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Im Zeichen der blauen Flamme

Titel: Im Zeichen der blauen Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Allerhöchsten Majestät würde ein Überfall auf Tatsuda eine ähnliche Wirkung hervorrufen wie ein Wespenstich bei einem Rehbock: Er würde ihn reizen, aber nicht schwächen. Die Flüsse sind wieder befahrbar: Bald werden hundert Galeeren zur Küste hinuntersegeln und ein Heer von zehntausend Mann - Reiter und Fußvolk - an Bord haben.«
    Die Männer verharrten in finsterem Schweigen. Tisinas Gesicht war unbewegt. Sie schien durch das Feuer auf ferne Dinge und Orte zu schauen. Dann knurrte Arinku, der Häuptling vom Fuchs-Kotan: »Wenn die Sisamu den Krieg wollen, dann sollen sie ihn haben.«
    Susanoo nickte. »Einverstanden. Aber dann bestimmen wir, wann und wo. Ikoma ist eine Waldgegend. Hier sind wir jedem Reiterheer überlegen. Seine Allerhöchste Majestät hofft, dass wir Tatsuda einkreisen, um uns dann mit seiner Hauptstreitmacht in den Rücken zu fallen. Dieses Vergnügen jedoch wollen wir ihm nicht gönnen. Jetzt haben wir Gelegenheit, ihn in einem Netz zu fangen, aus dem er so leicht nicht wieder hinausfindet. Wir können uns jahrelang in den Wäldern verschanzen und Iris Hauptschlagader, den Yodo-Fluss, bedrohen.« Die Augen der Ratsteilnehmer blitzten. Susanoo fühlte, dass er langsam die Oberhand gewann. Da erhob sich Tinemba, der Häuptling vom Dachs-Kotan, und sprach angriffslustig: »Wo ist das Zauberschwert, das unseren König tötete? Zeig uns die Waffe, die jetzt für uns kämpfen soll!«
    Susanoo spürte, wie Kubichi den Atem anhielt. Doch er erwiderte ruhig: »Die Göttin entzog mir dieses Schwert. Die Waffe wurde vernichtet.«
    Â»Und warum«, fragte Tinemba, »hast du der Göttin missfallen?«
    Susanoo zögerte. Dann antwortete er freimütig: »Ich weiß es nicht. Ich bin mir keines Frevels bewusst.«
    Stille. Niemand rührte sich. Die Röte der Flammen zuckte auf den Gesichtern.
    Dann fragte Ikanui, der Häuptling vom Hirsch-Kotan, mit arrogantem Schnauben: »Hat ein Mann, der seine Göttin erzürnte, überhaupt das Recht, an unserem Rat teilzunehmen?«
    Susanoos Hand fuhr blitzschnell hoch, schwebte schattenhaft über seinem Schwertgriff. Kubichi war leichenblass geworden. Ihre Zähne gruben sich in die Unterlippe. Dann holte Susanoo tief Atem und legte die Hand wieder zurück auf sein Knie.
    Â»Die Göttin hat tausend und abertausend Kinder, doch sie kennt ein jedes. Sie zieht uns in den Staub, wann immer es ihr beliebt. Aber meine Zeit ist noch nicht gekommen. Nicht meine Herkunft fordert von mir, euch zu führen, sondern allein meine Bereitschaft. Das Volk der Aiu-Utari ist für mich wie mein eigenes Fleisch und Blut. Das sollte euch genügen.«
    Steinernen Gesichtes blickte er von einem zum anderen. Die Männer senkten die Lider. Nur Tisina wandte die Augen nicht ab. Ihr Gesicht war unbewegt. Plötzlich brach ihre kehlige Stimme das Schweigen.
    Â»Wir haben keine andere Wahl. Wenn der letzte Aiu-Utari sein Leben gelassen hat, werden nur noch die Schatten der Toten die Wälder bevölkern. Sag uns, was wir tun sollen.«
    Â»Seid ihr bereit, meine Befehle auszuführen?«
    Susanoo warf mit der Frage seinen messerscharfen Blick in die Runde.
    Â»Wir sind bereit.« Die Antwort kam von Arinku, dem Ottena der Füchse. »Wir schwören es beim Geist des Nordsterns, der in unserem Herzen wohnt.«
    Â 
    Später, in der Dunkelheit des Zeltes, als Kubichi in seinen Armen lag, hörte er, wie sie seufzte.
    Â»Was ist?«, fragte er zärtlich.
    Sie antwortete traurig: »Ich denke an Karas, meinen Bruder. Ich spüre eine seltsame Leere in mir. Es ist nicht die Leere des Todes. Mein Herz und sein Herz schlagen, aber wir verstehen einander nicht mehr.«
    Susanoo lächelte verächtlich. »Seine Hinterlistige Majestät wird ihn zu überzeugen versuchen, dass die Aiu-Utari keine verlässlicheren Freunde als die Tungusen haben. Er wird ihn mit schönen Worten und kostbaren Geschenken betören. Aber Karas wird sich zu wehren wissen.«
    Er sah in der Finsternis den weichen Glanz ihrer Augen. »Er ist gutgläubig wie ein Kind. Er kennt nicht die Schliche der Sisamu. Der König wird ihn für seine Zwecke missbrauchen.«
    Es kam ihm der Gedanke, dass sie recht haben mochte. Doch er schwieg, um sie nicht noch mehr zu beunruhigen. Sie lag ganz still, aber er spürte, dass ihr Herz heftig schlug.
    Plötzlich erschauerte

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