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Im Zeichen der blauen Flamme

Titel: Im Zeichen der blauen Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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bereit, dich und dein Heer für uns einzusetzen?«
    Susanoo erwiderte fest und offen ihren Blick. »Mein Leben ist mit dem Leben der Aiu-Utari verknüpft. Ich bin gekommen, um euch zur Seite zu stehen. Noch seid ihr ein freies Volk, aber wenn ihr die Eindringlinge durchziehen lasst oder euch durch Verträge an sie bindet, werdet ihr bald unter der Knechtschaft der erbarmungslosen Ausbeuter wehklagen …«
    Die Frau beobachtete ihn. Unter der blauen Tätowierung waren ihre Augen hell und braun wie Wolfsaugen. Unerwartet rief sie aus: »Ich achte dich! Sei willkommen an unserem Lagerfeuer!«
    Bei ihren Worten erhob sich ein wütendes, finsteres Grollen unter den Häuptlingen. Tisina blickte sie drohend an und fuhr fort: »Ich, Tisina, sage euch: Der Herrscher von Izumo tötete unseren König in ehrenhaftem Kampf und überließ uns seine sterbliche Hülle, auf dass die Boten des Himmels ihn zu den Göttern geleiten konnten. Er vermischte sein Blut mit dem der Aiu-Utari und wird seine Kinder und Kindeskinder in der heiligen Eidesformel unterweisen. Ich, Tisina, sage euch: Er soll zu uns gehören!«
    Das Grollen der Häuptlinge ging unter in dem donnernden Schrei aus den Kehlen der Krieger. Die Aiu-Utari schwenkten ihre Speere und Schwerter. Und während die blutrote Sonne hinter den schwarzen Hängen versank, schwebte die bleiche Sichel des zunehmenden Frühlingsmondes über den dunstigen Hügeln empor …

17
    D ie Kronen der tausendjährigen Bäume wölbten sich zu seltsamen Kuppeln. Die frischen Knospen hatten sich schon entfaltet und das Licht schimmerte durch die Zweige wie durch ein grün schillerndes Netz. Susanoo wurde das Gefühl nicht los, dass er unter ihnen wie durch riesige lebendige Räume wandelte.
    Das größte Ainu-Lager, das er je gesehen hatte, erstreckte sich auf beiden Seiten eines Flusslaufes. Die Hütten bestanden aus geflochtenen Zweigen und Moos. Sie wurden von geschnitzten Pfählen gestützt und waren sehr geräumig. Felle, bunte Teppiche und Decken lagen auf dem Boden. Alle Frauen waren geschickte Weberinnen. Susanoo wurde nicht müde, die Schönheit und Farbenpracht der Webmuster zu bewundern. Die Farben wurden durch verschiedene Pflanzenabsude gewonnen, auch aus Mineralien und gewissen Arten von Sandsteinen, die sie zerrieben und mit Kräutern vermischten.
    Die Lebensgrundlage der Ainu waren das Jagen und Fischen. Die Küstenbewohner erlegten die Wale und Seehunde mit Harpunen. Aus ihren Häuten verfertigten sie Boote. Die Wald-Ainu dagegen waren hauptsächlich Fallensteller. Die Felle und Tierhäute verwendeten sie für Winterumhänge und Decken. Zum Binden und Knüpfen benutzten sie Fellstreifen. Aus den Knochen schnitzten sie Werkzeuge und Nadeln, die Sehnen dienten als Fäden. Sie bauten keinen Reis an, sondern nährten sich von Früchten und Beeren; das Ernten war den Frauen vorbehalten und mit allerlei magischen Zeremonien verknüpft. Obgleich die Bären für sie als heilig galten, war es Brauch, zweimal im Jahr, bei der Winter- und Sommersonnenwende, eines dieser Tiere zu Ehren des Feuergottes Kamuy Huchi zu opfern und zu verspeisen, wobei die Tatzen als besondere Leckerbissen angesehen wurden.
    Am dritten Tag, bei Vollmond, fand in der »Nusasa«, der großen Beratungshütte, die Zusammenkunft der Ottena statt. In der Mitte war ein Feuer entfacht worden, dessen Qualm durch eine Öffnung im Dach abzog.
    Schon bei den ersten Gesprächen mit den Häuptlingen wurde Susanoo klar, dass die Ainu die Lage nicht richtig einschätzten. Sie hatten keine Ahnung, was die Tungusen unter »Vernichtungsschlacht« verstanden. Sie glaubten felsenfest, dass Iri den Schwarzen Raben gefangen hielt, und waren bereit, die Festung zu stürmen, um ihn zu befreien. Danach - das war ihre Ansicht - würden die Sisamu unverzüglich den Rückzug antreten. Nachdem Susanoo ihnen geduldig zugehört hatte, versuchte er, ihnen den Sachverhalt zu erläutern. Die der Ainu überlegene Strategie der Tungusen hatte er zur Genüge kennengelernt und selbst praktiziert. Er war imstande, ihnen wertvolle Ratschläge zu geben. Das Ziel Seiner Allerhöchsten Majestät war nicht Ikoma, sondern das Ostmeer und somit die ganze Inselgruppe. Er hatte bereits Stützpunkte im Westen und Süden errichtet und eine Reihe von Festungen der Küste entlang gebaut.
    Â»Bei Seiner

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