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Immer dieser Michel

Immer dieser Michel

Titel: Immer dieser Michel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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sehr, sehr arm sein, wenn er hier herumsteht und für Geld singt."
    Zu der Zeit gab es viele arme Kinder, die nichts zu essen hatten, und jetzt kam eine freundliche Dame zu Michel heran und fragte:
    "Mein kleiner Freund, hast du heute schon etwas zu essen gehabt?"
    "Ja, aber nur Heu!" sagte Michel.
    Und da tat er allen sehr leid. Ein netter Bauer aus Vena hatte Tränen in den Augen. Er weinte über das arme Kind, das da so einsam stand und so schönes wolliges Haar hatte.
    Alle warfen Zweiörestücke und Fünförestücke und Zehnöre-stücke in Michels "Müsse". Der nette Bauer aus Vena suchte ein Zweiörestück aus der Tasche hervor, aber er besann sich, bevor es zu spät war, und steckte es wieder ein, und dann flüsterte er Michel zu:
    "Wenn du mitkommst an meinen Wagen, kannst du noch etwas mehr Heu haben!"
    Aber Michel war ja jetzt reich und hatte die Mütze voller Geld. Er ging also lieber weg und kaufte sich eine ganze Ladung Butterbrote und Brötchen und Kuchen und dazu Saft.
    Als er das alles in sich hineingestopft hatte, fuhr er zweiund-vierzigmal Karussell - für vier Kronen und zwanzig Öre. Niemals zuvor war Michel Karussell gefahren. Er hatte einfach nicht gewußt, daß es etwas so Herrliches auf der Welt gab.
    "Nun führe ich auf jeden Fall ein lustiges Leben", dachte er, als er in dem Karussell herumfuhr, daß sein wolliges Haar wehte. "Viel Spaß habe ich in meinem Leben schon gehabt, aber so etwas noch nie.
    Dann sah er sich den Schwertschlucker und den Feuerfresser und die Dame mit dem Vollbart an, und nach dieser Verschwendung hatte er nur noch zwei Öre.
    "Ich kann ja wieder singen und meine Müsse füllen", dachte Michel. "Hier sind doch alle Menschen so freundlich."

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    Aber da spürte er, daß er müde war. Er wollte nicht mehr singen, Geld wollte er auch nicht mehr haben. Also gab er sein Zweiörestück dem blinden Alten. Dann streifte er ein wenig umher und suchte nach Alfred.
    Wenn Michel glaubte, alle Menschen seien freundlich, so hatte er sich geirrt. Es gab schon den einen oder anderen, der böse war und auch an diesem Tag auf die Festwiese in Hultsfred gekommen war. Zu jener Zeit trieb sich ein unheimlicher Dieb in diesen Gegenden herum. Der Rabe wurde er von allen genannt, die in Smaland Angst vor ihm hatten. Vieles konnte man über seine Gaunerstücke in der Smaland-Zeitung und in der Hultsfred-Post lesen. Überall auf Festen oder Märkten und an anderen Stellen, wo Menschen und Geld die Runde machten, dort - man konnte sicher sein - tauchte der Rabe auf und stahl zusammen, was er nur kriegen konnte. Damit niemand ihn wiedererkennen konnte, hatte er jedesmal verschiedene Backenbärte und Schnurrbärte bei sich. Jetzt, an diesem Tage, war er auf die Festwiese gekommen - in Hultsfred - und schlich dort mit einem schwarzen Schlapphut und falschem schwarzem Schnurrbart umher und spähte, wo es etwas zu stehlen gab. Niemand wußte, daß es der Rabe war, der dort umherschlich, sonst hätten sie alle ein bißchen Angst gehabt. Aber wäre der Rabe klug gewesen, dann wäre er nicht an dem selben Tag auf die Festwiese in Hultsfred gekommen, an dem Michel aus Lonneberga mit seiner "Busse"
    dort war.
    Michel ging also umher und sah sich um und suchte nach Alfred.
    Da kam er an dem Zelt der Dame mit dem Vollbart vorbei, und durch die Zeltöffnung sah er, daß sie dort drinnen saß und Geld zählte. Sie wollte wohl wissen, wieviel sie mit ihrem Bart an einem so guten Sonntag in Hultsfred verdient hatte.
    Wenig konnte es nicht sein, denn sie strich sich schmunzelnd und zufrieden den Bart. Und dann sah sie Michel.
    "Komm nur herein, du kleiner Junge", rief sie. "Du darfst dir meinen Bart völlig umsonst ansehen, weil du so nett aussiehst."

35
    Michel hatte den Bart ja eigentlich schon vorher gesehen, aber wenn er eingeladen wurde, wollte er nicht nein sagen. Und weil es nun völlig umsonst war, ging er in das Zelt hinein - mit seiner
    "Müsse" und seiner "Busse" - und sah sich noch einmal ausgiebig die Dame mit dem Vollbart an, ungefähr für 25 Öre.
    "Wie bekommt man einen so schönen Bart?" fragte er liebenswürdig. Aber die bärtige Dame kam nicht mehr dazu, ihm zu antworten, denn im selben Augenblick hörte man eine unheimliche Stimme zischen:
    "Gib sofort das Geld her, sonst reiße ich dir den Bart herunter!"
    Der Rabe war es. Er hatte sich in das Zelt geschlichen, ohne daß die anderen etwas davon gehört hatten.
    Die bärtige Dame wurde schneeweiß im Gesicht - außer dort natürlich, wo

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