Von Werwölfen entführt!
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Es war bereits später Nachmittag.
Obwohl die Sonne ihren Zenit bereits längst überschritten hatte, brannte sie weiter unbarmherzig vom wolkenlosen Himmel.
Es war ein heißer Julitag in Bayern.
Desiree von Bartenstein spürte die heiße Luft, die das Atmen erschwerte.
Die Klimaanlage des perlweißen Porsche 911 Cabrio leistete gute Dienste und verwandelte die flimmernde Hitze in einen angenehm kühlen Windhauch, der sie kosend umschmeichelte. Das Verdeck des Sportwagens, das sich auf elektrischen Knopfdruck betätigen ließ, hatte sie im Heck versenkt.
Sie fuhr langsam. Auf der trockenen Bundestraße 11 fuhr sie gerade am Walchensee entlang in Richtung Mittenwald. Es herrschte kaum Verkehr, nur selten kam ihr ein anderes Auto oder Lastwagen entgegen. Die Meisten benutzten lieber die Autobahn A95, die sicher schneller von München über Garmisch nach Mittenwald geführt hätte.
Aber Desiree von Bartenstein hatte es nicht eilig. Zeit hatte sie genug, sie wollte die wunderschöne Landschaft genießen. Sie hasste die sich scheinbar endlos dahinschlängelnden Autokarawanen, den süßlichen Benzingestank und das Diktat festgelegter Geschwindigkeit, das jede Möglichkeit individueller Freiheit ausschloss.
Desiree war einundvierzig Jahre alt. Ihre lange schwarze Haarmähne, die im Fahrtwind wehte, fiel sonst weit über die Schultern herab. Dunkelgraue Augen bestimmten ein schmales, energisch wirkendes Gesicht. Sie trug ein elegantes kurzes Sommerkleid, das ihre makellose, schlanke Figur kaum verbergen konnte.
Der Saum des Kleides hatte sich etwas nach oben verschoben und zeigte ihre gebräunten, langen Beine. Der dünne Stoff zeichnete ihre festen und runden Brüste perfekt nach.
Sie entschloss sich noch langsamer zu fahren, denn sie wollte die Zeit ihrer Rückkehr möglichst lange hinauszögern. In der großen Villa in Grünwald wartete nur ihr Ehemann Aurelius von Bartenstein. Auf seinen Anblick und seine Gesellschaft konnte sie gut verzichten. Nach einundzwanzig Ehejahren war einfach die Luft und Liebe verschwunden.
Die Landschaft und die Sonne war das Einzige, das sie noch zärtlich umfasste. Die gleichmäßigen Schwingungen der Federung weckten in ihr ein tiefes Wohlbefinden, der kühle Fahrtwind reizte ihre Haut und ihre Sinne. Sie schmiegte ihren warmen Körper hinein in dieses Wohlbehagen und wünschte sich, die Fahrt würde ewig dauern.
In dieses Wohlbefinden wurde ihre Aufmerksamkeit plötzlich von einem dunklen Punkt geweckt, der sich in der Ferne auf dem weißen Band der Fahrspur bewegte und schnell größer wurde.
Desiree kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Der Punkt verwandelte sich in eine Gestalt, schließlich in einen Menschen, der auf der Straße ging.
Eine weibliche Person, die – weiß der Himmel wie – auf diese leere Bundesstraße geraten war. Als die Fremde den sich nähernden Wagen bemerkte, drehte sie sich um und hob lächelnd den Arm.
Desiree musterte sie misstrauisch.
Sie war allenfalls zwanzig Jahre alt, wahrscheinlich sogar noch etwas jünger. Sie hatte ein hübsches, offenes Gesicht, dachte Desiree, während sie an dem Mädchen vorbeifuhr.
Gewiss war es ungewöhnlich, dass ein Mensch sich zu Fuß auf diese einsame Bundesstraße verirrte. Aber noch ungewöhnlicher erschien, dass dieser Mensch sich als junges Mädchen erwies, das offenbar gutgelaunt und ohne schlimmen Zwang sich hier unterwegs befand.
Sehr schnell wandelte sich das Misstrauen von Desiree in Freude über das Ende der eigentlich doch recht eintönigen Fahrt.
Die Anhalterin war eine willkommene Abwechslung.
Damit sollte sie Recht behalten!
Desiree steuerte den weißen Porsche etwas nach rechts und hielt kurz an. Das Mädchen kam keuchend herangerannt.
„Sie sind meine Rettung“, lachte sie, „nehmen sie mich mit nach Mittenwald?“
Wie jung und unbefangen sie ist, dachte Desiree.
„Ja, selbstverständlich. Steigen sie ein.“
Die Unbekannte öffnete die rechte Wagentür, dann ließ sie sich pustend in das weiche Lederpolster fallen.
„Danke. Vielen Dank.“
Sie wandte sich strahlend Desiree zu.
„Ich heiße Beliar. Sagen sie einfach Bely zu mir, so rufen mich alle.“
„Gut. Und mich können sie Desiree nennen. Einverstanden?“
Das unbekannte Mädchen wirkte entwaffnend sympathisch.
„Desiree? Ein sehr schöner Name. Er passt zu ihnen.“
Desiree von Bartenstein fuhr langsam wieder an.
„Warum passt er zu mir“, fragte sie neugierig und
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