst du es dann schaffen, dich einer zivilisierten Sprache zu bedienen?«
    »Mit so einem wie dir würde ich nicht einmal das Brot brechen, wenn ich am Verhungern wäre!« Ihr Stolz war getroffen. »Außerdem habe ich gerade gegessen. Frisches Brot mit Butter, Kartoffeln, Fisch .. .«
    »Ja, und ich bin St. Patrick«, entgegnete er freundlich.

Weitere Kostenlose Bücher