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Imagica

Imagica

Titel: Imagica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Gentle warf den Stein hoch und fing ihn wieder auf. »Vielleicht hast du recht.«
    Erneut warf der Maestro den Stein, und er sauste viel höher empor, als es die eingesetzte Muskelkraft erlaubte. Am Scheitelpunkt der Flugbahn schien der Gegenstand kurz zu verharren, um dann, der Schwerkraft zum Trotz, in aller Ruhe zu Gentles Hand zurückzukehren. Während das Objekt herabsank, brachte es die Andeutung eines Nieselregens mit sich, der die beiden nach oben gewandten Gesichter kühlte.
    Montag seufzte voller Wohlbehagen. »Regen aus dem Nichts«, sagte er. »So etwas habe ich schon einmal erlebt.«
    Gentle beobachtete einige Sekunden lang, wie sich Montag Schmutz von den Wangen wusch, dann ging er zu Chicka Jackeen, der seinen Gefährten inzwischen alles erklärt hatte.
    Sie wahrten einen respektvollen Abstand und sahen voller Unbehagen zu den beiden Maestros hinüber.
    »Sie glauben, daß wir sterben werden«, sagte Jackeen.
    »Und vielleicht haben sie recht«, erwiderte Gentle. »Bist du wirklich sicher, daß du mich begleiten möchtest?«
    »Nie bin ich bei irgend etwas sicherer gewesen.«
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    Im Anschluß an diesen Wortwechsel näherten sie sich jenem Bereich, wo die feste Substanz der Zweiten Domäne in die Leere der Rasur überging. Während die beiden Männer weiterschritten, erklang hinter ihnen die Stimme eines Manglers, dem der Abschied von Jackeen großen Kummer bereitete. Weitere Rufe folgten dem ersten und verschmolzen miteinander. Chicka blieb kurz stehen und blickte zu der Gruppe zurück. Gentle forderte ihn nicht auf, sich wieder in Bewegung zu setzen. Er ignorierte die Stimmen und ging schneller, dabei spürte er, wie sich die Rasur um ihn herum verdichtete und der Gestank der Ersten immer deutlicher wurde. Er war darauf vorbereitet und hielt nicht etwa den Atem an, sondern sog sich die Fäulnis seines Vaters tief in die Lungen, widerstand ihrem Brennen.
    Einmal mehr ertönte ein Schrei hinter ihm, und diesmal stammte er nicht von einem Mangler, sondern von Jackeen.
    Der Tonfall kündete nicht etwa von Entsetzen, sondern brachte eher Erstaunen zum Ausdruck und weckte damit Gentles Neugier. Er sah über die Schulter, doch Chicka blieb im Nichts verborgen. Der Rekonziliant wollte sich nicht aufhalten lassen und ging weiter, von einer seltsamen Entschlossenheit angetrieben. Seine geschwächten Beine hatten irgendwo neue Kraft gefunden, und das Herz klopfte schneller.
    Voraus wogten Dunst- und Nebelschwaden und offenbarten vage Konturen der Ersten. Und hinter dem Wanderer...
    »Maestro? Maestro! Wo bist du?«
    »Hier, Lucius!« erwiderte Gentle, blieb jedoch nicht stehen.
    »Warte auf mich!« schnaufte Jackeen. »Warte!« Er kam aus der Leere gelaufen und legte dem Freund die Hand auf die Schulter.
    »Was ist denn?« fragte Gentle und musterte Jackeen, der die Last der Jahre abgestreift zu haben schien und nun wieder wie ein junger Mann wirkte, den Zauber und Magie mit Ehrfurcht erfüllten.
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    »Das Wasser...«, begann er.
    »Was soll damit sein?«
    »Es ist dir gefolgt, Maestro. Die Fluten sind dir gefolgt.«
    Sie kamen, als Jackeen diese Worte formulierte. Und wie sie kamen! Glitzernde Rinnsale krochen dem Rekonzilianten über Fußknöchel und Schienbeine, glitten wie Schlangen an ihm hoch zu den Händen. Beziehungsweise zu dem blauen Stein.
    Als Gentle die Zielstrebigkeit des Wassers erkannte, hörte er noch einmal Huzzahs Lachen und fühlte ihre kleinen Finger, als sie ihm das blaue Ei reichte. Für ihn bestand jetzt kein Zweifel mehr daran, daß sie über die Bedeutung ihres Geschenks genau Bescheid gewußt hatte. Und vielleicht galt das auch für Jude. Er schlüpfte nun in die Rolle ihres Beauftragten, so wie er vorher zum Gesandten seiner Mutter geworden war, und diese Vorstellung zauberte ihm ein Echo des kindlichen Glucksens auf die Lippen.
    Das Ei ließ nun einen neuerlichen Nieselregen entstehen, dessen Nässe sich dem Plätschern zu Gentles Füßen hinzugesellte, und innerhalb weniger Sekunden verwandelte sich das sanfte Tröpfeln in ein Strömen, das die Düsternis der Rasur aus der Luft wusch. Es dauerte nicht lange, bis Licht zu schimmern begann - das erste Licht in dieser Domäne, seit Hapexamendios damals den Schleier der Leere geschaffen hatte. In diesem Schein sah Gentle, daß Jackeens Begeisterung Panik wich.
    »Wir ertrinken hier!« stieß er hervor. Er baumelte hin und her und versuchte fast verzweifelt, auf den Beinen zu bleiben, als das Wasser schneller floß.
    Der

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