Imagica
entnahm ihr lose Blätter.
»Er hat eine Nachricht für dich geschrieben«, meinte er und hob einen Zettel hoch.
Clem griff danach und las die wenigen Worte, während Montag die Blätter nebeneinander auf den Boden legte und sie so anordnete, daß ein einheitliches Bild entstand. In seiner Stimme erklang ungetrübte Begeisterung, als er sagte:
»Weißt du, was er möchte? Er möchte, daß wir diese Karte auf jede verdammte Mauer malen! Und aufs Pflaster! Und auf unsere Stirn! Sie soll überall zu sehen sein.«
»Das ist viel Arbeit«, kommentierte Clem.
»Ich bin hier, um euch nach besten Kräften zu helfen«, warf Chicka Jackeen ein. Er stand auf, wandte sich vom Kamin ab, ging zu Clem hinüber und betrachtete das Muster, das die Blätter miteinander verband.
»Du bist nicht nur deshalb hier, oder?« fragte Montag.
»Gib's zu.«
»Du hast recht«, räumte Jackeen ein. »Ich bin auch gekommen, um mir eine Frau zu suchen. Aber das hat Zeit.«
»Ja«, brummte Montag. »Dies ist jetzt unsere Aufgabe.«
Er richtete sich auf und trat aus dem Kreis, den die Blätter inzwischen formten. Das war Imagica, beziehungsweise jener kleine Teil davon, den der Rekonziliant gesehen hatte: Patashoqua und Vanaeph; Beatrix und das Gebirge namens Jokalaylau; Mai-Ke; die Wiege; L'Himby und Kwem; der Fastenweg, das Delta und Yzordderrex. Die Straßen außerhalb der Stadt waren zu sehen, und die Wüste dahinter, mit nur einem Weg, der zur Grenze der Zweiten Domäne führte. Was die Erste betraf, zeigten die Blätter nur wenig. Der Wanderer 135
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hinterließ eine Zeichnung der Halbinsel, mit einer Markierung des Ortes, wo er gesessen hatte, aber abgesehen davon bot das entsprechende Blatt nur folgenden Hinweis an: Dies ist eine neue Welt.
»Hier endete die Pilgerreise des Maestros«, sagte Jackeen und deutete auf das Kreuz am Ende des Kaps.
»Liegt er dort begraben?« fragte Clem.
»O nein«, erwiderte Chicka. »Er ist in Bereiche vorgedrun-gen, die sein Leben wie einen Traum erscheinen lassen. Jetzt befindet er sich nicht mehr im Kreis, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Nein, ich verstehe es nicht«, sagte Clem. »Wenn er sich nicht mehr im Kreis befindet - wo ist er dann? Wohin sind ihm Tay und die Geister gefolgt?«
»Ins Innerer desKreises«, betonte Jackeen.
Ein Lächeln spielte um Clems Mundwinkel.
»Darf ich?« Chicka nahm den Zettel mit Gentles Nachricht an sich.
Meine Freunde, las er, Pie ist hier. Ich habe ihn gefunden -
und er mich. Bitte, zeigt die Karte überall, auf daß jeder Wanderer nach Hause zurückkehren kann.
»Ich glaube, damit ist unsere Aufgabe klar, meine Brüder«, sagte Jackeen. Er bückte sich, legte den Zettel in die Mitte des Kreises und kennzeichnete auf diese Weise den Aufenthaltsort des Rekonzilianten: die Heimat der Seelen. »Wenn wir sie erfüllt haben, lassen wir uns davon den Weg weisen. Wir werden Gentle folgen. Mit Gewißheit. Wir alle folgen ihm, irgendwann.«
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