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Immer wieder du: Roman (German Edition)

Immer wieder du: Roman (German Edition)

Titel: Immer wieder du: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paige Toon
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auf.
    »Wohin wollen wir?« Ich schaue mich um und kann hinter den Bäumen ummauerte Einfriedungen erkennen.
    »Immer eins nach dem anderen«, sagt er augenzwinkernd. »Wir trinken erst mal eine Tasse.«
    Dieser Mann trinkt eine Menge Tee.
    Im Aufenthaltsraum für die Belegschaft gibt es eine einfache Küchenzeile, zwei verschlissene grau-grüne Sofas und einen Tisch mit sechs braunen Stühlen, die aussehen, als stammten sie aus einer Schule. Einige Mitarbeiter halten sich dort auf, und Michael stellt mir jeden einzeln vor. Alle sind sehr entgegenkommend, infolgedessen legt sich meine Nervosität ein wenig.
    »Jetzt kannst du es dir aussuchen«, sagt Michael nach zehn Minuten Plaudern und Teetrinken. »Ich muss gleich bei den Wombats ausmisten, und du darfst mir gern zusehen, wenn ich die Sch…, ähm, den Dreck wegmache, aber ich dachte, du läufst lieber ein bisschen herum. Um halb zehn öffnen wir die Tore für Besucher, aber wir fangen erst um elf mit der Fütterung an, und zwar bei den Teufeln, also hast du noch Zeit totzuschlagen. Vielleicht willst du zu den Kängurus. Hey, Janine, hast du eine Karte zur Hand?«
    Eine Frau mit mausgrauem Haar, im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, kramt in einem Rucksack und reicht Michael eine Karte. Er faltet sie auseinander und zeigt auf die Stelle, an der sich der Aufenthaltsraum befindet.
    »Hier bist du jetzt. Wenn du die giftigen Spinnen sehen willst, von denen ich dir erzählt habe, musst du zu diesem Gebäude hier gehen.«
    Als Antwort schneide ich eine Grimasse.
    »Gut, also eher nicht. Egal«, fährt er fort, »die Teufel sind hier, die Koalas da drüben und die Dingos ein Stück weiter rechts. Wir füttern die Dingos nach dem Mittagessen, es lohnt sich also, hinzukommen und meinen kleinen Vortrag anzuhören.« Er stupst mich an. »Und auf dieser großen Koppel hier findest du die Kängurus und Emus. Die Wallabys sind hier …«
    »Danke«, unterbreche ich ihn und strecke die Hand nach der Karte aus. Ich will unbedingt los.
    »Bitte, Schätzchen.« Er reicht sie mir. »Manchmal gehen die Pferde mit mir durch, aber natürlich bist du alt genug, um selbst zu lesen.«
    »Das hoffe ich doch. Bist du um elf bei den Tasmanischen Teufeln?«
    »Yep. Ich moderiere die Fütterung, also sehen wir uns da.«
    Mit der Karte in der Hand verlasse ich voller Vorfreude den Aufenthaltsraum und begebe mich in Richtung der Kängurus. Eine leichte Brise weht, und ich höre das Rascheln des Laubs an den Bäumen in der Nähe, während ich über den Pfad zum Grenzzaun schlendere. Ich schiebe mich durch die Pforte und befinde mich auf einer großen Koppel. In der Ferne erblicke ich eine Gruppe Kängurus. Der asphaltierte Weg führt um die Einzäunung herum, aber wenn ich den Wildtieren näherkommen will, muss ich querfeldein gehen. Ich nehme meinen Mut zusammen und verlasse den Pfad. Abgefallene Eukalyptusblätter knistern unter meinen Füßen.
    Die Kängurus mustern mich mit mäßigem Interesse, als ich mich aufgeregt näher an ihre Gruppe heranwage. Über ein Dutzend von ihnen liegt im Schatten eines mächtigen Baumes, zwei haben sich auf fast menschliche Weise auf einen Ellenbogen gestützt. Ihr Fell hat einen rötlichen Schimmer, und ihre Ohren zucken, um die Fliegen abzuwehren. Sie sind viel hübscher, als ich sie mir nach all den Fotos und Naturdokumentationen vorgestellt habe. Ich bleibe auf Abstand, um sie nicht zu stören, aber sie sind anscheinend nicht irritiert von meiner Anwesenheit. Daher entspanne ich mich nach einer Weile und halte mein Gesicht in die Sonne. Der klare blaue Himmel wölbt sich über mir, bald spüre ich die sengende Hitze.
    Ich trete in den Schatten des Baumes, ziehe mein Sweatshirt aus und binde es mir um die Hüfte, bevor ich großzügig Sonnencreme mit Faktor 30 auftrage. Sonst ist niemand in Sichtweite, und mir ist ganz wohlig zumute, weil ich gern allein bin. Plötzlich verspüre ich das Bedürfnis, mich ins Gras zu setzen und dort zu bleiben, doch ein schlurfendes Geräusch bringt mich schlagartig wieder in die Gegenwart zurück. Ein großes Känguru hat sich aufgesetzt und wendet mir den Kopf zu. Mein Herz schlägt schneller, als es langsam näherkommt. Wenn das Tier es auf einen Boxkampf anlegt, bin ich verloren. Flüchtig kommt mir der Gedanke, dass meine Eltern dann mal merken würden … aber als es bei mir ist, schnüffelt es nur an meiner Hand.
    »Willst du was zu fressen?«, frage ich, unerklärlich enttäuscht, dass es keinen Kampf

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