Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Immer dieser Michel

Immer dieser Michel

Titel: Immer dieser Michel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
Vom Netzwerk:
Alfred. Jetzt saß er auf den Knien seines Vaters und fuhr wie der tollste Kutscher - ja, der Bengel wußte, wie man die Zügel halten mußte!
    In der Nacht hatte es geregnet, Dunkelheit und Nebel lagen an diesem trüben Oktobermorgen wie eine Decke auf Lönneberga und dem ganzen Smaland. Noch schimmerte kein Licht über die Baumspitzen, und der Wald stand an beiden Seiten des Weges schwarz und regenschwer, als dort die Katthulter in ihrem Wagen entlangfuhren. Aber sie waren trotzdem fröhlich, und Markus und Julia trabten dahin, daß der Schlamm auf dem lehmigen Weg unter ihren Hufen aufspritzte.

58
    Julia war sicherlich nicht so froh. Sie war alt und nicht unternehmungslustig und hätte am liebsten zu Hause im Stall gestanden. Michel hatte seinem Vater schon lange in den Ohren gelegen, er solle sich ein Jungpferd anschaffen, das besser mit Markus zusammen laufen konnte, und jetzt wäre doch die beste Gelegenheit, wo nun schon einmal Markt war - meinte Michel.
    Aber der Vater sagte: "Du glaubst wohl, wir könnten uns alles und noch mehr leisten? Nein, nein, die alte Julia muß schon noch ein paar Jahre mitmachen, da hilft nichts."
    Und Julia machte mit, ganz gewiß. Tapfer trabte sie die Steigungen hinauf, und Michel, der Julia gern hatte, sang ihr etwas vor, wie er es machte, wenn er sie ein wenig aufmuntern wollte.
    "Mein' Mähre läuft nicht wie der Wind, weil ihre Bein' so klapprig sind. Was macht das?
    Sie trägt mich doch in guter Hut und traben tut sie auch noch gut -
    auf graden Wegen."
    Als die Katthulter nun nach Vimmerby gekommen waren, suchten sie erst einen guten Platz für Markus und Julia. Sie fanden ihn, nicht weit von der Viehkoppel entfernt. Dann aber hatten sie alle verschiedene Sachen zu erledigen. Michels Mutter, die kleine Ida hinter sich an den Rockschößen, ging ein blaues Schreibheft kaufen. Außerdem wollte sie auf dem Markt Wolle und Eier verkaufen, die sie mitgebracht hatte. Lina wollte sofort mit Alfred in eine Konditorei gehen, um Kaffee zu trinken, und sie kriegte ihn wirklich mit, wenn er auch anfangs zog und zerrte und loszukommen versuchte, weil er doch mit Michel und Michels Vater zur Viehkoppel gehen wollte.
    Wenn du einmal an einem Jahrmarktstag in Vimmerby gewesen bist, dann weißt du, was das ist, eine Viehkoppel, nämlich ein eingezäunter Weideplatz, wo man Kühe und Pferde kauft und verkauft. Um diese Zeit war das lustige Treiben auf der Koppel bereits in vollem Gang. Dorthin wollte Michel sofort, und sein Vater hatte nichts dagegen, ihm zu folgen, wenn er auch absolut nicht daran dachte, etwas zu kaufen - er wollte nur gucken.

59
    "Aber denk daran, daß wir um zwölf Uhr bei Frau Petrell zum Mittagessen eingeladen sind", sagte Michels Mutter, bevor sie mit der kleinen Ida wegging.
    "Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, daß ich eine solche Sache vergesse", sagte Michels Vater, und dann ging er mit Michel los.
    Michel war noch keine fünf Minuten auf der Koppel, da sah er schon das Pferd! Was für ein Pferd! Das Pferd, das er haben wollte und das sein Herz hüpfen ließ, wie es nie zuvor gehüpft hatte. Es war ein prachtvoller brauner Dreijähriger. Angebunden am Zaun, stand er da und blickte Michel so sanftmütig an, als hoffe er, Michel würde ihn kaufen. Das wollte Michel, oh, wie er das wollte! Er sah sich nach seinem Vater um: Jetzt mußte er ein so fürchterliches Geheul in Gang setzen, daß sein Vater einfach gezwungen war, das Pferd zu kaufen, um das Heulen abzustellen.
    Aber kann man sich ein solches Elend vorstellen: Sein Vater war verschwunden! Er hatte den richtigen Moment abgepaßt und war untergetaucht in dem Gewühl von Bauern, die lärmten, schrien und lachten, und von Pferden, die wieherten und stampften, und von Ochsen und Kühen, die brummten und muhten.
    "So ist es immer", dachte Michel verbittert. "Man kann ihn einfach nicht mitnehmen. Als erstes läuft er immer weg."
    Und gerade jetzt war es so eilig. Da kam schon ein kräftiger Pferdehändler und richtete seinen Blick auf Michels Pferd.
    "Wieviel kostet der da?" fragte er den kleinen bleichen Bauern, der das Pferd verkaufen wollte.
    "Dreihundert Kronen", sagte der Bauer, und Michel bekam Bauchschmerzen, als er das hörte. Aus seinem Vater dreihundert Kronen herauszuquetschen, das wäre ebenso schwer gewesen, wie sie aus einem Felsen zu schlagen - das wußte Michel.
    "Aber versuchen kann ich es immerhin", dachte er. Er war ja der eigensinnigste Junge in ganz Lönneberga und ganz Smaland. Also

Weitere Kostenlose Bücher