Im Zauber dieser Nacht
unglücklich zu.
Er kam näher. So nah, dass sie die Wärme seines Körpers durch die Smokingjacke spüren konnte. „Sagen Sie die Wahrheit! Warum sind Sie wirklich hier?“
Sie schluckte und blickte auf ihre ausgetretenen Turnschuhe. „Ich wollte nur ein paar Stunden in Ruhe und Frieden arbeiten.“
„An einem Samstagabend?“, erwiderte er kalt. „Sie haben mein Büro durchsucht! In meinen Akten geschnüffelt.“
Lilley sah auf. „Nein!“
Prinz Alessandro verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete sie mit versteinerter Miene.
„Ich habe mich versteckt.“ Ihre Stimme war so leise, dass man sie kaum verstehen konnte.
„Versteckt? Wovor versteckt?“
Gegen ihren Willen platzte sie mit der Wahrheit heraus: „Vor Ihnen.“
Er beugte sich zu ihr und sah sie scharf an. „Warum?“
Seine Nähe raubte ihr den Atem. Sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. „Ich habe geweint“, wisperte sie. „Ich konnte nicht zu Hause bleiben, ich liege mit meinem Arbeitspensum zurück, und ich wollte nicht, dass Sie mich weinen sehen.“
Lilley wandte sich ab. Mit aller Kraft bemühte sie sich, nicht vor ihrem mächtigen Boss in Tränen auszubrechen. Das würde ihre Demütigung perfekt machen. Er würde sie feuern – ob für das Herumschleichen in seinem Büro, für einen unprofessionellen Tränenausbruch oder für ihre zu langsame Arbeit, spielte dann auch keine Rolle mehr. Sie würde die letzte Sache verlieren, die ihr noch etwas bedeutete. Das perfekte Ende für den zweitschlimmsten Tag in ihrem Leben.
„Ah“, sagte er sanft. „Ich verstehe.“
Lilley ließ die Schultern hängen. Jetzt würde er ihr gleich mitteilen, dass sie ihre Sachen holen und aus dem Gebäude verschwinden sollte.
Der Blick des Prinzen war so dunkel wie der nächtliche Ozean. Tief genug, um darin zu versinken. „Haben Sie ihn geliebt?“
„Was?“ Lilley blinzelte. „Wen?“
Ein Lächeln zuckte um seinen sinnlichen Mund. „Den Mann.“
„Wie kommen Sie darauf, dass ich wegen eines Mannes geweint habe?“
„Warum sonst würde eine Frau weinen?“
Sie lachte auf, aber es klang fast wie ein Schluchzen. „Heute ist alles schiefgegangen. Ich dachte, es würde mir guttun, wenn ich ein bisschen abnehme, und bin joggen gegangen. Ein großer Fehler.“ Sie sah an ihrer ausgebeulten Trainingskleidung hinunter. „Meine Mitbewohnerin dachte nämlich, ich wäre schon bei der Arbeit. Als ich zurückgekommen bin, habe ich sie mit meinem Freund gefunden. Im Bett.“
Alessandro legte eine Hand an ihre Wange. „Das tut mir leid.“
Schockiert über sein unerwartetes Mitgefühl sah Lilley zu ihm auf. Unwillkürlich teilten sich ihre Lippen. Ihr war, als würde seine Berührung glühende Funken über ihre Haut senden. Ihre Brüste fühlten sich plötzlich seltsam schwer an, und unter dem Sport-BH richteten sich ihre Brustwarzen auf.
Alessandro wirkte erstaunt. „Aber Sie sind wunderschön.“
Wunderschön? Seine Worte waren wie eine Ohrfeige. „Nicht.“
Er runzelte die Stirn. „Nicht was?“
Seine Grausamkeit raubte ihr den Atem. „Ich weiß, dass ich nicht schön bin. Das macht nichts. Ich bin auch nicht klug, und damit kann ich leben. Aber dass Sie dastehen und mich verspotten …“ Sie ballte die Hände zu Fäusten und funkelte ihn an. „Das ist nicht nur herablassend, das ist herzlos!“
Alessandro betrachtete sie ernst. Er sagte kein Wort. Als Lilley klar wurde, dass sie gerade ihren Chef abgekanzelt hatte, schnappte sie nach Luft. „Ich bin gefeuert, nicht wahr?“
Er antwortete nicht.
Mit zitternden Händen hob Lilley einen Ordner vom Boden auf und griff nach dem Aktenwagen. „Ich bringe noch die Arbeit zu Ende“, murmelte sie elend, „dann packe ich meine Sachen zusammen.“
Sie wollte sich abwenden, doch er umfasste ihren Arm und hielt sie fest. „Ein Kompliment ist also Spott und Hohn?“ Er schüttelte den Kopf und sah auf sie herunter. „Sie sind wirklich ein seltsames Mädchen, Lilley Smith.“
Für einen Moment glaubte sie fast … Aber nein! Seltsam war nur ein anderes Wort für rettungslose Versagerin . „Das hat mir schon mein Vater immer gesagt“, erwiderte sie tonlos.
„Sie sind nicht gefeuert.“
Lilley wagte kaum, an ihr Glück zu glauben. „Bin ich nicht?“
Er nahm den Aktenordner aus ihrer Hand und legte ihn auf den Wagen. „Ich habe eine ganz andere Strafe im Sinn.“
„Die Guillotine?“, fragte sie schwach. „Den elektrischen Stuhl?“
„Sie begleiten mich
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