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Immer dieser Michel

Immer dieser Michel

Titel: Immer dieser Michel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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Durcheinander dort herrschte.
    Sobald die Soldaten mit ihren Übungen aufgehört hatten und abmarschierten, wurde die ganze große Wiese auf einmal von Menschen überschwemmt. Es war ein solches Gewühl, daß man sich kaum selbst finden konnte, viel weniger einen kleinen Jungen.
    Nicht nur Michels Eltern suchten Michel, sondern auch Alfred.
    Denn er hatte jetzt frei und brauchte nicht mehr zu exerzieren.
    Nun wollte er mit Michel Zusammensein und feiern. Aber es war einfach nicht möglich, in der Volksmenge auf der Hultsfred-Wiese jemanden zu finden. Beinahe alle, die dort waren, liefen 31
    umher und suchten nach jemandem. Alfred suchte Michel, und Michel suchte Alfred, die Mutter suchte Michel, Lina suchte Alfred, und der Vater suchte die Mutter.
    Ja, sie war eine Zeitlang richtig abhanden gekommen, und Michels Vater mußte zwei Stunden suchen, bis er sie endlich fand
    - verzweifelt und zwischen zwei breiten, riesigen Männern aus Vimmerby eingeklemmt.
    Aber Michel fand niemanden, und niemand fand Michel.
    Allmählich wurde ihm klar: Wenn es überhaupt noch etwas mit dem lustigen Leben werden sollte, dann mußte er allein damit anfangen.
    Aber bevor er beginnen konnte, mußte er dafür sorgen, daß Julia irgendeine alte Mähre fand, mit der sie sich inzwischen unterhalten konnte, das hatte er ihr ja versprochen.
    Michel fand keine alte Mähre für Julia. Aber er fand Markus, und das war noch besser. Markus stand, an einen Baum gebunden, hinten am Waldrand und fraß Heu. Und ganz dicht dabei stand der eigene alte Wagen der Katthulter, den Michel so gut kannte.
    Julia war froh, als sie Markus sah, das merkte man. Michel band sie an denselben Baum und holte einen Armvoll Heu aus dem Wagen. In jenen Zeiten hatte man das immer bei sich für die Pferde. Julia begann sofort zu kauen, und da spürte Michel, daß er auch hungrig war.
    "Obschon ich im großen und ganzen kein Heu esse", sagte Michel.
    Und das war ja wohl auch nicht nötig. Auf der Wiese gab es massenhaft kleine Stände, an denen man sich Butterbrote und Würstchen und Milchbrötchen und Torten kaufen konnte, soviel man wollte - wenn man nur Geld hatte.
    Und für den, der ein lustiges Leben führen wollte, gab es dort eine Menge lustiger Dinge: einen Zirkus und eine Tanzfläche und einen Vergnügungsplatz mit Karussell und anderem Spaß. Dort gab es sogar einen Schwertschlucker, der Schwerter schlukken konnte, und einen Feuerfresser, der Feuer fressen konnte, und dann eine prächtige Dame mit einem Vollbart, die aber nichts 32
    weiter schlucken konnte als alle Stunde einmal Kaffee und Milchbrötchen. Davon wurde sie natürlich nicht reich, aber glücklicherweise hatte sie ihren Bart. Den zeigte sie für Geld und verdiente damit richtig gut.
    Alles kostete Geld auf der Festwiese in Hultsfred. Und Michel hatte kein Geld. Doch er war ein pfiffiger kleiner Bursche, wie ich schon sagte. Er wollte ja soviel wie möglich sehen, und weil es am leichtesten war, fing er mit dem Zirkus an. Er brauchte nur an der Rückseite des Zeltes auf eine Kiste zu klettern und durch ein Loch in der Zeltplane zu gucken.
    Aber Michel lachte so fürchterlich über den Clown, der in der Manege umhersprang und seine Spaße machte, daß er mit einem Krach von der Kiste fiel und sich den Kopf an einem Stein stieß.
    Da verzichtete er auf den Zirkus. Im übrigen war er hungrig, noch mehr als zuvor.
    "Ein lustiges Leben ohne Essen taugt nichts", sagte Michel, "und ohne Geld bekomme ich nichts zu essen. Also muß ich nachdenken."
    Daß man dort auf der Festwiese auf sehr verschiedene Weise Geld verdienen konnte, hatte er ja gesehen, und folglich mußte es auch für ihn eine Möglichkeit geben. Feuer und Schwerter konnte er nicht schlucken, einen Bart hatte er nicht - was sollte er machen?
    Michel stand also da und dachte nach. Und dann sah er, daß dort ein armer alter blinder Mann auf einer Kiste mitten im Volksgedränge stand. Er sang die traurigsten Lieder, und es war jämmerlich, wie er sang. Aber er bekam Geld dafür. Er hatte neben
    die Kiste seinen Hut gelegt, und freundliche Menschen warfen die ganze Zeit Kleingeld in den Hut.
    Das kann ich auch, dachte Michel, und glücklicherweise habe ich ja meine Müsse bei mir. Er legte die Mütze vor sich auf den Boden und stellte sich hin und fing an, denen, die zuhören wollten, etwas vorzusingen:
    "Mein' Mähre läuft nicht wie der Wind. . ."

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    Im Nu waren eine Menge Leute um ihn herum.
    "Oh, welch netter kleiner Junge!" sagten sie. "Er muß

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