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Im Zeichen der blauen Flamme

Titel: Im Zeichen der blauen Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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seine Waffe selbst zu schmieden hat. Die Gottheit zürnte ihm deswegen und strafte ihn hart. Nur Susanoo war dazu berufen, das Sternenschwert zu führen. Aber Susanoo hatte den König gedemütigt und sich des Hochverrats schuldig gemacht. Er hatte sein Schwert der Sonnengöttin geweiht und es meiner Obhut übergeben.
    Jetzt ruhte das Schwert, in weiße Seide gehüllt, in einer Truhe aus Ebenholz. Es wurde im Heiligtum aufbewahrt. Zwei Priesterinnen, Etsu und Hana, bewachten es abwechselnd Tag und Nacht. Ich selbst war als Sonnenpriesterin dem Dienst der Göttin Amaterasu, dem Quell allen Lebens, verschrieben. Von frühester Kindheit an hatte ich gelernt, meine hellseherischen Fähigkeiten zu entwickeln, Visionen heraufzubeschwören und Träume zu deuten. Seit der Rückkehr des schwarzen Hengstes spürte ich, dass sich etwas ereignen würde. Das Gefühl war unheimlich und Furcht einflößend wie ein Albtraum. Ich wusste, dass Iri auf Rache sann. Kühl und berechnend schmiedete er seine Ränke, so wie eine Spinne ihr Netz webt …
    Ich lag schon eine Zeit lang wach; mein Kopf schmerzte und mein Atem ging schwer. Meine Lippen waren trocken, und ich fragte mich, ob ich wohl Fieber hatte. Doch meine Stirn war kühl und meine Glieder überliefen keine Schauer. Dennoch fühlte ich, dass mir die Gottheit eine Warnung schickte. Mir war, als spürte ich, geheimnisvoll über mir schwebend, ihre Gegenwart.
    Ich warf meine Decke zurück und stand auf. Rasch ordnete ich mein Gewand und strich mir das wirre Haar aus dem Gesicht. Meine bloßen Füße glitten lautlos über die weichen, elastischen Bodenmatten. Behutsam ließ ich die Schiebetür zur Seite gleiten. Meine Dienerin Maki schlief auf einer Matte vor meinem Gemach. Ich wollte sie nicht wecken und stieg vorsichtig über sie hinweg.
    Tatsuda war eine Kriegsfestung. Der Kaiser hatte sie prunkvoll ausstatten lassen, aber ihre besondere Bestimmung ließ es nicht zu, dass das Heiligtum abseits der Wohnräume auf Pfählen errichtet wurde. Die Kultgegenstände wurden in einem Raum aufbewahrt, der mit meinen Gemächern durch einen Korridor verbunden war. Leise schritt ich den Gang entlang. Ich hatte die Lederbänder aufgeknotet und die Sichel von meinem Hals genommen. Instinktiv hielt ich sie nicht wie ein Schmuckstück in der Hand, sondern wie eine Waffe, die sie eigentlich war. Vor dem Heiligtum kniete ich nieder und klopfte leise mit den Fingerspitzen an die Schiebetür, in der Annahme, dass die wachende Priesterin mich hören würde. Doch nichts rührte sich. Ich vernahm nur mein eigenes Herzklopfen und das Rascheln meines Seidengewandes, als ich die Tür zur Seite schob. Im Halbdunkel sah ich den Tragaltar aus Pappelholz zwischen den rot lackierten Pfosten. Über dem Altar hing eine armdicke »Shimenawa«, die »Schnur der Läuterung«, aus geflochtenem Reisstroh. Diese Schnur grenzte die heiligen Dinge von den weltlichen ab. Dünne Streifen aus geweihter Seide, die ich selbst gewebt hatte, waren girlandenförmig daran befestigt. Vor dem Altar stand die Truhe aus Ebenholz und davor sah ich die beiden Priesterinnen regungslos am Boden liegen. Eine heiße Zorneswelle stieg in mir hoch. Wie konnten die Frauen ihre Pflicht vergessen und schlafen! Meine Empörung jedoch verflog schlagartig. Die Haltung der Priesterinnen hatte etwas Unnatürliches an sich. Ich trat näher und beugte mich über Etsu, die Ältere. Ich berührte ihre ausgestreckte Hand: Sie war schlaff und warm. Zwischen ihren halb geschlossenen Lidern schimmerte das Weiße der Augen. Hana lag neben ihr und atmete mühsam. Ihre Schultern hoben und senkten sich bei jedem Atemzug. Das aufgelöste Haar klebte an ihrem Gesicht. Mit einem Mal begriff ich: Den Frauen war ein Schlaftrunk eingeflößt worden! Ich richtete mich auf. Meine Augen hasteten durch den Raum, blieben an der Truhe vor dem Altar haften. Da sah ich, dass sie leer war. Die Seide schimmerte wie bläuliches Flusseis im Morgenlicht. Das Sternenschwert war verschwunden! Einige Atemzüge lang stand ich wie versteinert. Meine Ahnung hatte mich nicht getäuscht! Dann flammte Wut in mir auf; sie brauste in meinem Kopf, schüttelte meinen Körper, bis ich fast wahnsinnig wurde. Ich wusste, wer den Befehl gegeben hatte, das Sternenschwert aus dem Heiligtum zu entfernen. Mit beiden Händen umklammerte ich die

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