Immer wieder du: Roman (German Edition)
für mich.
Ich sitze auf dem Bett, und mein Herz pocht so laut, dass ich es in den Ohren höre. Ich erhebe mich hölzern und gehe zurück ins Wohnzimmer.
»Wie geht’s ihm?«, fragt Dad.
»Wem? Ach, Richard. Ja, gut«, bringe ich schnell hervor und verspüre wieder stechende Gewissensbisse.
»Super. Er kommt Montag zurück, nicht?«
»Ja.« Ich nicke.
»Vielleicht können wir euch am Dienstag besuchen?«, schlägt Dad vor. »Dann muss er nicht extra in die Stadt fahren, um uns zu treffen.«
»Vielleicht, ja.« Ich begebe mich wieder auf meinen Sofaplatz. Lorraine hat eine Tasse Tee auf einen Untersetzer vor mich gestellt. »Danke für den Tee«, sage ich und greife zur Tasse. Ich versuche, daraus zu trinken, ohne etwas zu verschütten.
»Gern geschehen«, erwidert sie. »Wie sehen denn deine Pläne für das Abendessen aus?«
»Hm … ich weiß nicht«, sage ich. Mein Herz schlägt noch immer so laut, dass ich fürchte, mein Trommelfell könne platzen. »Ich bin ziemlich müde«, beginne ich. »Würde es euch etwas ausmachen, wenn ich mich ausklinke und wir uns morgen früh wiedersehen?«
»Gar kein Problem«, sagt Lorraine.
Meine Haare sind völlig zerzaust, und mir fällt ein, wie ich ausgesehen haben muss, als ich Ben begegnete. Ich könnte mir in den Hintern treten, weil ich so nachlässig angezogen bin. Jeans, Turnschuhe und ein langweiliger schwarzer Pullover. Ich habe nicht einmal Lidschatten aufgelegt. Bravo.
Ich habe keine Zeit, um nach Hause zu gehen und mich umzuziehen, daher kämme ich mein Haar vor dem Spiegel im Bad und frische mein Make-up auf mit dem, was ich in der Handtasche habe: Lippenstift, Wimperntusche, Kompaktpuder. Das muss reichen. Es ist Murphys Gesetz, dass ich ihn ausgerechnet heute treffe und nicht, wenn ich Pumps und einen schicken Rock trage.
Ich beschließe, früh aufzubrechen und mir Zeit zu lassen. Mein Dad begleitet mich nach draußen.
»Ist alles in Ordnung?«, fragt er, als ich nach der Türklinke greife.
»Klar! Wieso nicht?«
»Die Mädchen haben erzählt, dass du heute etwas zerstreut warst.«
»Ich war nicht zerstreut – ich bin nur müde«, füge ich hinzu und gähne andeutungsweise, weil er nicht überzeugt wirkt. »Bis morgen, Dad, ja?«
»Gute Nacht, Schätzchen, gute Nacht – und danke, dass du dich heute um die Mädchen gekümmert hast.«
Ein Kuss auf die Wange, und ich bin weg. Ich frage mich, worauf ich mich eigentlich eingelassen habe, und spüre eine Mischung aus Aufregung und blankem Entsetzen.
Kapitel 22
Um viertel vor sieben bin ich im Porters – fünfzehn Minuten früher als vereinbart – und hole mir an der Bar einen Drink, bevor ich mir einen Tisch sichere. Voller Unbehagen sitze ich auf der Kante eines niedrigen Hockers mit dunkelrotem Samtpolster und lehne mich gegen die Wand. Wenigstens sind samstagabends kaum Banker in der Stadt, aber irgendwie macht das alles noch schlimmer. Nun sind hauptsächlich Touristen und aufgedonnerte Single-Tussis da, die sich einen Mann angeln wollen. Die Typen sehen alt aus – in den Vierzigern oder Fünfzigern.
Ben ist jetzt achtunddreißig. Aber das ist doch nicht alt, oder? Natürlich nicht.
Was ist, wenn er nicht aufkreuzt?
Meine Nerven flattern, aber wenigstens das Klopfen in meiner Brust hat sich gelegt. Ein Kellner kommt vorbei und stellt ein Schälchen mit grünen Oliven auf den Tisch. Ich will schon zugreifen, doch dann lasse ich die Finger davon, weil mir einfällt, dass sie in Knoblauch eingelegt sind.
»Entschuldigung«, rufe ich dem Kellner nach, der eine schwarze Hose und ein makellos weißes Hemd mit Weste trägt.
»Ja?«
»Könnte ich bitte noch etwas zu trinken haben?«
Vorwurfsvoll schaut der Kellner auf mein Glas, dann auf mich. Sein schmieriges Haar ist nach hinten gekämmt, er hat eine lange, spitze Nase.
»Weißwein«, bestelle ich.
»Welche Sorte, Madam?«
»Egal. Irgendeine«, erwidere ich mit Nachdruck.
Er mustert mich von oben bis unten, wirft einen arroganten Blick auf meine Turnschuhe und tänzelt von dannen. Was für ein eingebildeter Fatzke.
»Kommst du oft hierher?«
Ich schaue auf und erblicke Ben vor mir. Er zwinkert mir zu und zieht einen Hocker heran.
»Hey!« Sogleich setze ich mich aufrechter hin.
»Alles klar?«
»Der Kellner ist ein Vollidiot.« Ich deute auf unsere Umgebung. »Mir ist nichts anderes eingefallen.«
Ben lacht und sieht sich um. »Ich geh mal kurz an die Theke. Möchtest du noch was?«
»Nein, danke. Ich hab schon einen Wein
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