Im Zeichen der blauen Flamme
er, ich weià es â¦Â«
»Sag mir, was ich tun soll â¦Â«, antwortete er beklommen.
Amo no Uzume warf ihr langes Haar wie einen Vorhang über ihr mondlichtes Antlitz. »Der König findet Tag und Nacht keine Ruhe. Die Schmach, die der Herrscher von Izumo ihm angetan hat, bedrückt ihn wie ein Albtraum. Du allein kannst ihm helfen, sein Herz durch Rache zu befriedigen.«
Karas schaute sie an, als hätte ihn ein Keulenschlag an der Stirn getroffen. »Wie könnte ich den Herrscher von Izumo verraten: Er leistete den Eid der Aiu-Utari â¦!«
Ama no Uzume lieà zärtlich ihre Finger über seinen Arm gleiten. »Und doch wünschst du dir sein Verderben, denn er gab deinem Vater den Todesstoà â¦Â«
»Abgründe gähnen zwischen Gedanken und Taten!«, erwiderte Karas mit bebender Stimme. »Das Herz bräche mir, wenn ich meiner Schwester ein Leid antun sollte!«
Sie beruhigte ihn mit einem Lächeln. »Der Herrscherin von Izumo würde kein Leid geschehen. Seine Allerhöchste Majestät achtet sie wie seine eigene Schwester. Ihr habt beide genug gekämpft und gelitten. Jetzt könntet ihr das Werkzeug sein, das den Frieden zwischen unseren beiden Völkern schmiedet. Der Herrscher von Izumo ist das einzige Hindernis, das seinen Plänen im Wege steht.«
Ihre schönen Augen wurden plötzlich hart. »Du weiÃt es nicht«, zischte sie. »Auch mich hat er einst gekränkt und gedemütigt.«
»Dich?« Er starrte sie an. Seine Lippen waren aschfahl geworden.
»Ja.« Sie nickte traurig. »Es war in einer anderen Zeit, in einer anderen Welt. Ich hatte es bereits vergessen. Doch deine Worte haben die alte Wunde wieder aufgerissen â¦Â«
Ein Schluchzen hob ihre Brust. »Ich will nicht, dass wir getrennt werden! Ich kann nicht mehr leben, wenn du nicht in meiner Nähe bist. Eine Puppe wird gehen und sprechen und meine Kleider tragen, während mein Herz vor Kummer zerbricht â¦Â«
Er sah die Tränen wie Diamantenstaub auf ihren Wangen glitzern. Ihre Wärme, ihr Duft hüllten ihn ein. Gelähmt in seinem Willen und jeder Widerstandskraft beraubt, hob er sie in seine Arme.
»Weine nicht«, flüsterte er mit rauer Stimme. »Beruhige dich. Wir bleiben immer beisammen. Ich werde mich den Wünschen des Königs fügen â¦Â«
16
D ie Banner von Izumo flatterten im Wind. Der Himmel war blank wie Jade, überflutet von glitzerndem Sonnenlicht. Im Westen warf der Berg Ikoma einen riesigen Schatten über das Land. Die Hänge waren noch mit Schnee bedeckt, während in der Ebene das Frühlingsgras leuchtete.
Die Vorhut ritt den Bannerträgern hundert Schritte voraus. Dann folgte die Reiterei. Dahinter stapfte, nicht ohne Mühe, das FuÃvolk. Schwer bepackte Lasttiere und die Dienerschaft bildeten den Schluss.
Susanoo, der neben Kubichi ritt, spürte plötzlich die Unruhe der Pferde wie ein Signal, das sich in geheimnisvollen Wellen übertrug. Er richtete sich im Sattel auf. Die Schultern tief in seinen Wolfsfellumhang vergraben, lieà er die Augen über das Gelände schweifen. Sein Blick durchforschte mit gröÃter Aufmerksamkeit die Landschaft, wobei er keinen Felsen, kein Gebüsch und keine vorspringende Kante auslieÃ. Doch er entdeckte nicht die unscheinbarste Bewegung, und auÃer den stampfenden, klirrenden Geräuschen hörte er auch keinen Laut.
Da sagte Kubichi, leise und hastig: »Was immer auch kommen mag, die Männer sollen die Hände von der Waffe lassen â¦Â«
Ein Vogel schwirrte auf, glitt durch die Luft und verschwand in einem Busch. Susanoo stockte der Atem. Noch vor einem Augenblick war nichts zu sehen gewesen und jetzt zeichneten sich auf den Hügelrücken zu beiden Seiten des Heeres Hunderte von bewaffneten Ainu ab. Eine Bewegung lief durch die Kolonne. Die Vorhut zügelte ihre Pferde, dass Steine hochwirbelten, die folgenden Reihen stauten und drängten sich hinter ihnen.
Susanoo riss sein Reittier herum. »AufschlieÃen! Weiterreiten!«, befahl er mit schneidender Stimme. Lautlos und unglaublich behände begleiteten die Ainu die vorrückende Kolonne. Es war, als seien beide Hügelketten in Bewegung. Auf einmal brachen aus dem Wald an der Wiesengrenze fünf- bis sechshundert Ainu hervor und versperrten der Vorhut den Weg. Die Reiter mussten anhalten.
Die Ainu standen da wie eine undurchdringliche
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