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Im Zeichen der Angst Roman

Titel: Im Zeichen der Angst Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Bechtheim
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wie das Glas Wasser, das ich jeden Morgen trank, bevor ich aufstand. Es erfrischte mich. Und genau das tat auch mein Job. Ohne ihn würde ich eingehen wie ein Fisch ohne Wasser.
    Ich konnte mir in meinem Job sicherlich eine Menge leisten, aber ganz sicher nicht, erneut inhaftiert zu werden. Oder überhaupt nur als Verdächtige in Frage zu kommen. Ich brauchte meine Reputation, was auch immer das sonst bedeutete. Ich brauchte meinen guten Namen. Claus hatte mir nach meinem Gefängnisaufenthalt eine zweite Chance in der Redaktion gegeben - und ich hatte sehr viel Zeit und Mühe aufgewandt, um mich gegen Widerstände von Kollegen und Interviewpartnern durchzusetzen. Aber ich hatte es geschafft und mir noch einmal einen Ruf als seriöse und zuverlässige Journalistin erarbeitet. Noch eine Chance würde ich nicht bekommen. War mein Name diesmal im Eimer, war ich als Reporterin wertlos. Kein Mensch würde mehr mit mir reden - und niemand mehr mit mir arbeiten.
    »Ich weiß nicht, wie ich Ihnen helfen kann«, sagte ich.
    »Das wird sich rausstellen. Aber sicherlich möchten Sie uns helfen, so gut Sie können.«
    »Sicher«, sagte ich. »Ganz sicher. Ich möchte nämlich nicht, dass Ihre Karriere durch zu wenig Menschenkenntnis und zu viel Unprofessionalität vorzeitig endet.«
    Groß verzog die Mundwinkel. Fast hätte er gelächelt. »Dann kommen Sie also mit.«
    »Warten Sie einen Moment«, sagte ich. »Ich muss mich zumindest beim Milchdienst abmelden.«
    Groß nickte.
    Ich ging zurück in die Cafeteria. Melissa saß mit Josey in einer Ecke. Sie hielten die Köpfe dicht beieinander und tuschelten, als hätte es ihren Streit nie gegeben. Verwundert war ich
nicht. Die beiden zankten sich mindestens einmal am Tag, und kaum überlegte man, ob man versöhnlich eingreifen soll, hatten sie sich schon wieder vertragen.
    Ich winkte den beiden Mädchen zu und sagte Patrizia, dass ich wegmüsste. Sie nickte nur, während sie eine neue Milchtüte auf den Tresen stellte und sich schon dem nächsten Kind in der Schlange zuwandte.
    »Es tut mir leid«, sagte ich und ging hinüber zu Josey.
    »Herzchen, ich muss jetzt mit den beiden Herren weg.«
    »Sie sind von der Polizei«, sagte Melissa naseweis.
    »Woher weißt du das?«
    »Wenn im Fernsehen zwei Männer zu einem kommen und böse gucken, sind sie immer von der Polizei.«
    Mich verblüffte ihre Beobachtungsgabe, und ich musste lächeln.
    »Hast du was getan?«, fragte Josey, und ich schüttelte den Kopf: »Ich soll ihnen nur helfen.«
    »Dann ist gut«, sagte sie.
    »Bis heute Abend«, sagte ich und nahm sie auf den Arm. Sie lächelte, legte ihre Arme um meinen Hals und drückte mir einen Kuss auf den Mund.
    »Wir bauen heute Nachmittag ein neues Haus für Lori und Matti«, sagte sie. Lori und Matti waren Melissas neue Puppen. »Mellie darf heute Mittag meinen neuen Mantel haben. Dafür krieg ich ihren.«
    Ich lächelte, doch es war kein freudiges Lächeln. Sie tauschten manchmal die Sachen, wie alle Mädchen auf diesem Erdball es seit Generationen tun und immer wieder tun werden. Meine erste Tochter Johanna hatte es mit ihrer besten Freundin Katharina auch getan. Das war ihr zum Verhängnis geworden. Denn meine Tochter sollte nicht entführt werden, sondern die Tochter des Immobilientycoons David Plotzer. Doch weil die beiden von ähnlicher Statur waren und sich auch sonst mit ihren dicken Mützen und Mänteln ähnelten, hatte der Entführer
sie verwechselt. Er entführte das Mädchen mit dem dunkelblauen Parka. Und der gehörte Katharina. Doch die trug an jenem verhängnisvollen Januartag den leuchtend roten Wintermantel meiner Tochter.
    Vielleicht sollte ich deshalb ängstlich darauf achten, dass Josey ihre Sachen nicht mit Melissa tauschte. Doch das Leben hat mich gelehrt, dass man manche Schicksalsschläge nicht vermeiden kann. Und dass es sehr viel wichtiger ist, alles zu tun, damit die Kinder glücklich sind, statt sie zu sehr zu behüten oder unter Verschluss zu halten oder ihnen gar ihre einfachsten Freuden zu verbieten.
    »War das deine Idee?«
    Josey schüttelte den Kopf.
    »Meine«, sagte Melissa. »Sie hat gesagt, ich darf mir was wünschen.«
    »Hm«, sagte ich und fühlte mich auf eine merkwürdige Weise zufrieden. Gut, meine Tochter hatte ihrer besten Freundin einen heftigen Fausthieb verpasst - und das tun gute Mädchen nicht.
    Immerhin aber hatte sie verstanden, dass sie zu weit gegangen war und ihren nagelneuen, hellblauen Daunenmantel als Tausch-Trumpf eingesetzt,

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