Immer werd ich Dich begehren
herüber. „Ich kann mir nur einen Grund denken, weshalb du nach Prospect zurückgekehrt bist – du hast etwas über das Schicksal unserer geliebten Mary Kate erfahren, nicht wahr?“
Kate schluckte, weil ihre Kehle plötzlich wie zugeschnürt war. Was Mary Belles zahlreiche Fehler in Kates Augen etwas ausglich, war ihre Liebe zu Mary Kate.
„Ich bin hergekommen, um Trent darüber zu informieren, dass es möglicherweise nur noch eine Frage von Tagen ist, bis Mary Kates Aufenthaltsort bekannt ist.“
Mary Belle schnappte nach Luft. „Dann … dann lebt sie?“
„Ja, ich glaube, sie lebt. Ich habe sie nie für tot gehalten.“
„Bitte, meine Liebe, berichte mir alles.“
Kate gab das wieder, was sie auch schon Trent berichtet hatte. Mary Belle lauschte gebannt und mit Tränen in den Augen. Sie blinzelte mehrmals, ehe sie ein Spitzentaschentuch aus ihrer Manteltasche zog. Nachdem sie die Brille abgenommen hatte, tupfte sie sich die Augen ab.
„Wie ich meinen Neffen kenne, hat er sich störrisch geweigert, auch nur die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass eines der kleinen Mädchen unsere Mary Kate sein könnte. Wahrscheinlich hat er sogar gesagt, dass es zu spät sei, selbst wenn eines von ihnen euer Kind ist.“
Kate nickte. „Du kennst ihn wirklich gut.“
„Er wird seine Meinung ändern.“
„Das bezweifle ich. Trent ändert nie seine Meinung. Wenn er etwas beschlossen hat …“
„Er ist noch immer starrköpfig, aber längst nicht mehr so wie früher. Und er ist nicht mehr so arrogant und ichbezogen.“ Mary Belle ergriff Kates Hand. „Mary Kate und dich zu verlieren hat ihn verändert. In mancher Hinsicht zum Besseren, in anderer Hinsicht zum Schlechteren. Aber glaub mir, er wird es sich noch überlegen, ob er nicht doch mehr über die verschwundenen Mädchen herausfinden will.“
Kate zog ihre Hand zurück und entgegnete, ohne nachzudenken: „Ich werde dir meine Handynummer geben, falls Trent mit mir Kontakt aufnehmen möchte.“ Gleichzeitig dachte sie: Ist das nicht schrecklich dumm? Du willst ihn doch gar nicht wiedersehen. Du willst dich weder körperlich noch emotional zu einem Mann hingezogen fühlen, der dich hasst. Das Letzte, was sie brauchte, war Trent Winston wieder in ihrem Leben. Sie hatte getan, was sie für richtig gehalten hatte, und ihm die nötigen Informationen gegeben. Wenn er weiterhin glauben wollte, dass ihre Tochter tot war …
„Ich werde jetzt gehen“, erklärte Mary Belle. „Ich danke dir, dass du mit mir gesprochen hast. Ich hätte es verstanden, wenn du mir die Tür vor der Nase zugeworfen hättest.“
Als Mary Belle sich mühsam erhob, musste Kate sich zwingen, der alten Dame nicht zu helfen. Sich auf den Stock stützend, ging sie zur Tür. Kate folgte ihr.
An der Tür drehte Mary Belle sich noch einmal zu Kate um. „Egal, was Trent tut … falls sich herausstellt, dass ich mich geirrt habe und er sich nicht meldet – würdest du michbitte wissen lassen, was passiert? Wenn Mary Kate lebt, würde ich das sehr gern erfahren.“
Kate kämpfte mit den Tränen und nickte. „Dir ist aber klar, dass du kein juristisches Recht hast, dich in irgendwelche Entscheidungen einzumischen, die ich hinsichtlich meiner Tochter treffe, oder?“
„Ich will nur wissen, ob sie am Leben ist. Selbst wenn ich sie nie wiedersehe …“ Ihre Stimme brach. „Nur ein Anruf … ein einziger Anruf. Um mehr bitte ich dich nicht. Du brauchst mir nicht einmal Einzelheiten zu erzählen.“
„Einverstanden. Falls eines der Mädchen Mary Kate ist, werde ich dich informieren.“
„Danke, meine Liebe.“
Kate öffnete die Tür. Mary Belle trat in den Flur hinaus und drehte sich nicht mehr um. Ihre Schritte waren langsam. Am Ende des kurzen Flurs umfasste Guthrie ihren Ellbogen und führte sie. Seufzend kehrte Kate in ihr Zimmer zurück und schloss die Tür.
Was, um alles in der Welt, war gerade passiert?
War die alte Dame mit dem Alter tatsächlich milder geworden? Hatte sie sich so sehr verändert, dass Kate plötzlich glaubte, sie zu mögen? Oder hatte Mary Belle ihr nur etwas vorgespielt, damit sie bekam, was sie wollte? Was für einen Unterschied machte das? Mary Belle hatte keine Kontrolle über sie. Kate musste sich nicht mehr verbiegen, um es ihr recht zu machen. Nie mehr.
Sie löschte sämtliche Lichter im Zimmer, bis auf die Lampe auf ihrem Nachtschrank, zog den Bademantel aus und legte sich ins Bett. Sie schaute an die drei Meter hohe Decke und wurde von
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