Immer dieser Michel
gräßlich sein."
Michel wußte, daß man ihn bald herauslassen würde. Er brauchte nie lange im Tischlerschuppen zu sitzen.
"Nur bis du ordentlich über deinen Unfug nachgedacht hast", sagte sein Vater immer, "damit du es nicht noch einmal tust."
Und Michel war insoweit folgsam, als er selten denselben Unfug ein zweites Mal machte, sondern immer etwas Neues erfand.
Nun saß er da und schnitzte an seinem hölzernen Männchen und dachte über den Unfug mit Ida nach. Das war bald geschafft, denn sehr viel dachte er nicht, und er schnitzte schnell und geübt.
Danach wollte Michel hinaus. Aber sie mußten ihn über dem Festessen vergessen haben. Er wartete und wartete, aber niemand kam. Also begann Michel zu überlegen, wie er sich selbst befreien könnte.
Durch das Fenster vielleicht! Das konnte doch nicht so schwer sein, dachte Michel. Es war zwar hoch oben, aber er konnte gut auf den Bretterstapel klettern, der so bequem ganz dicht an der Wand lag.
Michel öffnete das Fenster und wollte hinausspringen. Aber da sah er all die häßlichen Brennesseln, die dort unten wuchsen. Es ist abscheulich, mitten in einen Haufen Brennesseln zu springen.
Michel hatte das einmal gemacht, nur um auszuprobieren, was man dabei fühlt. Nun wußte er es und wollte es nicht noch einmal tun.
"Ich bin doch nicht verrückt", sagte Michel. "Sicher kann ich etwas Besseres ausdenken."
Wenn du jemals auf so einem Hof wie Katthult gewesen bist, dann weißt du, welch hübsches Gedränge von Häusern dort ist.
Sobald man dorthin kommt, hat man Lust, Verstecken zu spielen.
Auf Katthult gab es nicht nur eine Scheune und einen Stall für die Pferde und die Kühe und einen Schweinestall und einen 19
Hühnerstall und einen für die Schafe, sondern auch noch eine Menge anderer Häuser und Schuppen. Es gab ein Räucherhaus, wo Michels Mutter ihre gute Wurst räucherte, und ein Waschhaus, wo Lina all die schmutzige Wäsche wusch, und dann standen dort noch zwei andere Häuser dicht beieinander. In dem einen waren der Holzschuppen und der Tischlerschuppen und in dem anderen die Mangelstube und die große Vorratskammer.
Michel und die kleine Ida pflegten am Abend Verstecken zu spielen und zwischen all diesen Häusern umherzuschleichen.
Natürlich nicht dort, wo Brennesseln standen.
Aber gerade jetzt konnte Michel überhaupt nicht spielen. Er saß fest, und das nur, weil so viele Brennesseln auf dem kleinen Fleck zwischen dem Tischlerschuppen und der Vorratskammer wuchsen.
Michel dachte nach. Er sah, daß das Fenster zur Vorratskammer offenstand, und da kam ihm eine gute Idee. Es mußte doch ganz einfach sein, ein Brett zwischen das Tischlerschuppenfenster und das Vorratskammerfenster zu legen und darauf hinüberzu-kriechen. Er hatte es nun wirklich satt, im Tischlerschuppen zu sitzen, und außerdem wurde er hungrig.
Michel dachte nie lange nach, wenn er seine guten Einfälle bekam. Im Handumdrehen lag das Brett da, und Michel begann zu kriechen. Das sah gefährlich aus, denn das Brett war schmal und Michel schwer.
"Geht das hier gut, dann soll Ida meinen Hampelmann haben, das verspreche ich", sagte Michel, als er kroch. Das Brett knackte so häßlich, und als er die Nesseln unter sich sah, bekam er Angst und schwankte.
"Hilfe!" rief Michel, und dann rutschte er. Es fehlte nicht viel, und er hätte in den Brennesseln gelegen, aber im letzten Augenblick schlang er die Beine um das Brett, und es glückte ihm, sich wieder hochzuziehen. Nun ging es besser, und er kroch hinüber in die Vorratskammer.
"Das hier war doch keine Kunst", sagte Michel. "Aber Ida soll jedenfalls ihren Hampelmann haben . . . denke ich ... ein 20
andermal... falls er bis dahin vielleicht doch kaputtgegangen ist...
ja, ich muß sehen, wie ich es mache ..."
Er gab dem Brett einen Stoß, so daß es in den Tischlerschuppen zurückrutschte. Michel wollte in allem Ordnung haben. Er sprang zur Tür und fühlte nach. Sie war verschlossen.
"Wie ich mir gedacht habe", sagte Michel. "Aber sicher kommen sie bald und holen die Wurst, und dann kenne ich einen, der durch die Tür nach draußen entwischt."
Michel schnupperte. Es roch gut in der Vorratskammer. Aber es gab dort auch viele Leckerbissen. Michel sah sich um. Ja, fürwahr, hier war Essen! Oben unter dem Dach hingen geräucherte Schinken und runde Blutbrotplatten in langen Reihen, denn Michels Vater hielt viel von Blutbrot mit Schweinefleisch und weißer Soße. Und dort in einer Ecke stand die Brotkiste mit all ihren
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